Neue Diagnose-Methode für Gicht: Computertomographie statt Gelenk-Punktion

Nach einer aktuellen Studie amVancouver General Hospital in Kanada hat die Dual-Energy-Computertomographie (DECT) das Potenzial, die derzeitigen Diagnoseverfahren zu übertreffen, vor allemwenn es sich umeine nur schwer erkennbare Formder Gicht handelt. Die sicherste Diagnose-Methode für diese Krankheit ist bislang eine Punktion des Gelenks, umFlüssigkeit zumNachweis von Natriumuratkristallen (Harnsäure) zu erhalten.

Die DECT ermöglicht dagegen schnelle nichtinvasive Untersuchungen, und Analysen bestätigten die hohe Sensitivität der DECTMethode zur Erkennung von Harnsäureablagerungen. Die kanadischen Wissenschaftler nutzten für ihre Untersuchung den Computertomographen (CT) SomatomDefinition von Siemens, den bisher weltweit einzigen Computertomographen mit zwei Röntgenröhren, die gleichzeitig verschiedene Energien erzeugen können.

Die Gicht ist die am weitesten verbreitete Kristallarthropathie und die häufigste entzündliche Gelenkerkrankung. Sie wird durch Ablagerung von Harnsäurekristallen in Gelenken verursacht und tritt überwiegend bei Männern auf. In den USA leiden 2,1 Millionen, in Deutschland rund 1,5 Millionen Menschen an dieser schmerzhaften, destruktiven Erkrankung. Ihre Zahl nimmt zu, nicht zuletzt bedingt durch unsere Ernährungsgewohnheiten. Klassische Symptome der Gicht sind schmerzhafte, sichtbar geschwollene Gelenke. Gicht ist dennoch schwer diagnostizierbar, weil es bei etlichen anderen Erkrankungen ähnliche Symptome gibt, zum Beispiel bei verschiedenen Formen der Arthritis.

Bildgebende Verfahren können helfen, Gichtläsionen zu finden, doch die Spezifität von Röntgen, Single-Source-Computertomographie, Magnetresonanztomographie und Ultraschall reicht nicht aus, um eine Diagnose zu bestätigen. Sicherheit bringt erst der Nachweis von Natriumuratkristallen, auch Harnsäureablagerungen genannt, im Gelenk. Hierzu wird das Gelenk mit Hilfe einer Nadel punktiert, um Flüssigkeit zu entnehmen (eine sogenannte Aspiration), die unter polarisiertem Licht mikroskopisch analysiert wird. Eine Gelenkpunktion kann bei akut entzündeten Gelenken schwierig werden, da möglicherweise nicht genügend Flüssigkeit vorhanden ist. Zudem gibt es anatomische Regionen, die schwer zugänglich sind, zum Beispiel im Bereich der Wirbelsäule. Deshalb ist ein nichtinvasives diagnostisches Verfahren höchst wünschenswert.

Die Aussicht auf eine schnelle, sichere und nicht-invasive Diagnose der Gicht mit der Dual-Energy- Computertomographie (DECT) weckte in Kanada großes Interesse. In Zusammenarbeit mit Siemens entwickelten Dr. Savvas Nicolaou, Direktor der Notfallradiologie am Vancouver General Hospital und Professor an der University of British Columbia in Vancouver, und seine Kollegen einen Dual-Energy-Algorithmus zur Identifizierung von Harnsäureablagerungen.

Die kanadischen Wissenschaftler nutzten für ihre Versuche einen Somatom Definition von Siemens, den bisher weltweit einzigen Computertomographen mit zwei Röntgenröhren, die gleichzeitig verschiedene Energien erzeugen können. Das Team führte Aufnahmen mit unterschiedlichen Energien durch, um die Schwächungswerte von Harnsäureablagerungen zu ermitteln. Siemens verwendete diese Daten, um ein neues Dual-Energy-Protokoll für Gicht zu entwickeln, das nun jeder Arzt einsetzen kann. Der Software-Algorithmus für Gichterkennung mittels DECT basiert auf der Erkenntnis, dass die CT-Werte von Harnsäureablagerungen zum Beispiel im Vergleich zu Kalzium niedriger sind, wenn Aufnahmen mit verschiedenen Energien (80 bzw. 140 Kilovolt) durchgeführt werden. Durch Farbkodierung der verschiedenen Schwächungswerte lassen sich Natriumuratkristalle auf dem klinischen CT-Bild erkennen: Die auf Gicht hinweisenden Harnsäurekristalle sind zum Beispiel rot, andere Knochenformationen sowie Kalzium sind blau dargestellt. Die kommerzielle Version der Siemens-Applikation heißt Syngo DE Gout.

