Schütteln von Säuglingen ist lebensgefährlich!

Eine interdisziplinäre Projektgruppe an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) klärt über schwere gesundheitliche Schäden auf, die durch das Schütteln von Babys verursacht werden. „Schütteln von Säuglingen ist lebensgefährlich!“, betonen die Forscherinnen der Gruppe.

In einer Öffentlichkeitskampagne informierten sie Eltern und Betreuungspersonen, dass das Schütteln von Säuglingen und Kleinkindern schwerste Hirnschäden mit bleibenden Behinderungen, ja gar den Tod des Kindes zur Folge haben kann. Der Erfolg der Aufklärung wird wissenschaftlich in Kooperation mit Mitarbeiterinnen des Stiftungslehrstuhls für Prävention und Rehabilitation der MHH evaluiert. „Erfolgreiche Aufklärung über diese Gefahren kann die gefährlichen Folgen des Schütteltraumas deutlich reduzieren“, sind sich die Forscherinnen sicher.

Fachkreise sprechen vom Schütteltrauma oder Shaken Baby-Syndrom (SBS). Im deutschsprachigen Raum gibt es wenige Initiativen zum Schutz des Kindes vor dem Schütteltrauma. Die wenigen bisher publizierten internationalen Studien gehen von 15 bis 30 Fällen pro 100.000 Kinder jährlich aus.

Den MHH-Forscherinnen ist es gelungen, für die breit gefächerte Aufklärungskampagne unter anderem die Unterstützung der Techniker Krankenkasse, der Industrie und lokaler Stiftungen zu gewinnen. Ein großer Teil der Kosten wurde von der Appenrodt-Stiftung übernommen, kleinere Beträge wurden unter anderem von der Sparkasse Hannover, der Volksbank Hannover, sowie der Fa. B. Braun beigesteuert. Von Februar bis August 2008 wurden in Kinder- und Frauenarztpraxen, Kindertagesstätten, Kliniken, Apotheken und Beratungsstellen Informationsbroschüren ausgelegt und Poster aufgehängt. Zusätzlich wurden Informationen über das Fahrgast-Fernsehen der Üstra ausgestrahlt. Eltern und Betreuungspersonen von Säuglingen und Kleinkindern wurden auf diese Weise aufgeklärt, wie ein Schütteltrauma entsteht und welche schweren Folgen es haben kann. „Manche wählen sogar diese Form des Bestrafens, weil sie ihr Kind nicht schlagen wollen“, sagt Maria-Jantje Brinkhaus, Mitarbeiterin der interdisziplinären Arbeitsgruppe Perinatale Neuroepidemiologie. Eltern – oft verzweifelt und überfordert – finden in der Broschüre Ratschläge und Hilfsangebote. „Vielen Eltern ist die Gefährlichkeit des Schüttelns nicht bewusst“, berichtet PD Dr. Anette Debertin, Fachärztin für Rechtsmedizin. „Das möchten wir unbedingt ändern!“

Die Forscherinnen hatten vor den breit angelegten Aufklärungsmaßnahmen mit einer Fragebogenaktion ermittelt, was Eltern und Betreuungspersonen über das Schütteltrauma bekannt ist. Der Fragebogenrücklauf war außergewöhnlich hoch – 1.379 von 1.620 Fragebögen. Im Anschluss an die Aufklärungskampagne wurde der Wissenstand in den Praxen erneut abgefragt, um die Wirksamkeit der Studie zu überprüfen.

Privatdozentin Dr. Dorothee Bartels, Epidemiologin, erklärt: „Es ist nicht bekannt, ob mit einer so groß angelegten Aufklärungskampagne der Wissensstand überhaupt verbessert werden kann. Zudem können nur so Informationsdefizite erkannt und gezielt behoben werden: Wir sind sehr dankbar für die hohe Bereitschaft der Eltern und Betreuungspersonen, sich mit dem Schütteltrauma zu befassen.“ Dies ist auch darin begründet, dass in den Medien immer wieder über die schlimmsten Fälle mit Todesfolge berichtet wird.

Mit ersten Ergebnissen zu dem Erfolg der Kampagne ist im Frühjahr 2009 zu rechnen. „Unser langfristiges Ziel ist es, dass diese Aufklärung über die gefährlichen Folgen des Schüttelns aktiv von allen mit der Betreuung von Säuglingen und Kleinkindern befassten Personen wie Ärzten, Hebammen und Pflegepersonal weitergeführt wird, um die betroffenen Kinder und Familien vor den schweren Folgen zu schützen“, sagt Kinderärztin Professorin Dr. Christiane Dammann.

Weitere Informationen erhalten Sie über schuetteltrauma@mh-hannover.de, Telefon (0511) 532-4441 oder im Internet unter www.schuetteln-ist-lebensgefaehrlich.de

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Stefan Zorn idw

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