Die Rolle der individuellen Strahlenempfindlichkeit

Wenn Menschen Strahlung ausgesetzt sind, steigt das individuelle Risiko, an Krebs zu erkranken. Doch was genau passiert währenddessen in den körpereigenen Zellen? Welchen Gefahren sind Patienten bei einer Therapie und Diagnoseerstellung mit Strahlung ausgesetzt? In welchen Dosen sind diese Strahlen unbedenklich für die Patientengesundheit?

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit rund 2,6 Millionen Euro geförderte Projekt zur Erforschung der „Intrinsischen Strahlenempfindlichkeit: Identifikation, Mechanismen und Epidemiologie“ (ISIMEP) soll Antworten geben.

Das auf drei Jahre angelegte interdisziplinäre Verbundprojekt ist im September unter Federführung der Universitätsmedizin Mainz in Kooperation mit der TU Darmstadt, der Universität Bremen und dem Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München gestartet.

„Noch ist weitgehend unerforscht, wie sich ionisierende Strahlung im Niedrigdosisbereich auf den menschlichen Organismus auswirkt. Wir wissen nur wenig darüber, welche individuellen Faktoren die Strahlenempfindlichkeit von gesundem Gewebe oder von Tumorgewebe verändern können. Tatsächlich wollen wir verstehen, ob und wie Strahlen bereits in niedriger Dosierung den Prozess der Krebsentstehung beeinflussen“, sagt Univ.-Prof. Dr. Maria Blettner, Direktorin des Instituts für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI) der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Professor Blettner leitet zusammen mit Univ.-Prof. Dr. Heinz Schmidberger von der Klinik und Poliklinik für Radioonkologie sowie Strahlentherapie der Universitätsmedizin den neuen Forschungsverbund.

Das Hauptziel von ISIMEP ist es, herauszufinden, welche Rolle die Strahlenempfindlichkeit, die von Person zu Person unterschiedlich sein kann, beim Entstehen von Krebs spielt. „Wir gehen davon aus, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit genetische Faktoren zelluläre Schutz- und Reparaturmechanismen beeinflussen. Doch inwieweit sich diese Faktoren und Mechanismen bei niedriger Strahlenexposition auswirken, ist größtenteils unbekannt“, bemerkt Professor Blettner.

Der zentrale Nutzen von ISIMEP ist laut Professor Blettner ein aussagekräftiges Verfahren zu entwickeln, mit dem sich die individuelle Strahlenempfindlichkeit prognostizieren lässt. Eine der grundlegenden Fragen von ISIMEP ist: Wie wirkt sich die Strahlung im Computertomographen (CT) auf das Krebsrisiko bei Kindern aus? Das ist zugleich die zentrale Fragestellung eines von sieben wissenschaftlichen Teilprojekten von ISIMEP. In diesem Teilprojekt sammeln die beteiligten Wissenschaftler mittels einer groß angelegten Kohortenstudie umfangreiche Daten von Kindern mit CT-Untersuchungen (KiCT) aus verschiedenen Kliniken in Deutschland. Diese Daten werten sie zusammen mit den Daten des Deutschen Kinderkrebsregisters des IMBEI aus. Die Erkenntnisse, die das IMBEI in Kooperation mit dem Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin der Universität Bremen sowie dem Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München gewinnen wird, sollen helfen, den Strahlenschutz zu verbessern.

„Denkbar ist, die Strahlendiagnostik und -therapie im Hinblick auf die Strahlendosis auf den Patienten individuell zuzuschneiden. Damit ist das Ziel verbunden, potentielle Spätfolgen aufgrund einer Strahlenexposition besonders strahlenempfindlicher Personen zu reduzieren“, so die IMBEI-Direktorin. Dazu müssen aber Professor Blettner zufolge weitere Faktoren identifiziert werden, welche die individuelle Strahlensensibilität erkennen lassen. Dieses Forschungsziel verfolgen sechs weitere Teilprojekte, in die das Institut für Strahlenbiologie und DNA-Reparatur der TU Darmstadt und seitens der Universitätsmedizin Mainz das IMBEI, das Institut für Toxikologie, die Klinik und Poliklinik für Radioonkologie sowie Strahlentherapie, das Institut für Physiologie und Pathophysiologie, die Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin und der Schwerpunkt Endokrinologie und Stoffwechselerkrankungen der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik eingebunden sind. Innerhalb einer neu angelegten Fall-Kontroll-Studie zu Krebserkrankungen im Kindesalter und molekularer Epidemiologie (KIKME) sollen darüber hinaus die gewonnenen molekular-biologischen Ergebnisse zusammengeführt und molekular-epidemiologisch untersucht werden.

Mit ISIMEP geht der Anspruch einher, belastbare Daten zu Dosis-Wirkungs-Beziehungen zu erheben. Zudem soll das Projekt Erkenntnisse liefern wie die Reparatur- und Kontrollprozesse in Zellen bei Strahlenaussetzung ablaufen. Des Weiteren will das ISIMEP-Team so genannte genetische Vorprägungen und biologische Marker für die Strahlenempfindlichkeit und für die aufgenommene Strahlenmenge untersuchen.

In dem Verbundprojekt kooperieren Epidemiologen, Biologen, Physiker, Strahlentherapeuten und Mediziner eng miteinander. Das ISIMEP-Team setzt sich aus insgesamt 30 Mitarbeitern zusammen. Die Gesamtkoordination des Projektes erfolgt durch Dr. Manuela Marron vom IMBEI der Universitätsmedizin Mainz. Der Wissenschaftliche Vorstand der Universitätsmedizin Mainz, Univ.-Prof. Dr. Dr. Reinhard Urban, ist überzeugt, dass ISIMEP zentrale Fragen im Bereich der Strahlenforschung beantworten kann: „Der interdisziplinäre Ansatz von ISIMEP ist viel versprechend. Denn in diesem Forschungsprojekt kommt es zu einer Vernetzung und Stärkung der hohen Kompetenz der Verbundpartner in der Strahlenforschung.“

Kontakt
Dr. Manuela Marron, PhD
ISIMEP-Projektkoordinatorin
Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI)
Telefon 06131 17-6853, Fax 06131 17-2968
E-Mail: manuela.marron@unimedizin-mainz.de
Internet: http://www.imbei.uni-mainz.de/
Pressekontakt
Dr. Renée Dillinger-Reiter
Stabsstelle Kommunikation und Presse, Universitätsmedizin Mainz,
Telefon 06131 17-7428, Fax 06131 17-3496, E-Mail: pr@unimedizin-mainz.de
Über die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist die einzige Einrichtung dieser Art in Rheinland-Pfalz. Mehr als 60 Kliniken, Institute und Abteilungen sowie zwei Einrichtungen der medizinischen Zentralversorgung – die Apotheke und die Transfusionszentrale – gehören zur Universitätsmedizin Mainz. Mit der Krankenversorgung untrennbar verbunden sind Forschung und Lehre. Rund 3.500 Studierende der Medizin und Zahnmedizin werden in Mainz kontinuierlich ausgebildet. Weitere Informationen im Internet unter www.unimedizin-mainz.de

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Caroline Bahnemann idw

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