Computer baut Gehirnbilder nach

Gehirn: fMRI-Aufnahmen zeigen die Aktivität der Sehrinde (Foto: Gallant Labs)<br>

In einem potenziell bahnbrechenden Versuch haben Wissenschafter der Universität Berkeley die Verarbeitung visueller Reize im menschlichen Hirn sichtbar gemacht und ihre Ergebnisse auf Video dokumentiert. Ihr Experiment könnte ein neues Kapitel in der Erforschung des Denkorgans aufschlagen. Berkeley-Neurologe Jack Gallant spricht im Journal „Current Biology“ von einem „Meilenstein in der Rekonstruktion innerer Bildverarbeitung.“

Per YouTube zum Nachbau

Ein komplexes Verfahren ermöglichte es, erstmals einen plastischen, visuellen Output aus gemessener Hirnaktivität zu extrahieren. Drei Probanden sahen sich über mehrere Stunden Trailer von Kinofilmen an, während ein funktioneller Magnetresonanztomograph (fMRI) den Blutfluss durch die Sehrinde (cortex visualis) analysierte.

Das aufgezeichnete Material wurde dann von einem Computer in dreidimensionale Pixel (Voxel) konvertiert. Gleichzeitig lernte der Rechner, gesehene Farben und Formen bestimmten Aktivitätsmustern zuzuordnen. Schließlich indizierte ein Algorithmus 18 Millionen Sekunden aus zufällig ausgewählten YouTube-Videos und legte auf Basis des Gelernten eine Datenbank an, die Hirntätigkeiten mit verschiedenen Szenen verknüpfte.

Jene 100 Clips, die gemäß Berechnung die ähnlichsten Cortex-Aktivitäten im Vergleich zu den von den Probanden gesehenen Trailern auslösten, wurden schließlich zu einem Video verarbeitet. Dieses wurde den tatsächlich gesehenen Vorschaufilmen gegenübergestellt und zeigt teilweise verblüffende Ähnlichkeiten.

Traum-Aufnahmen denkbar

„Das ist ein bedeutender Schritt zur Rekonstruktion interner Bildabläufe, wie etwa Vorstellungen und Träume“, schreibt Gallant auf der Projekthomepage. Gegenüber „Current Biology“ spricht er sogar von einem Forschungs-Meilenstein. „Wir öffnen ein Fenster zu den Filmen in unserem Kopf“, so die Erläuterung des Wissenschafters zur Bedeutung des geglückten Versuchs.

Die Ergebnisse könnten in Zukunft zu wichtigen Erfindungen führen, etwa die Entwicklung von Lesegeräten, die die Diagnose von Nervenkrankheiten wie Demenz oder Hirnschlägen erleichtern. Auch die Einbindung in neurale Prothesen und die Erschaffung visueller Brain-Machine-Interfaces sind denkbar, so der Text auf der Website.

Der Forscher erklärt weiter: „Neurowissenschafter nehmen allgemein an, dass alle mentalen Prozesse auf einer neurobiologischen Basis ablaufen. Unter dieser Voraussetzung wäre es mit entsprechend entwickelter Technologie prinzipiell möglich, auch Träume oder Erinnerungen sichtbar zu machen.“

Nicht zur Aufklärung geeignet

Dass derlei Applikationen auch im Bereich der Strafverfolgung eingesetzt werden könnten, bezweifelt Gallant. „Viele psychologische Studien zeigen, dass Aussagen von Augenzeugen notorisch unverlässlich sind. Zeugen haben oft ein schlechtes Gedächtnis, sind sich aber dessen nicht bewusst. Sie erfinden oft Sachen um Ereignissen einen logischen Sinn zu geben, an die sie sich nicht mehr gut erinnern.“

Homepage des Forschungsprojektes:
https://sites.google.com/site/gallantlabucb/publications/nishimoto-et-al-2011

Media Contact

Georg Pichler pressetext.redaktion

Weitere Informationen:

http://www.berkeley.edu

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