Chemische, physikalische und diatomologische Analysen in Flüssen im Nordwesten Griechenlands

Im Rahmen dieser Arbeit wurden Diatomeen (Kieselalgen) in drei Flüssen im Nordwesten Griechenlands (Epirus) analysiert und die chemischen und physikalischen Eigenschaften der Gewässer erfasst. Das Projekt hat u.A. zum Ziel, die Ursachen möglicher Belastungen aufzudecken.

Die heiße Sonne lässt die Luft flirren, wir befinden uns in Griechenland. Zwei junge Mitarbeiter der Limnologischen Station der TU München kämpfen sich durch die Macchie zu einem steinigen Flussbett, über ihnen der Bogen einer mittelalterlichen Brücke. Aus Ihren Rucksäcken packen die Forscher verschiedene Geräte – WTW Geräte…

Die Region Epirus mit einer Fläche von 9223 km² und 353800 Einwohnern ist die nordwestlichste der 13 Regionen Griechenlands (siehe Bild 1). Durch die gesamte Region zieht von Norden nach Süden das Hochgebirgsmassiv des Pindos, 74 % von Epirus liegen damit in der montanen Zone. Das Pindosmassiv ist ausschlaggebend für den hohen Niederschlag in dieser Region. Die vom Westen her kommenden, mit Wasser gesättigten Wolken müssen, um die Gipfel zu überqueren, zuerst abregnen. Aufgrund dessen ist Epirus von zahlreichen Fließgewässern durchströmt, welche bis jetzt chemisch und ökologisch nur wenig charakterisiert worden sind.

In Epirus gibt es vier größere Fließgewässer, welche in der Region, genauer im Pindosmassiv, entspringen und auch innerhalb der Region ins Meer münden. Diese sind der Arachthos, der Kalamas, der Acherontas und der Louros. Die drei Erstgenannten wurden im Rahmen der Studie der Limnologischen Station der TU München untersucht. Exemplarisch wird im vorliegenden Artikel nur über einen der Flüsse berichtet, den Kalamas.

Der Kalamas hat eine Länge von ca. 115 km, das Einzugsgebiet beträgt 1747 km². Der Kalamas entspringt nördlich von Ioannina in der Nähe von Kalpaki und mündet ins Ionische Meer. Zahlreiche Zuflüsse speisen den Hauptfluss, von denen die sechs größten Flüsse, der Gormos, der Tiria, der Zalogitikos, der Smolitsas, der Kosovitikos und der Kalpakiotikos, in diese Untersuchung mit einbezogen wurden. Neben diesen natürlichen Zuflüssen wurde noch ein wichtiger künstlicher Zufluss analysiert, der Abfluss der kommunalen Kläranlage der Stadt Ioannina. Die Stadt mit ungefähr 100000 Einwohnern ist die Hauptstadt der Region Epirus und liegt am Pamvotis-See. Über einen langen Zeitraum hinweg wurde dieser mit den Abwässern der Stadt belastet. Um den See zu retten, wurde eine Kläranlage gebaut. Deren Abfluss gelangt heute über einen ca. 10 km langen Weg in einen Vorfluter. Anschließend fließt er über den Nebenfluss Smolitsas letztendlich in den Kalamas. Seit der Abfluss der Kläranlage der Stadt Ioannina in den Kalamas eingeleitet wird, erscheint der Fluss oft negativ in der Presse. Bild 2 zeigt das Abwasser, bevor es in den Vorfluter gelangt. Ob diese Einleitung belastend für das Ökosystem Kalamas ist, konnte mit Hilfe von physikalischen Messungen und chemischen Analysen mit WTW-Geräten und sowie mit Diatomeenanalysen ermittelt werden.

