Mit 20 000 Watt pro Quadratzentimeter gegen den Krebs

Ob in der Schwangerschaftsvorsorge, zur Diagnose von Gallensteinen oder zur Untersuchung des Herzens: Der Ultraschall gehört zu den Standardverfahren der Medizin. Bisher wird er vor allem zur Diagnose von Krankheiten eingesetzt.

Wenn man aber die Intensität der Ultraschallwellen erhöht und sie auf einen Tumor fokussiert, können sie auch zur Behandlung von Krebs eingesetzt werden und diesen gezielt zerstören. Bevor diese neuartige Therapie genauso breit angewendet werden kann wie der Ultraschall zu Diagnose-Zwecken, muss noch einiges an Forschungsarbeit geleistet werden. Ziel der Forschung ist es, eine bessere Grundlage für die Therapieplanung und -kontrolle zu schaffen. Um die Sicherheit der Behandlung und ihre Effektivität zu erhöhen, sollte zum Beispiel die Leistung des Ultraschalls zuverlässig bestimmt werden können.

Wissenschaftler der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) haben nun im Rahmen eines europäischen Forschungsprojekts ein etabliertes Messverfahren weiter entwickelt, das die Leistung des hochintensiven Ultraschalls bis 500 Watt bestimmen kann. Ein Ringvergleich mit den europäischen Partnerinstituten wurde erfolgreich abgeschlossen und bewies die korrekte Arbeitsweise des Messverfahrens.

Diese Krebstherapie mittels „High Intensity Therapeutic Ultrasound“ (HITU) ist weitgehend nicht-invasiv, denn sie kommt ohne Schnitte aus. Sie kann gegen Tumore eingesetzt werden, die als inoperabel gelten, weil sie zum Beispiel zu nahe an lebenswichtigen Blutgefäßen, Organen, Nervenbündeln oder Hirnregionen liegen, die bei einer herkömmlichen Operation ebenfalls verletzt werden könnten. HITU wird heute bereits zur Behandlung von Tumoren der Prostata, der Leber und der Gebärmutter eingesetzt. Weitere Anwendungsmöglichkeiten für Mammakarzinome und Hirntumore werden erforscht.

Die Tumortherapie durch Ultraschall funktioniert so ähnlich wie das Entzünden trockener Blätter mit einer Lupe: So wie mit der Lupe die Lichtstrahlen auf die Blätter gebündelt werden, werden die Ultraschallfelder durch einen gekrümmten Ultraschallwandler auf den Tumor fokussiert. In beiden Fällen entsteht im Fokus eine hohe Temperatur, die die trockenen Blätter entzündet oder die Krebszellen auf weit über 65 °C erhitzt. Dadurch werden die Tumorzellen abgetötet und anschließend vom Körper abgebaut. Wichtig ist, dass die hohen Temperaturen nur in der Fokusregion der Ultraschallwellen erreicht werden. So kann das Tumorgewebe gezielt zerstört werden, während das umliegende gesunde Gewebe unverletzt bleibt.

Das Ziel der PTB-Wissenschaftler war, die Ausgangsleistung eines HITU-Wandlers bis 500 Watt zu bestimmen. Dieses Gerät erzeugt den hochintensiven Ultraschall. Dazu benutzten sie ein Verfahren, das normalerweise für die Leistungsmessung des schwächeren, diagnostischen Ultraschalls verwendet wird. Da die Leistung des therapeutischen Ultraschalls bis zu 5000 mal größer sein kann als die des diagnostischen, musste das Verfahren zuerst an die Leistung des hochintensiven therapeutischen Ultraschalls angepasst werden. Die Messungen zeigen, dass ein linearer Zusammenhang zwischen der in den HITU-Wandler eingespeisten elektrischen Leistung und der akustischen Ausgangsleistung des Geräts besteht.

Nach der Erprobung des Verfahrens wurde nun ein Ringvergleich mit europäischen Partnerinstituten erfolgreich abgeschlossen. Er zeigt, dass das entwickelte Messverfahren zuverlässig funktioniert und zur Messung von Schallfeldern ebenso eingesetzt werden kann wie zur Zertifizierung der Ultraschallgeräte. Die an dem europäischen Forschungsprojekt beteiligten Wissenschaftler entwickeln darüber hinaus Verfahren, mit denen die Verteilung von Schalldruck und -intensitäten in einem HITU-Feld und die Temperaturverteilung in der Fokuszone bestimmt werden können, und entwerfen Kalibrierphantome für die Magnetresonanz-Thermometrie. Ziel ist es, zuverlässige Modellrechnungen für die Therapieplanung und -kontrolle zu schaffen.

Ansprechpartner
Klaus-Vitold Jenderka, PTB-Arbeitsgruppe 1.62 Ultraschall,
Tel.: (0531) 592 1432, E-Mail: klaus-vitold.jenderka@ptb.de

Media Contact

Imke Frischmuth idw

Weitere Informationen:

http://www.ptb.de/

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