Rätselhafte Influenzaviren

Wissenschaftler des Robert Koch-Instituts haben in einem Forschungsprojekt eine wichtige Hypothese für die hohe Sterblichkeitsrate überprüft und konnten zeigen, dass sie nicht zutrifft. Die Arbeit wurde in der angesehenen Fachzeitschrift Journal of Virology veröffentlicht, zusammen mit Forschern des Friedrich-Loeffler-Instituts und der Freien Universität Berlin (Journal of Virology 84, Ausgabe 20/2010, S. 10708-10718).

Das so genannte hochpathogene aviäre Influenzavirus A/H5N1 (aviär, von aves = Vogel) gilt seit Ende der Neunzigerjahre als wichtigster „Kandidat“ zur Auslösung einer Influenzapandemie. Vor allem in Asien, zuletzt verstärkt in Ägypten, infizieren sich gelegentlich Menschen durch sehr engen Kontakt zu krankem Geflügel. Von insgesamt 505 Erkrankungsfällen seit dem Jahr 2003 endeten 300 tödlich. Das Virus hat es aber bisher nicht geschafft, leicht von Mensch zu Mensch übertragen zu werden. Es ist zu erwarten, dass eine solche Anpassung sehr wahrscheinlich mit einer deutlichen Verringerung der Sterblichkeit einherginge. Im Jahr 2006 wurden die hochpathogenen aviären Influenza A/H5N1-Viren erstmals in Deutschland bei Schwänen auf Rügen nachgewiesen, Menschen sind in Deutschland bisher nicht erkrankt.

Bei Vogel-Influenzaviren enthält ein bestimmtes Eiweiß, NS1, einen Abschnitt, der Zugang zu den wichtigen zellulären „PDZ-gesteuerten“ Signalnetzwerken ermöglicht. Die NS1-Proteine von humanpathogenen Stämmen (die bei Menschen zirkulieren und sie krankmachen), haben diese Fähigkeit dagegen verloren. Florian Zielecki und Kollegen entwickelten und verglichen daher H5N1-Viren, die sich nur in dem PDZ-Erkennungsmotiv unterschieden. Sie fanden zwischen den Varianten keine nennenswerten Unterschiede in der Virulenz, also der Fähigkeit, Krankheit auszulösen. Auch die Fähigkeit zur Beeinflussung von Interferonen (Proteine mit antiviraler Wirkung), die ein wichtiges Merkmal des NS1-Proteins ist, wurde durch das PDZ-Erkennungsmotiv nicht nennenswert beeinflusst. „Anders als von der Fachwelt bisher vermutet, zeigt diese Studie, dass wir uns zumindest wegen dieses PDZ-Erkennungsmotivs keine Sorgen machen müssen“, sagt der Virologe Thorsten Wolff, im RKI Leiter des Fachgebiets Influenza und Mitautor der Veröffentlichung.

Das Projekt wurde wesentlich durch das „Forschungs-Sofortprogramm Influenza“ (FSI) der Bundesregierung ermöglicht, mit dem von 2006 bis 2009 die Influenzaforschung im Robert Koch-Institut, dem Friedrich-Loeffler-Institut und dem Paul-Ehrlich-Institut verstärkt worden war (siehe auch RKI-Pressemitteilung vom 11.07.2006). Die Arbeiten im Rahmen des FSI haben wichtige Beiträge zur Vorbereitung auf eine Pandemie geleistet, die 2009 mit dem Influenzavirus A/H1N1 („Schweinegrippe“) auch aufgetreten ist (siehe auch RKI-Pressemitteilung vom 24.11.2009).

Mit H und N werden die beiden Eiweiße der Virushülle Hämagglutinin und Neuraminidase abgekürzt. Es gibt 16 H und 9 N-Subtypen in verschiedenen Kombinationen. Sämtliche Subtypen kommen bei Wasservögeln vor, die das Reservoir für Influenzaviren darstellen. In der menschlichen Bevölkerung tritt die Influenza saisonal auf und wurde in den letzten Jahrzehnten von Influenza A-Viren der Subtypen H1N1 und H3N2 sowie von Typ B-Viren hervorgerufen.

Weitere Informationen: www.rki.de > Infektionskrankheiten A-Z

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