Unterzucker bei Diabetes – alte Menschen erkennen die Symptome oft nicht

Alte Patienten sind besonders gefährdet, eine Unterzuckerung zu erleiden, weil sie die Symptome einer Hypoglykämie häufig falsch deuten. Mit ernsten Folgen: Sinkt der Blutzuckerspiegel bei ihnen stark ab, steigt die Sturzgefahr. Zudem drohen Schlaganfall und Herzinfarkt. Welche besonderen Aspekte bei der Behandlung alter Diabetespatienten berücksichtigt werden müssen, diskutieren Experten auf der Pressekonferenz der 6. Diabetes Herbsttagung vom 16. bis 17. November 2012 im ICC Berlin.

Besonders gefährlich ist für Senioren die Hypoglykämie, umgangssprachlich Unterzuckerung genannt. Nach Ergebnissen der Live-Geri-Studie, in der Daten aus 32 ambulanten und 40 stationären Pflegeeinrichtungen ausgewertet wurden, kommt diese recht häufig vor: 6,2 Prozent der Senioren hatten eine schwere Hypoglykämie. „Die Betroffenen fühlen sich dann hilflos, können leicht stürzen und sind akut gefährdet, einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zu erleiden“, erläutert Dr. med. Ann-Kathrin Meyer, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Diabetes und Geriatrie der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und Chefärztin der Abteilung für Geriatrie an der Asklepios Klinik Wandsbek, Hamburg. „Typische Warnzeichen der Unterzuckerung wie Zittern oder Schwindel bringen sie oft nicht mit dem Diabetes in Verbindung, sondern schieben sie auf ihr Alter oder andere Erkrankungen.“ Über diese Symptome sollte der behandelnde Arzt unbedingt aufklären.
Bei alten Menschen ist es besonders wichtig, die Hypoglykämie zu verhindern. Was bei Jüngeren in der Diabetestherapie gut funktioniert, ist für ältere Menschen zum Teil nicht geeignet. Alten Menschen beispielsweise zur Behandlung des Diabetes mehr Bewegung zu empfehlen, ist in der Praxis häufig nicht zielführend. Manche Patienten sind durch eine Hüft- oder Knie-Arthrose stark eingeschränkt. Auch in Jahrzehnten gefestigte Ernährungsgewohnheiten können nur begrenzt beeinflusst werden. „Deshalb sollte die Therapie in erster Linie bei der Gabe der Medikamente ansetzen und auf die optimale Einstellung des Blutzuckers abzielen“, betont Meyer. Bei alten Menschen müssten verschiedene Aspekte berücksichtigt werden, ergänzt die Expertin. Haben sie mehrere Krankheiten und müssen eine Vielzahl von Medikamenten einnehmen, müssen mögliche Wechselwirkungen bedacht werden. Bei jedem Arztbesuch sollte der Patient daher eine komplette Liste seiner Medikament mitbringen und mit dem Arzt darüber sprechen.

Die medikamentöse Diabetestherapie muss individualisiert, möglichst einfach und praxistauglich sein. Nüchtern sollte der Blutzucker Werte zwischen 120 und 180 mg/dl aufweisen. Zum Vergleich: Das für Jüngere gültige Ziel für den Nüchtern-Blutzucker liegt bei 60 – 100 mg/dl, 140 mg/dl zwei Stunden nach einer Mahlzeit. Der Langzeitwert, auch HbA1c-Wert genannt, sollte bei Senioren um 7 bis maximal 8 Prozent betragen und ist damit ebenfalls deutlich höher als die pauschale Empfehlung eines Wertes von
Alte Menschen mit Diabetes zu behandeln, erfordert ein dauerhaft auslotendes Vorgehen. Dr. Meyers Therapie-Motto bei der Dosisfindung der Medikamente orientiert sich an dem geriatrischen Grundsatz: “Start low, but go and go for enough.“ Niedrig beginnen, langsam steigern bis zu dem Punkt, an dem die optimale Dosis gefunden wird. Mit diesem Therapieverfahren lassen sich, so die Expertin, die meisten Komplikationen vermeiden beziehungsweise rechtzeitig erkennen.

Terminhinweis:

Pressekonferenz der DDG im Rahmen der 6. Herbsttagung
Termin: Freitag, 16. November 2012, 12.30 bis 13.30 Uhr
Ort: Raum 43 im ICC Berlin

Vorläufiges Programm:

Neues DDG Zertifikat: Wie Kliniken sich auf die „Nebendiagnose Diabetes“ spezialisieren können
Professor Dr. med. Stephan Matthaei
Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), Chefarzt des Diabetes-Zentrums am Christlichen Krankenhaus Quakenbrück (CKQ)

Programm-Highlights der Diabetes Herbsttagung: Neues aus der Forschung für die Praxis
Professor Dr. med. habil. Peter Schwarz
Tagungspräsident, Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden

Diabetes bei geriatrischen Patienten: Was ist anders, was ist schwierig?
Dr. med. Ann-Kathrin Meyer
Chefärztin der Abteilung Geriatrie Asklepios Klinik Wandsbek, Hamburg, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Diabetes und Geriatrie der DDG

Individualisierte Diabetesprävention und Therapie: Wie können neue Studienergebnisse helfen?
Professor Dr. med. Dr. h. c. Hans-Ulrich Häring, Mitglied des Vorstands des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung am Helmholtz Zentrum München

Personalisierte Medizin: Wie bringt man Menschen mit Diabetes in Bewegung?
Univ.-Professorin Dr. Petra Wagner
Direktorin des Instituts für Gesundheitssport und Public Health, Leipzig

Zuckerkrank und Autofahren: Was tun, wenn der Blutzuckerspiegel absinkt?
Dr. med. Hermann Finck, Niedergelassener Diabetologe, Schenklengsfeld, stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses Soziales der DDG
Kontakt für Journalisten:
Dagmar Arnold, Corinna Spirgat
Kongress-Pressestelle DDG 2012
Pf 30 11 20, 70451 Stuttgart
Tel.: 0711 8931-380 oder – 293, Fax: 0711 8931-167
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Julia Voormann idw

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