Neuer Test für Blasenkrebs

Rund 30.000 Menschen erkranken jedes Jahr in Deutschland neu an Blasenkrebs. Die Krankheit ist damit die vierthäufigste Krebsart nach Lungen- und Darmkrebs sowie Prostatakrebs beim Mann beziehungsweise Brustkrebs bei der Frau.

Den Betroffenen wird in der Regel das Tumorgewebe in einer Operation entfernt; weitergehende Maßnahmen wie erneute Operationen, lokale Chemotherapie und regelmäßige Blasenspiegelung in der Folge sind häufig erforderlich. Haben sich bereits Metastasen im Körper eines Patienten ausgebreitet, sind die Überlebenschancen gering. Die Krankheit möglichst früh zu erkennen, ist daher sehr wichtig.

Der neue Marker

Auf dem Weg dorthin ist Wissenschaftlern der Universitäten Würzburg und Freiburg jetzt ein wichtiger Schritt gelungen: Sie haben einen neuen Marker identifiziert, der das sogenannte Transitionalzellkarzinom (TCC) der Harnblase nachweisen kann. Bei TCC handelt es sich um die mit circa 95 Prozent aller Fälle häufigste Form von Blasenkrebs.

„Wir konnten zeigen, dass das Protein LASP-1 bei an TCC erkrankten Patienten im Urin nachweisbar ist“, sagt Professorin Elke Butt-Dörje, kommissarische Leiterin des Instituts für Klinische Biochemie und Pathobiochemie der Universität Würzburg. Das Protein stelle somit einen viel versprechenden Blasenkrebs-Marker da.

Gemeinsam mit ihrem Freiburger Kollegen, dem Urologen Dr. Peter Ardelt, hat die Würzburger Professorin einen Marker für LASP-1 entwickelt und an 130 Patienten getestet. Das Ergebnis: „Unsere Studien haben gezeigt, dass der Marker eine sehr hohe Sensitivität aufweist, also Personen, die an Blasenkrebs erkrankt sind, sehr zuverlässig erkennt“, sagt Butt-Dörje. Darüber hinaus habe der Marker eine sehr hohe Spezifität, das heißt, er stuft gesunde Personen nicht fälschlicherweise als krank ein. Unnötige Gewebeentnahmen und Blasenspiegelungen werden auf diese Weise verhindert. Ein weiteres Plus: Für die Untersuchung reicht eine geringe Menge an Urin; eine Blutabnahme oder gar eine Blasenspiegelung ist nicht notwendig.

Patent angemeldet

Unterstützt von Dr. Iris Zwirner-Baier, Erfinderberaterin und Patentmanagerin am Servicezentrum Forschung und Technologietransfer der Universität Würzburg, haben die Wissenschaftler ihre Erfindung inzwischen zum Patent angemeldet. Die Bayerische Patentallianz GmbH, die zentrale Patent- und Vermarktungsagentur bayerischer Universitäten und Fachhochschulen, präsentiert das Produkt aktuell auf der BioVaria 2012 in München. Dort können Vertreter der Pharma-, Biotech- und Risikokapital-Branche sich über die neuesten Erfindungen der lebenswissenschaftlichen Forschung informieren und die entsprechenden Lizenzen erwerben.

Die nächsten Schritte

Die Arbeit der Wissenschaftler ist damit allerdings noch nicht beendet. „Wir sind momentan dabei, den Kreis der Studienteilnehmer zu erweitern“, sagt Elke Butt-Dörje. An 500 Patienten wollen sie den Marker auf seine Zuverlässigkeit testen, um zu noch aussagekräftigeren Zahlen zu gelangen und damit auch den Vergleich mit bereits existierenden Testmethoden zu bestehen, die schon lange auf dem Markt sind und folglich bereits an vielen Patienten zum Einsatz kamen.

„Unser Marker ist deutlich besser als alle anderen Urin-basierten Tumormarker“, ist sich die Wissenschaftlerin sicher. In 85 Prozent aller Fälle habe er den Blasenkrebs sicher vorhergesagt – ein sehr guter Wert, der deutlich über dem bisheriger Testverfahren liege.

Außerdem wollen die Forscher eine andere Analysemethode entwickeln, die schneller und klinisch einfacher einsetzbar ist. Das bisherige Verfahren ist vergleichsweise aufwändig und benötigt 24 Stunden, bis das Testergebnis vorliegt.

Ob dieser Test in ein paar Jahren zum Routineprogramm bei Vorsorgeuntersuchungen gehören wird? Daran hat Elke Butt-Dörje ihre Zweifel, immerhin sind damit ja auch nicht ganz unerhebliche Kosten verbunden. Das müssten allerdings die Krankenkassen entscheiden. Als Standardverfahren zur Kontrolle nach einer Blasenkrebserkrankung sei der Test jedoch sinnvoll. Er könne schnell und relativ zuverlässig darüber Auskunft geben, ob sich bei dem Patienten erneut ein Tumor gebildet habe oder ob er sich als geheilt betrachten kann.

Bayerische Patentallianz GmbH

Die Bayerische Patentallianz GmbH vermarktet als zentrale Patent- und Vermarktungsagentur von 28 bayerischen Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften die Erfindungen von mehr als 18.000 Wissenschaftlern. Dabei unterstützt sie die Wissenschaftler, ihre Erfindung zu schützen und anschließend kommerziell zu nutzen. Für die Industrie stellt sie einen einzigartigen Zugang zum größten Technologiepool Bayerns bereit. Dank der hohen Forschungsqualität der bayerischen Universitäten und Hochschulen verfügt die Bayerische Patentallianz GmbH über zahlreiche innovative und schutzrechtlich gesicherte Erfindungen aus den Bereichen Life Sciences und Physical Sciences.

BioVaria 2012

Rund 70 Erfindungen von Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen aus Deutschland und Europa werden am 15. Mai in München unter dem Motto „Europe´s Next Top Technologies“ vorgestellt. Dort können sich Firmenvertreter einen schnellen Überblick über die neuesten Technologien verschaffen und wissenschaftliche Details direkt mit den Erfindern diskutieren. Die vorgestellten patentgeschützten Technologien befinden sich bereits in einem fortgeschrittenen Entwicklungsstadium und können kommerziell nutzbar gemacht werden. Die Projekte kommen dabei aus den Bereichen Diagnose und Behandlung von Krebs, von Herz- und Kreislauferkrankungen sowie weiteren Krankheiten.

Kontakt
Prof. Elke Butt-Dörje, T: (0931) 31-83174,
E-Mail:butt@klin-biochem.uni-wuerzburg.de

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Gunnar Bartsch idw

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