Bauchwasser-Pumpe erstattet Bericht per Handytechnologie

Die Aszites-Pumpe saugt die freie Flüssigkeit aus der Bauchhöhle ab und pumpt sie in die Harnblase des Patienten. Bild: Sequana Medical, adaptiert

Im Spätstadium der Leberzirrhose sowie bei bestimmten Tumorarten leiden vielen Patienten unter erheblichen Flüssigkeitsansammlungen in der freien Bauchhöhle. „Unbehandelt würde der Körper in diesen Fällen nicht selten innerhalb einer Woche zwischen 10 und 20 Liter Wasser – so genannten Aszites – einlagern“, berichtet Prof. Andreas Geier, Leiter des Schwerpunkts Hepatologie der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des Universitätsklinikums Würzburg (UKW).

Um diese „Wassermassen“ in den Griff zu bekommen, reichen Diuretika – also wasserausscheidende Medikamente – häufig nicht mehr aus. Eine Standardmethode bei diesen schwerkranken Patienten ist es, die Flüssigkeitsansammlung mit einer Kanüle durch die Bauchdecke zu punktieren und den Aszites abzulassen – bis zu zehn Liter in einer Sitzung.

„Dieser minimal-invasive Eingriff muss im Extremfall zweimal wöchentlich durchgeführt werden“, schildert Prof. Ingo Klein von der Klinik und Poliklinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie des UKW und fährt fort: „Der schnelle Flüssigkeits- und Eiweißverlust ist für den Organismus dieser Patienten sehr belastend. Hinzu kommt, dass sich gerade bei Leberzirrhose häufig ein sekundäres Geflecht von Blutgefäßen im Bauchraum bildet, die auf keinen Fall versehentlich beim Punktieren getroffen werden dürfen. Und schließlich bedeutet das regelmäßige Erscheinen in der Klinik speziell für weiter weg lebende Kranke einen hohen organisatorischen Aufwand.“

Ansaugen aus der Bauchhöhle, abgeben in die Blase

Für diese Patienten mit sehr hoher Punktionsfrequenz hat die Medizintechnik vor wenigen Jahren eine implantierbare Aszites-Pumpe auf den Markt gebracht. Sie hat in etwa das Volumen von zwei Streichholzschachteln und wird unter die Haut im rechten Unterbauch implantiert. Über einen im Körper geführten Schlauch saugt sie den Aszites aus der Bauchhöhle an und fördert ihn über einen weiteren Schlauch in die Harnblase, von wo das Überschusswasser zusammen mit dem Urin ausgeschieden wird. Weltweit wurde dieser Eingriff, der in einer kurzen Vollnarkose erfolgt, bislang schon über 200 Mal durchgeführt, davon acht Mal am UKW. „Die Patienten berichten über einen deutlichen Gewinn an Lebensqualität, vor allem durch die neu erlangte Unabhängigkeit von einer engmaschigen ambulanten und teils stationären Wiedervorstellung“, berichtet Prof. Geier.

Intelligentes Ladegeräte liest Betriebsdaten aus

Die Akkuleistung der Pumpe reicht für das Fördern von etwa vier Litern. Danach wird sie per Induktion wieder aufgeladen. Dazu ist es erforderlich, ein spezielles Ladegerät auf die Haut über der Pumpe aufzulegen. Das Ladegerät kann allerdings weit mehr als „nur“ die Energieversorgung der Pumpe sicherzustellen: Während der Ladephase liest das externe Geräts ebenso drahtlos wichtige Betriebsdaten der Pumpe aus. „So erfahren wir unter anderem, ob die Pumpe einwandfrei arbeitet und welche Mengen wann gefördert wurden“, beschreibt Prof. Geier. Mit diesem Wissen sei es dann zum Beispiel möglich, die Arbeitsweise der Pumpe an sich ändernde Bedingungen anzupassen.

„Allerdings musste hierzu das intelligente Ladegerät bislang direkt an einen Rechner in der Klinik angeschlossen werden, so dass die Patienten für diese Abfragen zum Teil von weit her an das Leberzentrum des UKW kommen mussten“, sagt der Hepatologe. „Dies hat den Hersteller zu einer technischen Weiterentwicklung der Pumpe veranlasst, die wir in Würzburg in einem sogenannten ‚Limited Market Release‘ als erste Klinik überhaupt erfolgreich eingesetzt haben.“

Neu: Ladegerät versendet selbsttätig Pumpeninformationen

Konkret sind die neuen Ladegeräte jetzt zusätzlich mit einem GSM-Chip ausgestattet. Ähnlich wie ein Mobiltelefon kann das Aggregat damit die ausgelesenen Pumpendaten per Funk über weite Distanzen übermitteln zunächst an die Herstellerfirma, die diese dann unmittelbar an die Experten des Würzburger Leberzentrums weitergibt. „Damit entfällt für uns die Notwendigkeit zum direkten Kontakt mit dem Ladegerät“, erläutert Prof. Geier.

In diesem Frühjahr haben er und Prof. Klein die weltweit ersten beiden Patienten mit dem neuen System versorgt. Mitte März erhielt es ein 63-jähriger, der an Leberzirrhose leidet. Um dem sich in diesem Zusammenhang bildenden Aszites Herr zu werden, waren vor dem Eingriff wöchentliche Punktionen erforderlich. Hierbei zogen die Würzburger Leberspezialisten jeweils zwischen sechs bis acht Liter des Bauchwassers ab. Ende März folgt ein 54-jähriger Patient bei dem sich wöchentlich etwa vier Liter Aszites ansammeln, die durch andere Therapien nicht mehr therapierbar waren.

Bei beiden kommt der logistische Vorteil der neuen Funkdatenübermittlung voll zum Tragen: Einer lebt im Raum Kulmbach, der andere bei Göttingen. Durch die „Handy-Verbindung“ der Pumpe mit den UKW-Spezialisten bleiben ihnen so regelmäßige zeitaufwändige Fahrten nach Würzburg erspart. „Wie die anderen sechs von uns versorgten Patienten mit dem herkömmlichen Pumpensystem sind auch diese Pilotpatienten mit der Performance der Aszites-Pumpe und der damit gewonnenen Lebensqualität hoch zufrieden“, berichtet Prof. Geier.

Media Contact

Susanne Just idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

http://www.ukw.de

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