Wie "tickt" der Mensch?

Ein Forscherteam der Charité – Universitätsmedizin Berlin hat jetzt einen neuen Regulator der inneren Uhr entdeckt. Diese prägt mit ihrem festen Takt von Wach- und Schlafphasen unseren gesamten biologischen Rhythmus.

Doch welcher Mechanismus sorgt dafür, dass wir abends müde ins Bett gehen und morgens erholt aufwachen? Die Arbeitsgruppe um Prof. Achim Kramer vom Institut für Medizinische Immunologie sucht im menschlichen Gencode nach jenen Rädchen, die unseren eingebauten Taktgeber in Schwung halten.

Erste Ergebnisse präsentiert das Team jetzt in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Genes & Development“*.

Die innere Uhr des Menschen liegt im Gehirn und orientiert sich über den Sehnerv am Einfall des Sonnenlichts. Aber auch unsere Gene beeinflussen den Tag-Nacht-Rhythmus. Bislang waren rund ein Dutzend Uhr-Gene bekannt, doch nun entdeckten die Forscher den Regulator Casein-Kinase 2. Dieses Gen, kurz CK2 genannt, kontrolliert die Aktivität einer bereits bekannten Schlüsselkomponente des natürlichen Uhrwerks, des Period 2. „Period 2 bestimmt, in welcher Phase eines Tages bestimmte biologische Prozesse ablaufen und macht uns somit zum Morgenmenschen oder Nachtschwärmer“, sagt Prof. Kramer.

Bei der Suche nach den regulierenden Genen konzentrierten sich die Forscher zunächst auf jene Klasse von Genen, die für die Stabilität von Proteinen verantwortlich ist. Zur Untersuchung legten sie gezielt einzelne Gene in den Zellen still. Spielt das betroffene Gen eine Rolle, lassen sich direkt Auswirkungen auf den Takt beobachten. Um die Veränderungen genau messen zu können, pflanzten die Forscher den Zellen zuvor ein Enzym aus dem Leuchtkäfer Photinus pyralis ein. Dieses Enzym übersetzt die Aktivität der Gene in Helligkeit. Wie bei einem Pendel wechseln sich bei einem Taktzyklus Leucht- und Dunkelphasen ab. An der Intensität und Häufigkeit des Pendelschlags lässt sich die Aktivität der Uhr-Gene messen.

Das neu entdeckte Gen CK2 – ein alter Bekannter in anderen wichtigen Zellfunktionen, wie der Zellteilung und der Reparatur von DNA – fiel dabei besonders auf. Seine Ausschaltung verlängerte die Tagesdauer in den Zellen um rund zwei Stunden. Wurde es besonders aktiviert, beschleunigte sich die innere Uhr, so dass ein Tageszyklus nur noch 23 Stunden dauerte.

Inwieweit diese Ergebnisse für Patienten mit einer Störung der inneren Uhr – etwa durch Jetlag oder Schichtarbeit – von Bedeutung sind, bleibt abzuwarten. Indes gibt Prof. Kramer bereits die nächsten Ziele vor: „Unsere auf das gesamte Erbmaterial ausgeweitete Suche nach unentdeckten Rädchen im molekularen Uhrwerk läuft bereits auf Hochtouren.“

*Achim Kramer et al.: A large-scale functional RNAi screen reveals a role for CK2 in the mammalian circadian clock. In: Genes & Development, Volume 23(6), March 2009, 708-718.

Kontakt:
Prof. Achim Kramer
Charité – Universitätsmedizin Berlin
Campus Charité Mitte
Institut für Medizinische Immunologie
t: +49 30 450 524 263
URL dieser Pressemitteilung: http://idw-online.de/pages/de/news305470

Media Contact

Kerstin Endele idw

Weitere Informationen:

http://www.charite.de

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