Neue Substanz zur Schlaganfallprävention bei Patienten mit Vorhofflimmern zugelassen

Einer dieser Kandidaten ist das Arzneimittel Dabigatran, das heute zugelassen wurde. „Die neue, altersbezogene Auswertung der internationalen RE-LY Studie zeigt, dass ältere Patienten von der niedrigeren Dosis profitieren, Patienten unter 80 Jahren jedoch eher mit einer höheren Dosis behandelt werden sollten,“ so einer der federführenden Autoren, Prof. Hans-Christoph Diener von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN).

„Jeder hundertste Mensch leidet bei uns an Vorhofflimmern, bei den über 80-Jährigen ist es sogar jeder Zehnte. “, erläutert Professor Martin Grond, Vorstandsmitglied der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft und der DGN. „Angesichts dieser Zahlen ist es ein großer Fortschritt, dass für diese Patienten bald schon eine neue Generation von Medikamenten bereit steht, die das Risiko von Blutgerinnseln – und damit auch von Schlaganfällen – senken kann, ohne die Betroffenen durch den Zwang zur ständigen Überwachung der Blutgerinnung zu belasten“, so Grond.

Bestärkt wird der Neurologe in dieser Erwartung durch eine neue Auswertung der RE-LY-Studie (Randomized Evaluation of Long-Term Anticoagulant Therapy), die kürzlich in der Fachzeitschrift Circulation veröffentlicht wurde. Mehr als 18.000 Patienten, die wegen Vorhofflimmerns ein erhöhtes Risiko für einen Schlaganfall aufweisen, hatten an dieser Studie in 44 Ländern teilgenommen.

Ein Drittel der Patienten hatte die bislang gebräuchliche Arznei Warfarin erhalten, für die eine engmaschige Kontrolle der Blutgerinnungswerte (INR) erforderlich ist. Warfarin, das nach dem gleichen Prinzip wirkt wie das in Deutschland standardmäßig verabreichte Medikament Phenprocoumon (Marcumar®), wurde verglichen mit Dabigatran – dem ersten aus einer Reihe von Medikamenten, die den Patienten die INR-Messungen ersparen könnten.

Um heraus zu finden, wie man das Schlaganfall-Risiko am besten senken kann, ohne dafür schwere Blutungen als Nebenwirkung in Kauf nehmen zu müssen, wurden in der RE-LY-Studie zwei verschiedene Dosierungen von Dabigatran getestet, nämlich zwei Mal täglich 110 Milligramm und zwei Mal täglich 150 Milligramm.

Ergebnisse der RE-LY Studie
Die bereits im Jahr 2009 im New England Journal of Medicine veröffentliche erste Auswertung der RE-LY-Studie hatte gezeigt, dass mit der niedrigeren Dosis von Dabigatran das Risiko von Schlaganfällen und systemischen Embolien ebenso stark gesenkt wurde, wie mit Warfarin und dass schwerwiegende Blutungen als Nebenwirkung mit 110 Milligramm Dabigatran eindeutig seltener waren. Die höhere Dosis von Dagibatran war dagegen eindeutig besser wirksam als Warfarin, Blutungen traten hier vergleichbar häufig auf wie mit Warfarin.

Zur Verwunderung vieler Experten hatte die bei Arzneimittelzulassungen häufig tonangebende US-Behörde FDA Dabigatran dann im Oktober 2010 zwar in der hohen Dosierung von 150 Milligramm zugelassen, nicht aber mit jeweils 110 Milligramm. Stattdessen wurden für eine kleine Untergruppe von Patienten mit Nierenschäden eine Dosierung von zwei Mal täglich 75 Milligramm genehmigt. „Die Kritik an dieser Entscheidung wird nun durch die neue Auswertung der RE-LY-Daten bestätigt“, so Professor Hans-Christoph Diener, einer der federführenden Autoren der RE-LY Studie. „Die Auswertung nach Alter zeigt, dass beide Dosierungen gebraucht werden. Für Patienten unter 80 Jahren könnten demnach 2 Mal 150 Milligramm Dabigatran täglich den besten Kompromiss aus Wirksamkeit und Sicherheit darstellen, bei den älteren Patienten mit erhöhtem Blutungsrisiko aber sollten die Ärzte erwägen, 2 Mal 110 Milligramm täglich zu verschreiben, um das Risiko extrakranialer Blutungen zu verringern“, so der Direktor der Neurologischen Universitätsklinik in Essen.

Die heute für Deutschland ergangene Zulassung erstreckt sich über die beiden Dosierungen, so dass beide Altersgruppen optimal behandelt werden können.

Hinweis für die Medien: 84. Jahreskongress der DGN in Wiesbaden
Ab dem 28. September 2011 diskutieren in Wiesbaden vier Tage lang rund 4500 Mediziner auf dem jährlichen Neurologen-Kongress neue Therapieoptionen bei neurologischen Erkrankungen. Der Schutz vor Schlaganfällen ist eines der großen Themen dieser Konferenz. Weitere Informationen dazu finden Sie auf http://www.dgn.org/presse und http://www.dgn2011.de.
Quellen
• Eikelboom JW et al. Risk of bleeding with 2 doses of dabigatran compared with warfarin in older and younger patients with atrial fibrillation: an analysis of the randomized evaluation of long-term anticoagulant therapy (RE-LY) trial.Circulation. 2011 May 31;123(21):2363-72. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21576658

• Connolly SJ, Connolly SJ et al. Dabigatran versus warfarin in patients with atrial fibrillation. N Engl J Med. 2009 Sep 17;361(12):1139-51. Epub 2009 Aug 30 http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19717844

Fachlicher Kontakt bei Rückfragen

Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener
Deutsche Gesellschaft für Neurologie
Direktor der Neurologischen Universitätsklinik Duisburg-Essen
Hufelandstr. 55, 45122 Essen
Tel.: 0201-7232460
E-Mail: hans.diener@uni-duisburg-essen.de
Prof. Dr. med. Martin Grond
Vorstandsmitglied Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft und
Deutsche Gesellschaft für Neurologie
Chefarzt der Klinik für Neurologie
Kreisklinikum Siegen
Weidenauer Str. 76, 57076 Siegen
Tel.: 0271-7051800
E-Mail: m.grond@kreisklinikum-siegen.de
Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN)
sieht sich als neurologische Fachgesellschaft in der gesellschaftlichen Verantwortung, mit ihren mehr als 6500 Mitgliedern die neurologische Krankenversorgung in Deutschland zu verbessern. Dafür fördert die DGN Wissenschaft und Forschung sowie Lehre, Fort- und Weiterbildung in der Neurologie. Sie beteiligt sich an der gesundheitspolitischen Diskussion. Die DGN wurde im Jahr 1907 in Dresden gegründet. Sitz der Geschäftsstelle ist die Bundeshauptstadt Berlin.

http://www.dgn.org

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Deutsche Gesellschaft für Neurologie 1. Vorsitzender: Prof. Dr. med. Wolfgang Oertel
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