Neue Laseranwendungen in der Medizin

Vom 23.–26.6.2003 stellt das Bonner Forschungszentrum caesar auf der „Laser 2003 – World of Photonics“ in München neue Lasertechnologien für die Anwendung im medizinischen Bereich vor (Halle C1, Stand C1.639).

Auf der Messe demonstrieren die caesar-Forscher ein kurzgepulstes CO2-Lasersystem, das feinste Schnitte unter 0,2 mm durch Knochengewebe ermöglicht, ohne das wärmeempfindliche Material des Knochens zu verletzen. Außerdem präsentieren die Wissenschaftler eine ultraschnelle Methode zur dreidimensionalen Vermessung von Gesichtsprofilen.

Die caesar-Arbeitsgruppe „Holografie und Lasertechnologie“ um Prof. Peter Hering entwickelt ein CO2-Lasersystem, das im OP zukünftig die traditionelle Knochensäge ersetzen soll. Lange Zeit hielt man Laser zum Schneiden von wärmeempfindlichen Materialien wie Knochengewebe für ungeeignet. Das von der caesar-Arbeitsgruppe optimierte CO2-Lasersystem arbeitet mit extrem kurzen Pulsen in Kombination mit einem feinen Luft-Wasserspray. So wird eine Schädigung des umliegenden Knochengewebes vermieden. Dank eines speziellen Scanverfahrens ist die Schnittführung und -tiefe des Lasers frei wählbar und es lassen sich sogar komplizierte Muster ausschneiden. Der aus der Holzbearbeitung bekannte Schwalbenschwanzschnitt ist beispielsweise dann vorteilhaft, wenn nach einer Bypass-Operation die Brustbeinknochen so fixiert werden müssen, dass sie trotz der Atembewegungen schnell wieder zusammenwachsen können.

Auch in der Industrie sucht man nach neuen Methoden zur Bearbeitung wärmeempfindlicher Materialien. Daraus ergibt sich ein weiteres Anwendungsfeld für den Laser der caesar-Arbeitsgruppe. Erste Kooperationen mit Partnern aus der Wirtschaft wurden bereits geschlossen, z.B. mit dem Triebwerkshersteller MTU Aero Engines aus München. caesar entwickelt für MTU ein rationelles Fertigungsverfahren mit dem CO2-Laser zur Bearbeitung von Bürstendichtungen. MTU plant, bereits ab dem nächsten Jahr von einer caesar-Ausgründung Produkte mit Hilfe des Lasers fertigen zu lassen.

Auf der Lasermesse stellt die caesar-Arbeitsgruppe außerdem ein holografisches System zur hochauflösenden dreidimensionalen Gesichtsprofilvermessung vor. Es unterstützt die Chirurgen bei der Planung und Dokumentation von Operationen in der Kiefer- und Gesichtschirurgie oder plastischen Chirurgie. Mit Hilfe des Verfahrens werden fotorealistische 3D-Computermodelle der Patienten erstellt. Im Gegensatz zu konventionellen holografischen Aufnahmemethoden ist beim Verfahren der caesar-

Forscher ein Verwackeln der Bilder nicht möglich: Das verwendete gepulste Lasersystem hat eine extrem kurze Belichtungszeit von 25 ns. Es genügt eine einzige holografische Portraitaufnahme des Patienten; anschließend wird die darin gespeicherte dreidimensionale Oberflächeninformation mit einer Digitalkamera schichtweise aufgezeichnet und die gewonnenen Daten in ein 3D-Computermodell des Gesichts umgewandelt. Die ersten Patienten wurden bereits im Rahmen der klinischen Erprobung mit dem neuen holografischen Verfahren vermessen.

Die Forscher arbeiten zur Zeit an der Entwicklung eines mobilen Aufnahmesystems, das die Anwendung der Methode direkt vor Ort in den Kliniken ermöglicht. Neu ist ebenfalls eine Erweiterung der Aufnahmeanordnung mit zwei großflächigen Spiegeln seitlich des Patientenkopfes unter jeweils 45°. Diese Spiegel ermöglichen eine zusätzliche Seitenansicht auf den Patientenkopf während der Hologrammaufnahme und erlauben somit eine dreidimensionale Auswertung mit einem Öffnungswinkel von mehr als 270°.

Ein neues Anwendungsfeld für das Holografieverfahren fand sich im Bereich der Archäologie. In Kooperation mit dem Oldenburger Landesmuseum für Natur und Mensch haben die Wissenschaftler eine fast 2000 Jahre alten Moorleiche dokumentiert. Aus den holografischen Aufnahmen, die die Forscher vom ganzen Körper und speziell vom Kopf der Moorleiche erstellt haben, lassen sich 3D-Computermodelle und Tageslichthologramme des Objekts in Originalgröße anfertigen. So können empfindliche Exponate den Museumsbesuchern sehr plastisch nähergebracht werden, ohne dass die Gefahr einer Beschädigung des wertvollen Ausstellungsstückes besteht. Eine weitere Kooperation besteht mit dem Institut für Anthropologie der Universität Göttingen zur holografischen Dokumentation historischer Schädel- und Knochenfunde.

Der Bereich Kommunikationsergonomie/Computerunterstützte Chirurgie gehört zu den drei großen Themenfeldern des internationalen Forschungszentrums caesar (center of advanced european studies and research), das 1999 die Arbeit aufgenommen hat. Die inzwischen 170 Mitarbeiter forschen außerdem in den Gebieten Biotechnologie und Materialwissenschaften/Nanotechnologie. Ziel der interdisziplinär ausgerichteten Teams ist die Entwicklung innovativer und industriell verwertbarer Produkte und Verfahren.

Media Contact

Francis Hugenroth Forschungszentrum caesar

Weitere Informationen:

http://www.caesar.de

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