Eisenpartikel für sichtbare Netzimplantate

Jährlich werden weltweit rund 1,5 Millionen Kunststoffnetze als Stabilisierung von Gewebe bei Schwachstellen oder Brüchen implantiert. Bei diesen so genannten chirurgischen Hernienreparationen werden Schwachstellen – zum Beispiel in der Leiste, der Bauchwand oder auch des Beckenbodens – durch Kunststoff-Netze verstärkt.

Durch einwachsendes Narbengewebe in die Netzstrukturen können sich diese teils erheblich verformen. Führt diese Schrumpfung zu erneuten Brüchen, zu Schäden benachbarter Organe oder zu Schmerzen ist häufig ein erneuter chirurgischer Eingriff notwendig. In der prä-operativen Diagnostik lassen sich die Netze selbst bisher jedoch nicht oder nur sehr unzureichend abbilden, so dass viele Operationen auf Verdacht durchgeführt werden müssen.

In einem fachübergreifenden Forschungsprojekt der RWTH-Lehrstühle für Chirurgie sowie für Radiologie des Universitätsklinikums Aachen, dem Institut für Angewandte Medizintechnik im Helmholtz-Institut sowie der FEG Textiltechnik mbH wurde nunmehr ein Verfahren entwickelt, dass die bislang nicht erkennbare Trennung von Netz- und Gewebestruktur in der Magnetresonanztomographie (MRT) sichtbar macht und dadurch Möglichkeit bietet, die Netze genauer zu beurteilen und so die Anzahl an Folgeoperationen erheblich zu senken.

„Wir haben kleine Eisenpartikel in das Herniennetz eingebracht“, beschreibt Dr. Nils Krämer von der Klinik für Radiologie die Methode. „Im Konsortium haben wir daran gearbeitet, wie wir bestmöglich die Eisenoxide, die die Sichtbarkeit des Netzes bewirken, einbringen können.“ Das super-paramagnetische Eisenoxid – kurz als SPIO bezeichnet – bewirkt eine Störung des Magnetfelds. Dies führt in der MRT dazu, dass die Protonen lokal neben den Eisen-Netzen andere Eigenschaften haben. Dies erlaubt nicht nur eine Darstellung der Netze selbst, sondern auch eine Unterscheidung zu anderen Strukturen wie dem Darm oder der Leber. Dadurch lässt sich die direkte Umgebung des Netzes einwandfrei als Gewebe, Verkalkung, Vernarbung oder Luft erkennen. „Diese nunmehr mögliche Unterscheidung zwischen gesundem und gestörten Gewebe erlaubt klar zu erkennen, ob eine Folgeoperation erforderlich ist“, resümiert Dr. Krämer. „Wir können zukünftig nicht nur präziser sagen, ob eine OP überhaupt erforderlich erscheint, sondern können im Bedarfsfall schon im Vorfeld des Eingriffs valide Aussagen zum Zustand des Netzes und seiner direkten Umgebung machen.“

Derzeit wird das neue Verfahren im Tierversuch geprüft. Dabei wird unter anderem ermittelt, wie sich die Netze auch in Bereichen darstellen lassen, die durch Bewegungen besondere Schwierigkeiten für die Bildgebung darstellen, wie zum Beispiel im Zwerchfell. Bereits im Sommer will das in Aachen ansässige Unternehmen FEG Textiltechnik die Forschungsergebnisse in ein Produkt umsetzen und mit der notwendigen CE-Zulassung beginnen.

Das Projekt wurde seit seinem Beginn im Sommer 2008 mit rund 1,5 Million Euro vom Bundesforschungsministerium im Rahmen des Innovationswettbewerbs Medizintechnik gefördert.

Toni Wimmer

Weitere Informationen erhalten Sie bei:
Dr. Nils A. Krämer
Klinik für Radiologie
des Universitätsklinikums Aachen
Telefon 0241/80-35133
Mail: nikraemer@ukaachen.de

Media Contact

Thomas von Salzen idw

Weitere Informationen:

http://www.ukaachen.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizintechnik

Kennzeichnend für die Entwicklung medizintechnischer Geräte, Produkte und technischer Verfahren ist ein hoher Forschungsaufwand innerhalb einer Vielzahl von medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin.

Der innovations-report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Bildgebende Verfahren, Zell- und Gewebetechnik, Optische Techniken in der Medizin, Implantate, Orthopädische Hilfen, Geräte für Kliniken und Praxen, Dialysegeräte, Röntgen- und Strahlentherapiegeräte, Endoskopie, Ultraschall, Chirurgische Technik, und zahnärztliche Materialien.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Nanofasern-befreien Wasser von gefährlichen Farbstoffen

Farbstoffe, wie sie zum Beispiel in der Textilindustrie verwendet werden, sind ein großes Umweltproblem. An der TU Wien entwickelte man nun effiziente Filter dafür – mit Hilfe von Zellulose-Abfällen. Abfall…

Entscheidender Durchbruch für die Batterieproduktion

Energie speichern und nutzen mit innovativen Schwefelkathoden. HU-Forschungsteam entwickelt Grundlagen für nachhaltige Batterietechnologie. Elektromobilität und portable elektronische Geräte wie Laptop und Handy sind ohne die Verwendung von Lithium-Ionen-Batterien undenkbar. Das…

Wenn Immunzellen den Körper bewegungsunfähig machen

Weltweit erste Therapie der systemischen Sklerose mit einer onkologischen Immuntherapie am LMU Klinikum München. Es ist ein durchaus spektakulärer Fall: Nach einem mehrwöchigen Behandlungszyklus mit einem immuntherapeutischen Krebsmedikament hat ein…

Partner & Förderer