Rundum-Kino: Erst flach, dann bunt, dann rund!

Seit vor über 100 Jahren die ersten bewegten Bilder über die Kinoleinwand flimmerten, hat sich der Film optisch und akustisch enorm entwickelt. War das Filmerlebnis bei den schwarz-weißen Stummfilmen noch weit von einem natürlichen Sinneseindruck entfernt, haben technische Innovation Filme im Laufe der Zeit immer wirklichkeitsnäher werden lassen.

Wichtige Meilensteine der Entwicklung waren der Übergang vom Stumm- zum Tonfilm, vom Schwarzweiß- zum Farbfilm, vom 4:3- zum Breitwandformat oder vom Monoton zum Stereo- und später zum Surround-Sound.

Unter dem Motto „erst flach, dann bunt, dann rund“ zeigt Fraunhofer FIRST auf der IBC, wie der nächste Schritt zu einem noch natürlicheren Filmerlebnis aussehen könnte: Das Bild wird nicht mehr von einem, sondern von mehreren Projektoren erzeugt, die mit einer innovativen Steuerungssoftware synchronisiert werden. Dadurch eröffnen sich faszinierende Möglichkeiten für Bildgestaltung und Storytelling. „Denkbar ist z.B., die Leinwand bis zu einem Blickwinkel von 360° zu erweitern, um den Zuschauer mitten ins Geschehen zu stellen“, sagt Ivo Haulsen von Fraunhofer FIRST. „So wird der menschliche Blickwinkel von fast 180° horizontal vollständig ausgefüllt, der Bildeindruck ist viel wirklichkeitsgetreuer als bei herkömmlichen Leinwänden.“ Solch eine Installation ermöglicht zudem Erzähltechniken, die in bisherigen Filmformaten nicht umsetzbar sind. Beispielsweise können in einem Bild mehrere parallele Handlungen gezeigt werden, sodass der Betrachter – wie im echten Leben – selbst entscheiden muss, welchen Handlungsstrang er verfolgen will. Oder: Die Perspektive kann nicht nur durch Schnitte verändert werden, sondern auch, indem die primäre Handlung auf eine Seitenwand verlegt wird. So werden auf neue Art Spannung erzeugt und erzählerische Intensität erreicht.

Fraunhofer FIRST zeigt, dass Rundum-Projektionen sogar im klassischen Kinosaal oder im Wohnzimmer möglich sind: Um der traditionellen Bauweise bestehender Kinos gerecht zu werden, passt sich die Leinwand der Saalform an. Stirn- und Seitenwände werden einbezogen, die Kanten dazwischen stark abgerundet. Auf der Messe erzeugen zwei Projektoren das Bild, im Kino können es auch viel mehr sein. Rundum-Installationen stellen die Projektorsteuerung vor die Herausforderung, die projizierten Bilder so an die gebogene Präsentationsfläche anzupassen, dass sie unverzerrt darauf erscheinen. Da das Bild zudem auf mehrere Projektoren verteilt wird, müssen die Teilbilder exakt aneinandergelegt werden. Das geht bisher nur in Handarbeit. „Unsere Software erledigt die Kalibrierung dagegen vollautomatisch“, verrät Ivo Haulsen. Dazu wird zunächst ein virtuelles Modell der Leinwand erstellt. Das Bild der Projektoren wird daran ausgerichtet und in Echtzeit passend verzerrt. Gleichzeitig werden die projizierten Bilder mit Digitalkameras erfasst und mithilfe von Bilderkennungsalgorithmen automatisch justiert. Doch die Software vereinfacht nicht nur die Filmvorführung auf gebogenen Flächen. Auch den steigenden Ansprüchen an Bildschärfe und Farbtreue lässt sich damit kostengünstig begegnen. Um etwa die Bildauflösung zu verbessern, ist kein teurer 4K-Projektor nötig. Stattdessen kann das Bild auf mehrere Projektoren verteilt werden. Das Gesamtbild erreicht dann eine weit höhere Auflösung, als es einem einzelnen Projektor möglich wäre, der allein die gleiche Fläche füllen muss.

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