Drahtlose Verbindung

Der Herzschrittmacher wird in der rechten Herzkammer über minimalinvasive Kathetertechnik fixiert. © UKR

Er ist nicht recht viel größer als eine Ein-Euro-Münze und wiegt weniger als 2 Gramm, erfüllt aber eine lebenswichtige Funktion für Patienten, deren Herz zu langsam schlägt.

Im Universitätsklinikum Regensburg wurde am Freitag, dem 23. Oktober 2015, erstmals in Ostbayern der kleinste Herzschrittmacher der Welt, das Medtronic Micra® Transcatheter Pacing System (TPS), auch Kardiokapsel genannt, implantiert.

Minimalinvasiv und ästhetisch ansprechender

„Die Kardiokapsel eignet sich für Patienten, bei denen die konventionellen Geräte, die durch eine Elektrode mit dem Herzen verbunden sind, aufgrund von Vorerkrankungen oder anatomischen Besonderheiten nicht in Frage kommen. Sie ist eine hervorragende Alternative für Patienten, die einen 1-Kammer Herzschrittmacher benötigen“, erläutert Professor Dr. Lars Maier, Direktor der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II des UKR.

Herkömmliche Schrittmacher bestehen aus einer Batterie, die an der Schulter unter der Haut liegt, und einer damit verbundenen, an der Herzspitze sitzenden Elektrode. Im Gegensatz dazu ist die Kardiokapsel Batterie und Elektrode in Einem. Über einen Katheter wird der neuartige Herzschrittmacher durch die Leiste minimalinvasiv unmittelbar ins Herz eingebracht.

Sobald die Kardiokapsel positioniert ist, wird sie mit Hilfe von winzigen Nitinolärmchen in der Herzwand befestigt. Über einen Pol an der Spitze des Geräts gibt der Herzschrittmacher die elektrischen Impulse für die Herzaktivität ab.

„Für den Patienten bedeutet es ein geringeres Infektionsrisiko, dass keine Elektroden im Herzen und den Gefäßen liegen sowie keine operative Tasche unter der Haut angelegt werden muss. Durch das minimalinvasive Verfahren erzielen wir außerdem ein kosmetisch deutlich ästhetischeres Resultat“, ergänzt Dr. Ekrem Üçer, Leiter der Elektrophysiologie in der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II des UKR. Dr. Andreas Keyser, Oberarzt in der Klinik und Poliklinik für Herz-, Thorax und herznahe Gefäßchirurgie des UKR, fügt hinzu: „Die Operation dauert in der Regel nur etwa 40 Minuten und der Patient kann nach einem Tag schon wieder nach Hause entlassen werden.“

Moderne Technik passt sich an ihren Träger an

Die Kardiokapsel ist weniger als ein Zehntel so groß wie ein herkömmlicher Schrittmacher. Die Batterie hält trotz der geringen Größe mit etwa zehn Jahren aber ungefähr genauso lang. Das System reagiert auf den Aktivitätsgrad des Patienten, indem es die Schrittmachertätigkeit automatisch anpasst. Der Patient ist dadurch nicht bewegungseingeschränkt, wie es bei konventionellen Systemen mit Elektroden der Fall sein kann.

Bei entsprechender körperlicher Fitness können auch Sportarten wie Tennis oder Golf ausgeübt werden. Die Kardiokapsel ist außerdem für MRT-Untersuchungen aller Körperregionen zugelassen und hält dem Patienten so den Zugang zu den fortschrittlichsten diagnostischen Bildgebungsverfahren offen.

Die Schrittmachertherapie ist die häufigste Form der Behandlung einer Bradykardie, bei welcher der Herzschlag zu langsam ist oder ganz aussetzt. Herzschrittmacher überwachen den Herzrhythmus und regen das Herz wenn nötig mittels eines elektrischen Impulses zum Schlagen an. Über 100.000 Herzschrittmacher werden pro Jahr in Deutschland implantiert.

Weiterführende Information in offenem Seminar

Der kleinste Herzschrittmacher der Welt ist auch Thema des Seminars „Herzinfarkt Koronare Herzkrankheit“, das im Rahmen der Herzwochen 2015 von der Deutschen Herzstiftung zusammen mit der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II des UKR für Patienten, Angehörige und Interessierte veranstaltet wird.

Am 25. November 2015 geben Experten von 17:30 bis 19:30 Uhr im Kleinen Hörsaal des UKR einen Einblick über Herzkrankheiten, deren Prävention und aktuelle Therapieverfahren. Darüber hinaus wird der Hersteller der Kardiokapsel mit dem speziell eingerichteten „Micra-Bus“ vor Ort sein und das neueste Produkt zur Therapie von Bradykardien vorstellen.

Media Contact

Katja Rußwurm idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

http://www.ukr.de

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