50 ml Wasser reichen
Die Probennahmen und die chemischen Analysen wurden über zwei Jahre hinweg durchgeführt. Insgesamt wurden 28 Probennahmestellen am Fließgewässersystem Kalamas angefahren. An jeder Probennahmestelle wurden Wasser- und Diatomeenproben genommen, die physikalischen Parameter gemessen und zusätzlich die Situation vor Ort dokumentiert. Zur Messung der physikalischen Parameter wurde von WTW die Multisonde Multi 350i benutzt. Problemlos und unmittelbar wurden damit die Sauerstoffsättigung (in %), der Sauerstoffgehalt (in mg/l), die Leitfähigkeit (in µS/cm), der pH-Wert sowie die Luft- und die Wassertemperatur (in °C) gemessen.

Für die chemischen Analysen wurden die entnommenen Wasserproben analysiert. Die photometrische Bestimmung sämtlicher chemischer Parameter erfolgte in kurzer Zeit, wobei jeweils nur 50 ml Wasser benötigt wurden. Für die Analysen wurde das Küvettenphotometer PhotoLab S12 von WTW benutzt, wobei Spectroquant-Küvettentests der Firmen Merck und WTW zum Einsatz kamen. Alle Tests wurden wie in der Anleitung des Herstellers beschrieben durchgeführt. Bestimmt wurden die wichtigsten chemischen Parameter: Gesamtphosphor (TP), gelöster Phosphor (SRP), Ammonium-Stickstoff (NH4-N), Nitrat-Stickstoff (NO3-N), Gesamthärte, Silicium (Si), Sulfat (SO42-) und Chlorid (Cl-). Vor der Bestimmung des Gesamtphosphor-Gehaltes mussten die Proben noch mit Hilfe des Crack Set 10 von Merck und des Thermoreaktor CR 2200 von WTW aufgeschlossen werden. Alle gemessenen Extinktionswerte wurden durch das Photometer automatisch in Konzentrationen (mg/l) umgerechnet und ausgegeben.

Im vorliegenden Zwischenbericht werden die wichtigsten Ergebnisse der physikalischen Messungen und der chemischen Analysen von zehn Proben dargestellt. Es handelt sich dabei um die Proben entlang des Hauptflusses Kalamas (Bild 3).

Die Temperatur des Kalamas stieg entlang des Flusslaufes kontinuierlich von ungefähr 13 °C an der Quelle bis auf 17 °C an der Mündung. Der Temperaturverlauf spiegelt somit den klassischen Verlauf bei Flüssen wider. Das kalte Quellwasser erwärmt sich mit der Laufstrecke des Flusses (Bild 4). Die Leitfähigkeit erreichte mit 1733 µS/cm an der Quelle vergleichsweise hohe Werte. Im Verlauf des Kalamas lagen die Werte dagegen im Durchschnitt bei 600 µS/cm. Die hohen Werte im Oberlauf sind auf die geologisch bedingt hohen Sulfatkonzentrationen im Grundwasser zurückzuführen. An der Mündung wurde eine Leitfähigkeit von 1414 µS/cm gemessen. Hier spiegelt sich deutlich der Einfluss des Ionischen Meeres wider, das bei Flut in den Fluss einströmt. Die pH-Werte lagen entlang des gesamten Flusslaufs leicht über 8,0, was für ein Gewässer, das durch Kalkstein fließt, typisch ist.

Die Sauerstoffsättigung und die Sauerstoffkonzentration zeigten ein ähnliches Bild. Bei beiden Parametern wurden mit 64,0 % bzw. 6,22 mg/l niedrige Werte an der Quelle gemessen, die mit zunehmender Entfernung von dieser langsam anstiegen (Bild 4). Geringe Sauerstoffsättigungen sind bei Quellregionen zu erwarten. Durch die lange Verweilzeit des Grundwassers im Boden bis zu seinem Austritt an der Quelle wird der Sauerstoffvorrat des Grundwassers durch mikrobiologische Abbauprozesse verbraucht. Durch diesen Vorgang kommt es zu Sauerstoffdefiziten des Grundwassers bzw. des Quellwassers, die sich in Untersättigungen ausdrücken.

