Neuer Wirkstoff zur Behandlung von Patienten mit Dickdarmkrebs und Lebermetastasen

Inzwischen weiß man, dass eine Gruppe von eng miteinander verwandten Eiweißmolekülen, Proteinkinasen genannt, eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Krebs spielt. Kinase-Hemmstoffe werden als innovative Medikamente bereits gegen verschiedene Tumorerkrankungen eingesetzt. An vier Zentren in Deutschland wird jetzt im Rahmen einer klinischen Studie (Phase II) ein neuer Kinase-Hemmstoff zur Behandlung von Patienten mit metastasiertem Dickdarmkrebs (Kolonkarzinom) geprüft.

„Der neue Wirkstoff wird als Erstlinientherapie eingesetzt und soll die Tumorangiogenese, das heißt die Gefäßneubildung und das Wachstum von Tumorgewebe hemmen, indem er über genau definierte Zielstrukturen in die komplexen Signalwege der Zellteilung eingreift“, erklärt Privatdozent Dr. med. Klaus Mross, Geschäftsführender Oberarzt an der Klinik für Tumorbiologie in Freiburg, Studienkoordinator und Leiter der Klinischen Prüfung in Deutschland.

Als Standardbehandlung erhalten Patienten, bei denen ein in die Leber metastasierter Dickdarmkrebs diagnostiziert wurde, bislang in der Regel eine Chemotherapie (FOLFIRI oder FOLFOX mit oder ohne monoklonalen Antikörpern). Diese kann zwar bei einem Teil der Patienten den Krankheitsverlauf in einem gewissen Ausmaß zu verzögern, der Therapieerfolg ist jedoch meist nur vorübergehend.

Der neue Wirkstoff Sunitinib ist ein Multikinase-Hemmstoff, der in der Lage ist, mehrere wichtige Signalwege, die für das Tumorwachstum wichtig sind, zu blockieren. Die Substanz gehört nicht zur Gruppe der klassischen Zytostatika. Das heißt sie greift nicht unspezifisch alle Zellen an, sondern ihr Wirkprinzip konzentriert sich vor allem auf die Hemmung der Gefäßneubildung (Angiogenese-Inhibition).

Etwa 50 Patienten mit Dickdarmkrebs und Lebermetastasen wurden bislang im Rahmen einer Phase I Studie mit diesem Medikament in Kombination mit FOLFIRI behandelt. „Die Ergebnisse der Studie wurden auf zwei großen internationalen Kongressen im Juni 2008 (ASCO) und September 2008 (ESMO) vorgestellt. Die dabei erfolgten Beobachtungen zeigten eine im Wesentlichen gute Verträglichkeit. Unerwartete schwerwiegende Nebenwirkungen sind nicht aufgetreten“, so Mross. „Die bisher bekannten Wirksamkeitsdaten sind exzellent und rechtfertigen die breite klinische Entwicklung dieser Kombination.“

Stichwort: CESAR
Die Studie findet im Rahmen des europäischen Netzwerks für onkologische Zentren, CESAR (Central European Anticancer Drug Research (www.cesar.or.at) statt. Insgesamt können in vier Zentren in Deutschland Patienten mit in die Leber metastasiertem Dickdarmkrebs, die zum ersten Mal eine antitumorale Therapie erhalten, daran teilnehmen.
Stichwort: Proteinkinase-Hemmstoffe
Derzeit sind mehr als 500 Proteinkinasen bekannt. Kinasen leiten Zellsignale weiter und beeinflussen zahlreiche biologische Prozesse im Körper. Eine Reihe von Kinasen steht im Verdacht, bei Krebs, Entzündungsprozessen oder kardiovaskulären Erkrankungen eine zentrale Rolle zu spielen. Die Proteinkinasen bilden ein komplexes Netzwerk, das bei diesen Erkrankungen gestört ist. Durch Medikamente, die einzelne Proteinkinasen hemmen, kann inzwischen das Tumorwachstum therapeutisch beeinflusst werden. Der Durchbruch für diese neue Generation von Medikamenten gelang mit einem Wirkstoff, der 2001 gegen Chronisch Myeloische Leukämie und 2002 gegen Gastrointestinale Stromazelltumoren (GIST) zugelassen wurde. Inzwischen sind weitere Multikinaseinhibitoren für das Nierenzellkarzinom und den GIST zugelassen.
Kontakt:
PD Dr. Klaus Mross
Geschäftsführender Oberarzt
Leiter Klinische Studien
Klinik für Tumorbiologie
Breisacher Str. 117
79106 Freiburg
Tel.: 0761 206 1220
pdir@tumorbio.uni-freiburg.de

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Barbara Riess idw

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