Bad Oeynhausener Kinderkardiologen führen weltweit erste magnetisch navigierte Kinderherzkatheterintervention durch

Dr. Nikolaus Haas, Oberarzt der Klinik für Angeborene Herzfehler des Herz- und Diabeteszentrums NRW, Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum in Bad Oeynhausen, nahm den weltweit ersten Herzkathetereingriff mittels magnetischer Navigation bei einem 10-jährigen Jungen mit Pulmonalatresie und Ventrikelseptumdefekt vor, bei dem die Lungendurchblutung durch kleine Hilfsgefäße, sogenannte Kollateralen oder „MAPCAs“ (major aorto-pulmonary collateral arteries) ersetzt waren.

Während des sechsstündigen Eingriffs konnte der Kinderkardiologe die sehr schwer zugänglichen Kollateralen dank der neuen Technik erreichen, erfolgreich weiten und mit speziellen Gefäßstützen versorgen.

Dem Kind fehlen die Lungenschlagader und die linke und rechte Lungenarterie. Ein Überleben über das Neugeborenenalter hinaus ist nur möglich, weil sein Körper zusätzliche Umgehungskreisläufe zur Versorgung der Lunge mit Blut gebildet hat. Zahlreiche dieser Hilfsgefäße entspringen bei dem Jungen aus der großen Körperschlagader und übernehmen eine allerdings nur unzureichende Perfusion (Durchblutung) der rechten und linken Lungenhälfte. Charakteristisch für diese Kollateralen ist ein extrem geschlängelter Gefäßverlauf, der häufig zusätzliche und bedeutsame Engstellen (Stenosen) aufweist.

Durch die Minderdurchblutung der Lunge und die limitierte Sauerstoffaufnahme war das Kind kaum belastbar. Selbst ein kurzer Weg bereitete dem Jungen Schwierigkeiten.

Die Ausprägung seines angeborenen Herzfehlers ist so komplex, dass selbst eine operative Behebung des Fehlers, die von einem international erfahrenen Chirurgenteam beabsichtigt war, nicht durchgeführt werden konnte. Dr. Haas nahm daher bereits mehrere herkömmliche Herzkathetereingriffe vor, die eine erste Besserung erbrachten. Um aber bisher nicht erreichbare Gefäße behandeln zu können, setzte der Kinderkardiologe am Dienstag auf modernste Kathetertechnik.
Durch ein magnetisches Navigationssystem wird der Katheter ferngesteuert.
Manche Bereiche des Herzens und der Lunge sind aufgrund der vorgegebenen Materialeigenschaften der Katheter nur unter großen Schwierigkeiten zu erreichen. Ein magnetisches Navigationssystem erlaubt in Kombination mit der Röntgenanlage eine magnetische Fernsteuerung des Katheters. Dabei werden kleine Magnete, die in den Führungsdraht des Katheters integriert sind, durch ein äußeres gerichtetes Magnetfeld (das rechts und links neben den Patienten angebracht ist) ausgelenkt.

So konnte der Kinderkardiologe ein sehr geschlängelt verlaufendes und verengtes Lungengefäß aufsuchen, es aufdehnen und mit einer speziellen Gefäßstütze (Stent) versehen. Dem Patienten ging es bereits wenige Stunden nach dem Eingriff besser. Sein Sauerstoffgehalt im Blut stieg an, seine Organe werden nun deutlich besser durchblutet. Schon nach 48 Stunden konnte der 10-jährige die Kinderkardiologische Klinik des Herz- und Diabeteszentrums NRW zu Fuß verlassen. Dr. Nikolaus Haas freut sich über die gelungene Behandlung und macht Patienten mit dieser schwierigen Diagnose Hoffnung: „Mit Hilfe dieser neuen Technik können wir zukünftig auch den Patienten helfen, die bisher in ihrem Leben sehr stark beeinträchtigt waren, konventionell als inoperabel galten und nur wenige andere Behandlungsoptionen hatten.“

Bei der Pulmonalatresie mit VSD und MAPACAs handelt es sich um einen äußerst schwerwiegenden und seltenen angeborenen Herzfehler der ungefähr 5% aller angeborenen Herzfehler ausmacht. Je nach Schweregrad bzw. Ausprägung kann dieser Fehler operativ behoben oder in besonders komplizierten Fällen interventionell nur palliativ in ausgewiesenen kinderkardiologischen Zentren behandelt werden.

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