Neues Zeitalter zur Behandlung von Herzklappenerkrankungen

Deutschlandweit erste Edwards-Cribier Aortenklappenimplantation ohne Narkose

Bisher führte kein Weg an einer offenen Herzoperation vorbei, wenn ein Patient eine neue Herzklappe benötigte. Für ältere Menschen bedeutete die Narkose dabei immer ein Risiko – gerade wenn Sie unter Diabetes, eingeschränkter Nierenfunktion oder Lungenerkrankungen litten. Erstmals in Deutschland gelang es jetzt der Uni-Klinik für Kardiologie im Westdeutschen Herzzentrum Essen, eine neue Herzklappe ohne Narkose einzusetzen. "Das neue Verfahren bietet einen großen Vorteil", so der leitende Oberarzt Dr. Stefan Sack nach den Eingriffen bei den beiden 77- und 82-Jährigen und ergänzt: "Der Brustkorb wird nicht geöffnet und eine Narkose ist auch nicht nötig." Den Patienten geht es gut. Sie sind bereits wieder zu Hause.

Zum Verfahren: Der Arzt punktiert die Adern in der Leiste und schiebt dann von dort aus vorsichtig einen Ballon mit der montierten, zusammengefalteten Herzklappe zum Herzen. Sobald er die richtige Position erreicht hat, dehnt er den Ballon unter hohem Druck aus. Dabei legt sich die neue Herzklappe über die alte, verkalkte. Die auf den Ballon montierte Bioprothese wurde von Professor Cribier in Rouen/Frankreich entwickelt. "Das Verfahren klingt einfach, verlangt aber hohe Präzision und ein eingespieltes Team", weiß Privatdozent Dr. Stefan Sack, Leitender Oberarzt des Herzkatheterlabors.

Bisher bestand die Therapie im operativen Herzklappenersatz. Dafür öffnete der Mediziner den Brustkorb und ersetzte die Aortenklappe durch eine technische Klappe oder eine Bioprothese. Während des Eingriffs musste er den Patienten an die Herz-Lungen-Maschine anschließen. Schon 1986 wurde versucht mit Hilfe von Ballons, die über die Leistenarterie im Rahmen einer so genannten Herzkatheteruntersuchung eingeführt wurden, die verkalkte Aortenklappe aufzudehnen. "Dies gelang sehr gut, aber die Klappenverengung bildete sich innerhalb von sechs Monaten wieder zurück", erklärt Dr. Stefan Sack. Bei seinem jetzt durchgeführten Eingriff ohne Narkose handelt es sich um die Weiterentwicklung dieser Ballontechnik.

Warum die Herzklappe versagt: Zunehmende Verkalkungen der Herzklappe führen zu einer Einengung bis hin zur Funktionsunfähigkeit. Die Folge: Es kann weniger Blut durch die Herzklappe gepumpt werden. Die verkalkte Aortenklappe findet sich vor allem bei älteren Menschen. Dabei ist die Aortenklappe die größte der vier Herzklappen. Sie ist das Ventil zwischen der großen linken Herzkammer und der Körperschlagader, der Aorta. Zieht sich der Herzmuskel zusammen, öffnet sich die Aortenklappe und das Blut gelangt in die Körperschlagader. Ein Zurückströmen wird durch die sich schließende Aortenklappe verhindert. Das Blut strömt durch die Adern, als Pulswelle beispielsweise am Hals oder am Handgelenk tastbar. Im Laufe eines 80-jährigen Lebens öffnet und schließt sich die Aortenklappe mehr als 3 Milliarden Mal. Durch die mechanische Belastung und zusätzliche Faktoren (Genetische Faktoren, Risikofaktoren etc.) kann eine zunehmende Unbeweglichkeit und Enge der Aortenklappe auftreten: die Aortenklappenstenose. Das Blut passiert nur mit großer Mühe die Klappe. Der Herzmuskel arbeitet verstärkt, er wird dicker und steifer. Im Endstadium könnte der Herzmuskel versagen. Vorher treten aber meist Beschwerden auf, die den Patienten zum Arzt führen: Luftnot, vor allem unter körperlicher Belastung, Brustenge (Angina pectoris) und Bewusstseinsverluste (so genannte Synkopen) infolge einer ungenügenden Blutversorgung des Gehirns.

Nähere Informationen: Priv.-Doz. Dr. med. Stefan Sack, Klinik für Kardiologie, Westdeutsches Herzzentrum Essen, Tel: +49 (0)201 723 – 48 04 oder 48 77, E-Mail: stefan.sack@uni-essen.de

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Kristina Gronwald idw

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