Die Nadel im Nadelhaufen finden

Gegen welche Strukturen des krebserregenden humanen Papillomvirus (HPV) lohnt es sich, einen therapeutischen Impfstoff zu entwickeln? Welche Marker finden sich im Blut von Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs?

Diesen Fragen gehen die Nachwuchsgruppenleiter PD Dr. Dr. Angelika Riemer und Dr. Christoph Rösli im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) nach. Das dazu benötigte Spezialgerät, ein ultrasensitives Massenspektrometer, steht den Wissenschaftlern nun dank einer großzügigen Spende der Hector-Stiftung II zur Verfügung. Deren Gründer, Dr. h.c. Hans-Werner Hector, nahm das 500.000 Euro teure Gerät persönlich in Augenschein.

„Als Nachwuchswissenschaftler ist es nicht leicht, ein Gerät für eine halbe Million Euro über die üblichen Drittmittelgeber wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft oder das Bundesforschungsministerium zu finanzieren“, fasst Christoph Rösli die Ausgangssituation für ihn und seine Kollegin Angelika Riemer zusammen. Beide benötigen für ihre Forschungen ein Massenspektrometer, mit dem man kleinste Mengen bestimmter winziger Eiweißmoleküle aus einer hochkomplexen Mischung – die Nadel im Nadelhaufen – nachweisen kann. Als Türöffner erwies sich das BioRN Cluster Management, Vermittler zwischen den verschiedenen Partnern aus dem Umfeld der Lebenswissenschaften in der Rhein-Neckar-Region. „Hier bestand der Kontakt zur Hector-Stiftung“, erzählt Riemer. Ein Telefonat mit Hans-Werner Hector habe schließlich zum Erfolg geführt.

Angelika Riemer arbeitet an einem therapeutischen HPV-Impfstoff. Er soll Patienten auch dann noch helfen, wenn sie bereits mit dem Humanen Papillomvirus HPV infiziert sind. Die bisher verfügbaren Impfstoffe gegen HPV sind Schutzimpfstoffe, sie schützen vor der Infektion mit dem Virus. Sobald das Virus jedoch die Zellen des Gebärmutterhalses, des Analbereiches oder der Mundhöhle befallen hat, bleiben sie wirkungslos. „Hier möchten wir ansetzen“, erklärt Riemer. „Die infizierten Zellen präsentieren auf ihrer Oberfläche Bruchstücke des Virus, das in ihnen steckt. Welche Bruchstücke das sind, können wir mit Hilfe des neuen Massenspektrometers herausfinden.“ Mit den präsentierten Eiweiß-Bruchstücken möchte Riemer die infizierten Menschen impfen, damit ihr Immunsystem die virusinfizierten Zellen erkennt und vernichtet. Die 36 Jahre junge Österreicherin hat bereits an der Harvard Medical School in Boston an therapeutischen Impfstoffen gearbeitet.

Christoph Rösli, der eine Forschungsgruppe im Stammzellinstitut HI-STEM im DKFZ leitet, interessiert sich dagegen für den Bauchspeicheldrüsenkrebs. „Neueste Erkenntnisse zeigen, dass es mindestens drei verschiedene Gruppen von Patienten gibt, die unterschiedlich gut auf die Therapie ansprechen. Bisher werden alle Patienten weitgehend gleich behandelt. Wenn wir wüssten, bei welcher Gruppe welche Medikamente am besten wirken, könnten wir die Behandlung wesentlich effektiver gestalten“, fasst er seinen Forschungsansatz zusammen. Rösli und sein Team untersuchen dazu bösartige Stammzellen, die sie direkt aus Bauchspeicheldrüsentumoren isoliert und in Kulturschalen vermehrt haben. Dabei konnten die Wissenschaftler zeigen, dass die Tumorstammzellen der verschiedenen Patientengruppen unterschiedliche Eiweißmoleküle an ihre Umgebung abgeben, um ihre Blutversorgung sowie das Tumorwachstum anzukurbeln. Ob dies auch im Patienten zutrifft und diese Eiweiße dann sogar ins Blut abgegeben werden, möchte Rösli mithilfe des neuen Massenspektrometers herausfinden. „Unser Ziel ist es, möglichst schon vor der Behandlung anhand einer Blutprobe feststellen zu können, wer von welchen Medikamenten profitiert“, erklärt der 33jährige Schweizer, der zuvor an der ETH Zürich tätig war.

„Wir sind Hans-Werner Hector und seiner Stiftung zu großem Dank verpflichtet“, sagte Prof. Dr. Dr. h.c. Otmar D. Wiestler, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Krebsforschungszentrums anlässlich des Besuchs des Stifters. „Wenn wir um die weltweit besten Wissenschaftler aus den international angesehensten Forschungsinstituten konkurrieren wollen, müssen wir auch Top-Arbeitsbedingungen anbieten. Dazu gehört natürlich auch die Ausstattung mit modernsten High-Tech Geräten.“ Hans-Werner Hector zeigte sich ebenfalls erfreut: „Deutschland hat keine Bodenschätze, unser Kapital sind die klugen Köpfe: Und die fördern wir gerne!“

Bilder zum Download stehen zur Verfügung unter:

http://www.dkfz.de/de/presse/pressemitteilungen/2013/images/hector_01.jpg
Bildunterschrift: Senator e.h. Dr. h.c. Hans-Werner Hector, Vorstandsvorsitzender der Hector-Stiftung II, PD Dr. Dr. Angelika Riemer, Dr. Christoph Rösli

http://www.dkfz.de/de/presse/pressemitteilungen/2013/images/hector_02.jpg
Bildunterschrift: Uwe Bleich, Vorstandsmitglied der Hector-Stiftung II, Prof. Dr. Peter Krammer, Senator e.h. Dr. h.c. Hans-Werner Hector, Vorstandsvorsitzender der Hector-Stiftung II, PD Dr. Dr. Angelika Riemer, Dr. Christoph Rösli, Prof. Dr. Dr. h.c. Otmar D. Wiestler, Horst-Bodo Schauer, Vorstandsmitglied der Hector-Stiftung II

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 2.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) klären Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die Volkskrankheit Krebs auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg eingerichtet, in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik übertragen werden. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums ist ein wichtiger Beitrag, um die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren.

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