In einer zusätzlichen Studie untersuchten Dr. Nicolaou und seine Kollegen, ob die DECT auch zuverlässig zur Gicht-Diagnose bei subklinischen Fällen (Erkrankungen, die nur sehr geringe klinische Symptome zeigen) genutzt werden kann, ob sie der üblichen klinischen Untersuchung überlegen ist und ob die Modalität in Zweifelsfällen Klarheit bringen kann. Es wurden 10 Patienten rekrutiert, deren Gichterkrankung bereits durch Gelenkpunktion mit Aspiration von Gelenkflüssigkeit nachgewiesen worden war, sowie 10 Patienten ohne Gichterkrankung. Die Krankenakten aller Patienten wurden analysiert, und alle Patienten wurden einer kompletten rheumatologischen Untersuchung und einer DECT unterzogen. Die Befundung der DECT-Bilder erfolgte durch zwei unabhängig voneinander arbeitende Radiologen. Die Studie ergab, dass die DECT-Bilder bei allen Patienten mit nachgewiesener Gicht positive Befunde zeigten. Die DECT-Bilder der Kontrollgruppe zeigten allesamt negative Befunde. „Nach unseren Ergebnissen ist bei subklinischen Fällen der Nachweis vorhandener Ablagerungen von Natriumuratkristallen durch DECT effizienter als mit der herkömmlichen klinischen Untersuchung“, sagte Dr. Nicolaou. Mittels DECT seien nämlich wesentlich mehr Gicht befallene Stellen pro Patient gefunden worden als durch die andere klinische Untersuchung.

Außerdem stellte sich heraus, dass die DECT im Vergleich zur herkömmlichen klinischen Untersuchung von Gicht befallene Stellen in Ellenbogen, Fuß, Knöchel und Knie deutlich besser erkannte. Bei der Gichterkennung in der Hand und im Handgelenk zeigte die DECT keine statistisch signifikant besseren Ergebnisse.

Außerdem lieferte die Studie neue Informationen über das Fortschreiten der Krankheit und die Ansammlung der Ablagerungen von Natriumuratkristallen. „Zu unserer Überraschung ergab die Studie, dass sich Harnsäure häufig zuerst in Sehnen und Bändern, wie Knie- und Sprunggelenk, im Kollateralband oder Kreuzband ablagert“, sagte Dr. Nicolaou. „Das ist sehr wichtig zu wissen, weil diese Ablagerungen die Anfälligkeit der Sehnen und Bänder für Risse erhöhen können. Wenn es uns gelingt, die Erkrankung früh zu erkennen, können wir eine Behandlung einleiten und die Zerstörung der Sehnen und Bänder verhindern.“ „Mit DECT steht ein zuverlässiges, nicht-invasives Verfahren zur Diagnose der Gicht im subklinischen Bereich zur Verfügung, das Aufschluss über die Krankheitsbelastung des Patienten gibt und eine Abgrenzung gegen andere Krankheiten ermöglicht. Die Technik eignet sich zur Überwachung der Therapie-Erfolge und kann in unklaren Fällen zur Problemlösung verwendet werden“, sagte Dr. Nicolaou. Um die Rolle der DECT für die Gichtdiagnose eindeutig zu klären, Der Siemens Healthcare Sector ist weltweit einer der größten Anbieter im Gesundheitswesen. Das Unternehmen versteht sich als medizinischer Lösungsanbieter mit Kernkompetenzen und Innovationsstärke in diagnostischen und therapeutischen Technologien sowie in der Wissensverarbeitung einschließlich Informationstechnologie und Systemintegration. Mit seinen Akquisitionen in der Labordiagnostik ist Siemens Healthcare das erste integrierte Gesundheitsunternehmen, das Bildgebung und Labordiagnostik, Therapielösungen und medizinische Informationstechnologie miteinander verbindet und um Beratungs- und Serviceleistungen ergänzt.

Siemens Healthcare bietet Lösungen für die gesamte Versorgungskette unter einem Dach – von der Prävention und Früherkennung über die Diagnose bis zur Therapie und Nachsorge. Zusätzlich ist Siemens Healthcare derWeltmarktführer bei innovativen Hörgeräten. Das Unternehmen beschäftigt weltweit rund 49.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ist in über 130 Ländern präsent. Im Geschäftsjahr 2008 (bis 30. September) erzielte Siemens Healthcare einen Umsatz von 11,17 Mrd. € sowie einen Auftragseingang von 11,78 Mrd. €. Das Bereichsergebnis betrug 1,23 Mrd. €.

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