Tödliches Wachstum

Trotz eingesetzter Hormontherapie entwickelt fortgeschrittener Prostatakrebs nach einer bestimmten Zeit wieder sein tödliches Wachstum. Direkt verantwortlich dafür sind bestimmte Proteine.

Das konnte ein junges österreichisch-tschechisches Forscherteam nun bestätigen. Die Zeitschrift „The Prostate“ berichtet darüber online vorab. Das Karzinom der Vorsteherdrüse (Prostata) ist in Europa nach Lungen- und Darmkrebs die häufigste Krebstodesursache bei Männern.

Bekannt war bisher, dass die so genannten „Kofaktoren“ „p300“ und „CBP“ im Gewebe des fortgeschrittenen Prostatakarzinoms in hohen Konzentrationen auftreten. Das „CREB-Binding Protein“, kurz „CBP“ und das Protein p300 sind Koaktivatoren der Transkription, also jenem Prozess, der auch beim gesunden Gleichgewicht zwischen Zellteilung und Zelltod im Körper abläuft. „Bei Krebs sind diese Prozesse fehlgesteuert. Die hohe Konzentration dieser Proteine in kanzerogenem Gewebe der Prostata wurde daher bisher indirekt mit einer schlechten Prognose in Verbindung gebracht.

„Wir wissen nun, dass diese Eiweißstoffe ein direkter Ansatzpunkt für neue Therapien sein könnten“, erklären der Molekular-Pathologe Prof. Zoran Culig von der Universitätsklinik für Urologie der Medizinischen Universität Innsbruck und der Biologe Jan Bouchal vom „Institute of Molecular and Translational Medicine“ der Palacký-Universität im tschechischen Olmütz uni sono.

Therapie verbessern ist langfristiges Ziel

Einfach erklärt entschärfen diese Proteine über komplexe zelluläre Kommunikationswege die Hormontherapie, damit jene Waffe, die die Medizin bisher vorwiegend bei fortgeschrittenem Prostatakarzinom einsetzt. Das ist der Grund dafür, weshalb alle Patienten, bei denen der Tumor bereits gestreut hat, gegen die Therapie resistent werden“, sagt Culig. Gemeinsam mit dem Nachwuchswissenschaftler Frederic R. Santer (32) aus der Innsbrucker Gruppe Culigs gelang dem insgesamt sechsköpfigen österreichisch-tschechischen Team in einem eigens entwickelten Zellkulturmodell nun der Nachweis, dass p300 und CBP im Tumorgewebe an Östrogenrezeptoren-beta binden. Dies führt im späten Stadien des Prostatakarzinoms zu progressivem Tumorwachstum.

Langfristiges Ziel der Forschungen ist eine Verbesserung der endokrinen Therapie, „die Entwicklung von Substanzen, die die Interaktion zwischen den Rezeptoren und Koaktivatoren blockieren bzw. die Expression von Koaktivatoren reduzieren“, sagt Culig. Gefördert werden diese Forschungen vom tschechischen Bildungs- sowie Gesundheitsministerium, von der EU und vom österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF).

Häufiger Krebs gibt Rätsel auf

Das mit einem Durchschnittsalter von rund 30 Jahren junge Team Culigs ist eine weniger Gruppen in Mitteleuropa, die Grundlagenforschung zu Entstehung und Wachstum des Prostatakarzinoms leistet und international in letzter Zeit wiederholt mit international renommierten Beiträgen in der Scientific Community für Aufsehen sorgte. Die Forschungskooperation auf der Achse Österreich-Tschechien wird derzeit ausgebaut. Unter anderem sollen die unterschiedlichen Implikationen der Bindung und Aktivierung des Östrogenrezeptors-beta beim Prostatakarzinom in Zukunft intensiv erforscht werden.

Mit der Diagnose Prostatakrebs muss jeder zehnte Mann in Europa in seinem Leben rechnen. Alleine in Österreich sterben daran 1.200 Männer jährlich. Bisher ist nicht vollständig geklärt, weshalb das Gewebe der Vorsteherdrüse plötzlich unkontrolliert wächst. Gesichert ist bisher die Schlüsselrolle des Androgenrezeptors bei der Entstehung solcher Tumoren. In gesunden Prostata-Zellen reguliert der Androgenrezeptor das normale Gleichgewicht zwischen Zelltod und Zellwachstum. Dieses Gleichgewicht ist in Prostatakrebszellen gestört, dadurch kommt es zu unkontrolliertem Wachstum. Wird Prostata-Krebs frühzeitig erkannt, ist er gut behandelbar. Um das unkontrollierte Zellwachstum in der Prostata zu hemmen, setzt die Medizin seit den 1960er Jahren Hormone ein.

Publikation:

Transcriptional Coactivators p300 and CBP stimulate Estrogen Receptor-Beta Signalling and regulate cellular events in Prostate Cancer. J. Bouchal, F. R. Santer, P. P . S. Höschele, E. Tomastikova, H. Neuwirt and Zoran Culig, The Prostate, Epub ahead of print.

http://dx.doi.org/10.1002/pros.21257

Bilder: auf Anfrage direkt bei Mag. Gabriele Rampl

Kontakt:
Prof. Zoran Culig
Medizinische Universität Innsbruck
Universitätsklinik für Urologie
Anichstrasse 35, A-6020 Innsbruck
Tel.: ++43/512/504 – 24717
Email: zoran.culig@i-med.ac.at
Mag. Gabriele Rampl
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