Tumor-Signalwege blockieren

Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie untersuchen derzeit einen neuen Ansatz zur Therapie von Brustkrebs: Sie wollen die Aktivität des so genannten ErbB-Rezeptors unterdrücken. Dieses Molekül auf der Oberfläche von Krebszellen ist für das Tumorwachstum verantwortlich.

Die Forscher wollen jedoch nicht das Wachstumsmolekül selbst angreifen, sondern ein Partnermolekül, ohne das der ErbB-Rezeptor nicht funktioniert. Die Erkenntnisse sollen als Grundlage für effektivere Therapien gegen die Krebserkrankung dienen. Die Deutsche Krebshilfe fördert das Forschungsprojekt mit 236.000 Euro.

Jede Körperzelle verfügt über ein äußerst komplexes Wahrnehmungssystem: So genannte Rezeptoren, also Eiweiße, die wie Antennen aus der Zelloberfläche hervorragen, überwachen die Umgebung der Zelle. Nehmen die Rezeptoren einen bestimmten Reiz von außerhalb wahr, etwa einen bestimmten chemischen Botenstoff, so wird diese Information direkt an das Zellinnere weitergeleitet. Dadurch werden bestimmte Gene an- oder abgeschaltet.

Zu diesen Botenstoffen gehört auch der so genannte epidermale Wachstumsfaktor EGF. Dieser stößt eine Signalkette an, die die Zelle dazu bringt, sich zu teilen. Die passende Zell-Antenne, der ErbB-Rezeptor, ist in vielen Tumorarten überaktiv, etwa bei Lungen-, Eierstock- oder Brustkrebs. Die Folge: Das Wachstumssignal wird zu häufig übertragen, und es kommt zu einer beschleunigten Zellteilung – der Tumor wächst unkontrollierbar. Seit langem arbeiten Forscher daran, die Aktivität dieses Teilungs-Rezeptors bei Krebszellen zu unterdrücken.

Das Team um PD Dr. Véronique Orian-Rousseau vom Institut für Toxikologie und Genetik des Forschungszentrums Karlsruhe verfolgt nun eine neue Strategie: Sie greifen nicht den ErbB-Rezeptor selbst an, sondern ein wichtiges Partnermolekül. Denn die Zellteilung zu regulieren ist für den Körper so wichtig, dass sie zusätzlich gesichert ist: Um aktiv zu werden, benötigt der ErbB-Rezeptor noch ein weiteres Signal – ein als Ko-Rezeptor bezeichnetes Oberflächenmolekül. Rezeptor und Ko-Rezeptor verbinden sich, sobald der passende Botenstoff andockt, und werden so aktiv.

Die Wissenschaftler vermuten, dass das Eiweiß mit dem wissenschaftlichen Namen CD44 als Ko-Rezeptor für das Wachstum von Brustkrebstumoren arbeitet. „Wir wollen die Interaktion von CD44 und des ErbB-Rezeptors unterdrücken“, erläutert Orian-Rousseau. „Gelingt es uns, mit diesem Ansatz den Rezeptor zu blockieren, könnte das zu völlig neuen Therapiestrategien gegen Brustkrebs führen.“

„Derzeit erkranken in Deutschland pro Jahr etwa 59.000 Frauen an Brustkrebs“, betont Gerd Nettekoven, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krebshilfe. „Daher ist es wichtig, neue und innovative Therapiemöglichkeiten gegen diese Krebserkrankung zu entwickeln.“

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Hintergrund-Information: Krebsforschung

Die Fortschritte in der Krebsforschung haben dazu beigetragen, neue wirkungsvollere Therapien gegen Krebs zu entwickeln und bestehende Behandlungsansätze weiter zu optimieren. So konnten die Überlebenschancen und die Lebensqualität krebskranker Menschen in den vergangenen Jahren stetig verbessert werden. Diese Erfolge sind im Wesentlichen auch der Deutschen Krebshilfe zu verdanken, denn die gemeinnützige Organisation ist der bedeutendste private Förderer der Krebsforschung in Deutschland. Allein 2010 investierte die Deutsche Krebshilfe über 35 Millionen Euro in die onkologische Forschung. Ziel ist es, im Sinne einer optimalen Patientenversorgung vielversprechende Ergebnisse aus der Forschung schnell und effizient den Betroffenen zu Gute kommen zu lassen.

Media Contact

Dr. med. Eva M. Kalbheim Deutsche Krebshilfe e. V.

Weitere Informationen:

http://www.krebshilfe.de

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