Wie wirkt die tiefe Hirnstimulation bei Bewegungsstörungen?

Patienten, die unter Bewegungestörungen leiden, zeigen in einem bestimmten Bereich des Gehirns, den Basalganglien, eine krankhaft gesteigerte Aktivität der Nervenzellen in einem definierten Frequenzbereich. Dabei schwingen die Zellen bei Dystoniepatienten in einem Rhythmus von 4 bis 12 Hertz.

Zwar ist schon länger bekannt, dass die tiefe Hirnstimulation (THS) im sogenannten Globus pallidus internus (GPi), einem Bereich in den Basalganglien, eine effektive Therapie bei Patienten mit schwerer Dystonie ist. Die genaue Wirkweise der GPi-THS ist jedoch bisher nicht abschließend geklärt.

Die Wissenschaftler um Prof. Andrea Kühn, Leiterin der Arbeitsgruppe Bewegungsstörungen der Klinik für Neurologie, zeigen in ihrer Studie nun erstmals, dass die gesteigerte neuronale Aktivität durch die Stimulation des GPi gebremst werden kann. Bei insgesamt 12 Patienten analysierten sie die Aktivität der Nervenzellen, die sich in der direkten Umgebung der THS-Elektroden befanden, und zwar kurz vor, während, und direkt nach der elektrischen Stimulation durch die THS-Eelektroden.

Darüber hinaus registrierten die Forscher die Muskelaktivität in den von der Dystonie betroffenen Muskeln und die Aktivität der Hirnoberfläche (EEG). Insgesamt zeigte sich, dass sich die oszillatorische Aktivität der Nervenzellen in den Basalganglien durch die THS um circa 25 Prozent (± 7.0) reduzierte und auch die funktionelle Verbindung zur Hirnoberfläche und zu den Muskeln weniger gemeinsame Aktivität in diesem Frequenzbereich aufwies.

„Dank der tiefen Hirnstimulation lassen sich schwere Bewegungsstörung bei Patienten mit Dystonie zum Teil spektakulär bessern“, sagt Prof. Andrea Kühn. Sie betont: „Trotz dieser Fortschritte besteht jedoch ein großer Forschungsbedarf, da die Ursache der Bewegungsstörungen auch heute noch nicht vollständig geklärt ist. Insofern liefern unsere Ergebnisse einen wichtigen Beitrag für die weitere Entwicklung dieser Therapieform.“

*Barow E, Neumann WJ, Brücke C, Huebl J, Horn A, Brown P, Krauss JK, Schneider GH, Kühn AA. Deep brain stimulation suppresses pallidal low frequency activity in patients with phasic dystonic movements. Brain. 2014 Nov;137(Pt 11):3012-24. doi: 10.1093/brain/awu258.

Kontakt
Prof. Andrea Kühn
Klinik für Neurologie
Campus Virchow-Klinikum
t: +49 30 450 560 203
andrea.kuehn@charite.de

http://Charité – Universitätsmedizin Berlin
http://www.charité.de
http://Klinik für Neurologie
http://neurologie.charite.de/klinik/campus_virchow_klinikum/
http://AG Bewegungsstörungen
http://www.bewegungsstoerungen-charite.de/

Media Contact

Dr. Julia Biederlack idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizintechnik

Kennzeichnend für die Entwicklung medizintechnischer Geräte, Produkte und technischer Verfahren ist ein hoher Forschungsaufwand innerhalb einer Vielzahl von medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin.

Der innovations-report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Bildgebende Verfahren, Zell- und Gewebetechnik, Optische Techniken in der Medizin, Implantate, Orthopädische Hilfen, Geräte für Kliniken und Praxen, Dialysegeräte, Röntgen- und Strahlentherapiegeräte, Endoskopie, Ultraschall, Chirurgische Technik, und zahnärztliche Materialien.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue universelle lichtbasierte Technik zur Kontrolle der Talpolarisation

Ein internationales Forscherteam berichtet in Nature über eine neue Methode, mit der zum ersten Mal die Talpolarisation in zentrosymmetrischen Bulk-Materialien auf eine nicht materialspezifische Weise erreicht wird. Diese „universelle Technik“…

Tumorzellen hebeln das Immunsystem früh aus

Neu entdeckter Mechanismus könnte Krebs-Immuntherapien deutlich verbessern. Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Wie das genau geschieht, beschreiben jetzt erstmals…

Immunzellen in den Startlöchern: „Allzeit bereit“ ist harte Arbeit

Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, muss das Immunsystem sofort reagieren und eine Infektion verhindern oder eindämmen. Doch wie halten sich unsere Abwehrzellen bereit, wenn kein Angreifer in Sicht ist?…

Partner & Förderer