Die chemischen Analysen bestätigen den befürchteten negativen Einfluss des eingeleitenden Abwassers in das Fließgewässer. Bis zur Probenstelle vor der Einmündung des Nebenflusses Smolitsas lagen die Gesamtphosphorwerte bei etwa 0,024 mg PO43–P/l. Ab der ersten Probe nach dem Zufluss (Probennahmestelle 5) versechsfachten sich die Phosphorkonzentrationen nahezu. Durch die Selbstreinigungskraft des Flusses nehmen die Phosphorkonzentrationen im weiteren Verlauf des Kalamas allerdings wieder ab. Ein vergleichbarer Effekt ließ sich auch für die gelösten Phosphat-, die Nitrat- und Ammonium-Konzentrationen mit den Geräten von WTW nachweisen (Bild 5).

Diatomeen als Bioindikatoren
Für die Algen-Analyse wurden Steine entnommen, der schleimige Belag (Aufwuchs) davon abgebürstet und gesammelt. Der Aufwuchs besteht zum größten Teil aus mikroskopisch kleinen Kieselalgen (Diatomeen), die diesem durch ihr Begleitpigment (Fucoxanthin) eine braune Farbe verleihen. Die Diatomeen haben im Gegensatz zu Landpflanzen eine besondere Zellwand, die aus zwei Silikatschalen besteht. Die Silikat- oder Kieselsäureschalen sind extrem stabil, verwitterungsbeständig und weisen spezifische Strukturen auf, wodurch sich die einzelnen Arten voneinander mikroskopisch unterscheiden lassen (Bild 6).

Neben einer charakteristischen Schale besitzen die meisten Arten auch eine Anpassung an bestimmte Standortbedingungen. Je nach Belastungsgrad des Gewässers, z.B. durch verschiedene Nährstoffeinträge, bilden sich unterschiedliche Diatomeengesellschaften aus. Aufgrund dieser Tatsache eignen sich die Diatomeen sehr gut als sogenannte Bioindikatoren zur Bewertung von Gewässern. Aus der Bioindikatoreigenschaften der jeweils an einem Standort gefundenen Arten und deren Häufigkeiten wird der Trophie-Index berechnet, welcher letztendlich die Gewässerqualität beschreibt. Bisher wurde nur für wenige Länder ein eigener Trophie-Index entwickelt. In Griechenland steht die Entwicklung eines entsprechenden Indikatorsystems auf der Basis von Diatomeen noch aus. Der Trophie-Index nach Rott wurde für Gewässer entwickelt, die durch Kalkgestein in Deutschland und Österreich fließen. Durch die vergleichbaren geologischen Bedingungen im ausgewählten Untersuchungsgebiet in Griechenland konnte der Index weitgehend übertragen werden.

Bei den Diatomeenanalysen wurden insgesamt 258 unterschiedliche Kieselalgenarten bestimmt. Sowohl anhand der physikalischen Messungen und der chemischen Analysen als auch aufgrund der Berechnung des Trophie-Index auf der Basis von Diatomeen zeigt sich, dass der Kalamas über weite Strecken stark bis sehr stark mit Nährstoffen, die das Algenwachstum fördern, belastet ist. Nur der Oberlauf des Kalamas ist durch eine bessere Wasserqualität gekennzeichnet. Neben dem Abwassersystem der Großstadt Ioannina ist die Landwirtschaft rund um den Fluss eine der Hauptquellen der Belastung. Die EU-Wasserrahmenrichtlinie fordert, dass bis zum Jahr 2015 in allen Oberflächengewässern ein guter ökologischer Zustand erreicht wird. Um dieses Ziel zu erreichen, sind dringend Veränderungen am Kalamas notwendig. Neben der Verbesserung der Wasserqualität durch einen Maßnahmeplan ist es primär wichtig, das Umweltbewusstsein der Bevölkerung weiter zu schulen.

Media Contact

Irini Bassios, Tobias Klein, Uta Raeder, Arnulf Melzer, Technisc LABO

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