Neuer HTA-Bericht über die Impfung gegen humane Papillomaviren (HPV) zur Vorbeugung von Gebärmutterhalskrebs

Studien bescheinigen der Impfung demnach einen wirksamen Schutz vor Krebsvorstufen, die von den beiden häufigsten Virustypen verursacht werden. In welchem Ausmaß auch eine langfristige Reduktion der Neuerkrankungszahlen hinsichtlich Gebärmutterhalskrebs erwartet werden kann, ist noch nicht bekannt.

Verfasst hat den Bericht die Autorengruppe um Prof. Wolfgang Greiner (Universität Bielefeld) und Prof. Stefan Willich (Charité Berlin) unter Leitung von Oliver Damm, die das DIMDI im Rahmen seines Programms zur Bewertung medizinischer Verfahren und Technologien (Health Technology Assessment, HTA) damit beauftragt hatte.

Die Autoren empfehlen, begleitend zu den Impfungen Daten zu erheben. Das sei notwendig, um die Impfprogramme zu optimieren und ihre langfristige Sicherheit beurteilen zu können. Auf abschließende Aussagen zur Kosteneffektivität der HPV-Impfung verzichten sie aufgrund der unklaren Dauer des Impfschutzes.

Gebärmutterhalskrebs und Impfung
Tumoren des Gebärmutterhalses sind weltweit die zweithäufigste Krebsform bei Frauen. In Deutschland nehmen sie jedoch nur den elften Rang unter allen Krebsneuerkrankungen und den zwölften Platz unter allen Krebssterbefällen bei Frauen ein. Sie entstehen durch dauerhafte Infektionen mit humanen Papillomaviren – den am häufigsten sexuell übertragenen Krankheitserregern, mit denen sich besonders Frauen unter 30 infizieren. Etwa 70 Prozent aller Zervixkarzinome gehen auf die Virus-Typen 16 und 18 zurück, gegen die seit 2006/07 zwei Impfstoffe vorliegen. In Deutschland empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO), Mädchen im Alter von zwölf bis 17 Jahren möglichst vor dem ersten Geschlechtsverkehr zu impfen.
Wozu impfen?
Eine vollständig durchgeführte Impfung schützt Frauen, die vorher nicht mit HPV 16 oder 18 infiziert waren, zu 98 bis 100 Prozent vor Vorstufen von Gebärmutterhalskrebs, die auf diese beiden HPV-Typen zurückzuführen sind. So lauten die Ergebnisse der dem HTA-Bericht zugrunde liegenden Studien. Offen bleibt jedoch die Frage nach der Dauer dieses Schutzes, da die in den HTA-Bericht eingeschlossenen Untersuchungen über maximal fünf Jahre liefen. Bezüglich der Nebenwirkungen stufen die Autoren die Impfung als sicher ein. Allerdings reichten für zuverlässige Aussagen zu sehr seltenen Nebenwirkungen die Fallzahlen in den Studien nicht aus.

Ob eine HPV-Impfung Häufigkeit und Sterblichkeit von Gebärmutterhalskrebs in Deutschland verringern kann, hängt laut Bericht von vielen Faktoren ab: Neben der klinischen Wirksamkeit und der Dauer der Immunisierung nennen die Autoren besonders die Impfquote und Auswirkungen auf bestehende Screeningprogramme. Wichtig sei, die Teilnahmeraten sowohl an Impfprogrammen als auch Früherkennungsuntersuchungen hoch zu halten. Letzteres gelte auch für geimpfte Frauen. Geeignet dafür seien z.B. schulbasierte Impfprogramme oder Einladungssysteme.

Weiter empfehlen die Autoren, Öffentlichkeit und Zielgruppen ausreichend über HPV, HPV-bedingte Erkrankungen sowie entsprechende Präventionsmöglichkeiten und deren Grenzen zu informieren. Da minderjährige Mädchen geimpft werden und die Infektion beim Geschlechtsverkehr stattfindet, könnten sich insbesondere religiös-konservative Menschen ablehnend verhalten. Es sei entscheidend, dass die Eltern die Impfung ausreichend akzeptieren.

Kosten-Nutzen-Verhältnis noch unklar
Der Bericht zieht verschiedene gesundheitsökonomische Modelle heran. Zwar weichen deren Ergebnisse deutlich voneinander ab. Sie stimmen aber darin überein, dass die Kosten-Effektivität entscheidend von der Schutzdauer der HPV-Impfung abhängt. Da diese bislang ungewiss ist, sei eine abschließende Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der Impfung nicht möglich, so die Autoren. Setzt man eine lebenslange Schutzdauer voraus, erscheine die HPV-Impfung in fast allen Analysen bei Fortführung der derzeitigen Screeningpraxis zwar nicht als kostensparend, jedoch als kosteneffektiv.

Als möglichen Umgang mit der unsicheren Schutzdauer schlagen die Autoren eine Risk- bzw. Cost-Sharing-Vereinbarung zwischen Kostenträgern und Herstellerfirmen der Impfstoffe vor: Letztere könnten sich beispielsweise bereit erklären, die Kosten für eventuell notwendige Auffrischungsimpfungen zu übernehmen.

HTA-Bericht: Impfung gegen humane Papillomaviren (HPV) zur Prävention HPV 16/18 induzierter Zervixkarzinome und derer Vorstufen

Oliver Damm, Marc Nocon, Stephanie Roll, Christoph Vauth, Stefan N. Willich, Wolfgang Greiner

Das DIMDI stellt über das Internet hochwertige Informationen für alle Bereiche des Gesundheitswesens zur Verfügung. Es entwickelt und betreibt datenbankgestützte Informationssysteme für Arzneimittel und Medizinprodukte und verantwortet ein Programm zur Bewertung medizinischer Verfahren und Technologien (Health Technology Assess-ment, HTA). Das DIMDI ist Herausgeber amtlicher medizinischer Klassifikationen wie ICD-10-GM und OPS und pflegt medizinische Terminologien, Thesauri, Nomenklaturen und Kataloge (z. B. MeSH, UMDNS, Alpha-ID, LOINC, OID), die für die Gesundheitstelematik von Bedeutung sind. Das DIMDI ermöglicht den Online-Zugriff auf seine Informationssysteme und 70 Datenbanken aus der gesamten Medizin. Dazu entwickelt und pflegt es moderne Software-Anwendungen und betreibt ein eigenes Rechenzentrum.

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