Woher wir wissen, wo wir sind: Bochumer und Bonner Studie mit Epilepsiepatienten

Weg durch ein virtuelles Haus mit fünf Räumen: Während Lernen und Abruf einer bestimmten Szene sieht man ähnliche Aktivitätsmuster. RUB, AG Axmacher

Zu wissen, wo wir sind, und uns an zurückgelegte Wege zu erinnern, sind zentrale Fähigkeiten für das tägliche Leben. Um den Mechanismen der räumlichen Navigation im Gehirn auf die Spur zu kommen, haben RUB-Forscher um Prof. Dr. Nikolai Axmacher gemeinsam mit Kollegen aus Bonn die entsprechenden Vorgänge anhand eines direkt im Gehirn abgeleiteten Enzephalogramms (EEG) untersucht. So konnten sie die neuronale Signatur während des Lernens und Abrufs bestimmter Orte identifizieren. Sie berichten in der aktuellen Ausgabe von Current Biology.

Verteilte und lokale Aktivitätsmuster bei der räumlichen Navigation

Woher wissen wir, wo wir gerade sind? Wie erinnern wir uns an früher zurückgelegte Wege? Die Fähigkeit zur räumlichen Navigation ist seit längerem Gegenstand der Psychologie und der Hirnforschung. „Dabei gibt es vermutlich nicht nur einen einzigen Mechanismus der räumlichen Navigation; stattdessen verwendet das Gehirn unterschiedliche ‚Codes‘, um Orte abzuspeichern“, sagt Nikolai Axmacher. In ihrer aktuellen Studie haben die RUB-Wissenschaftler und Kollegen der Klinik für Epileptologie in Bonn verteilte und lokale Aktivitätsmuster während der räumlichen Navigation untersucht.

Wege im virtuellen Haus einprägen

An der Studie nahmen zehn Epilepsiepatienten teil, denen im Rahmen einer Operationsabklärung EEG-Elektroden direkt in das Gehirn implantiert worden waren. Während das EEG bei diesen Patienten abgeleitet wurde, wurden sie gebeten, sich Wege in einem virtuellen Haus einzuprägen und sich anschließend an diese Wege zu erinnern. Tatsächlich gelang es auf diese Weise, die neuronale Signatur beim Lernen und Abruf spezifischer Orte zu identifizieren.

„Verteilte und lokale Aktivitätsmuster schienen zusammen zu hängen: Diejenigen Hirnregionen, die an verteilten Ortsrepräsentationen beteiligt waren, enthielten auch für sich alleine recht präzise Information über bestimmte Orte“, erklärt Nikolai Axmacher. „Die Genauigkeit von Ortsrepräsentationen war dabei recht variabel; interessanterweise traten besonders präzise Repräsentationen immer dann auf, wenn die Gesamtaktivität des Gehirns in einem schnellen Frequenzbereich vergleichsweise gering war.“

Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass räumliche Navigation besonders dann gut gelingt, wenn andere, irrelevante Aktivität unterdrückt werden kann. „Wie wichtig die Frage nach der neuronalen Basis der räumlichen Navigation ist, wurde übrigens letztes Jahr deutlich“, so der Forscher: „Alle drei Nobelpreise in Medizin wurden an Wissenschaftler vergeben, die zu dieser Fragestellung gearbeitet haben.“

Titelaufnahme

Zhang et al.: Gamma power reductions accompany stimulus-specific representations of dynamic events. Current Biology (2015) http://dx.doi.org/10.1016/j.cub.2015.01.011

Weitere Informationen

Prof. Dr. Nikolai Axmacher, Kognitive Neurowissenschaft, Fakultät für Psychologie der Ruhr-Universität, 44780 Bochum, Tel. 0234/32-22674, E-Mail: nikolai.axmacher@rub.de, http://www.ruhr-uni-bochum.de/neuropsy/

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Meike Drießen idw - Informationsdienst Wissenschaft

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