MHH-Forscher und Kollegen aus Ulm finden neues Therapieprinzip gegen AIDS

Forscher der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und der Universität Ulm konnten in einer klinischen Studie beweisen, dass das von ihnen entdeckte Peptid VIR-576 die Vermehrung von HI-Viren bei Patienten wirksam hemmt. Die MHH-Wissenschaftler um Professor Dr. Reinhold E. Schmidt und Professor Dr. Wolf-Georg Forssmann sowie um Professor Dr. Frank Kirchhoff und Professor Dr. Jan Münch, Universität Ulm, veröffentlichten ihre Studienergebnisse in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Science Translational Medicine.

AIDS-Viren (HIV) müssen mit menschlichen Zellen verschmelzen, um sich in einem komplizierten Zyklus vermehren, ins Blut gelangen und weitere Zellen infizieren zu können. Die meisten der bisher üblichen Medikamente für HIV-Infizierte unterdrücken vorzugsweise Vermehrungsschritte der Viren in den Zellen. Zwei Medikamente mit einem anderen Wirkmechanismus sind zugelassen, die die Verschmelzung von Viren und menschlichen Zellen hemmen. Sie verändern zum Teil die Oberflächenstruktur der menschlichen Zelle und wirken so dieser Fusion entgegen. Das Peptid VIR-576 hingegen bindet an das Hüllprotein des HI-Virus. Es blockiert auf der Virusseite das Fusions-Eiweiß – den sogenannten „sticky finger“ –, das für die Verankerung auf der Membran der menschlichen Zelle essenziell ist. „Dies ist ein ganz neues Wirkprinzip gegen Viren und könnte für viele weitere humanpathogene Viren relevant sein“, sagt Professor Schmidt.

VIR-576 verringert ebenso wie andere AIDS-Medikamente die Anzahl der Viren im Blut HIV-Infizierter. Der wesentliche Vorteil des innovativen Therapiekonzepts besteht nach den Studienergebnissen darin, dass weniger Nebenwirkungen auftreten. Die Forscher erklären es damit, weil das Peptid nicht auf die menschliche Zelle wirkt, sondern an die Fusionspeptide des Virus bindet. Zudem ist VIR-576 ein Abkömmling eines normalerweise im Blut vorkommenden Eiweißes. Die Wahrscheinlichkeit von Resistenzbildungen ist auch geringer als bei den bisher gebräuchlichen Medikamenten, weil das Peptid an einen Teil des Virus bindet, der sehr konstant ist. „Aufgrund des neuen Wirkmechanismus ist VIR-576 auch gegen Viren wirksam, die gegen andere Medikamente bereits resistent geworden sind“, sagt Professor Kirchhoff. „ Allerdings ist die Substanz derzeit noch nicht für die breite klinische Anwendung geeignet.“

In der klinischen Studie belegten die Forscher zunächst die Verträglichkeit von VIR-576 und die Wirksamkeit sowie die notwendige Dosierung. Sie verabreichten das Peptid hierzu 18 HIV-Infizierten zehn Tage lang in je einer von drei verschiedenen Dosen – per Dauerinfusion, weil VIR-576 im Blut rasch abgebaut wird. Nun müssen die Wissenschaftler herausfinden, wie aus dem Peptid ein verwendbares Medikament entwickelt werden kann. „Dafür haben wir gute Voraussetzungen, da wir den Eiweißstoff selber entdeckt und inzwischen sehr gut charakterisiert haben“, erläutert Professor Forssmann.

Weitere Informationen erhalten Sie bei:
Professor Dr. Reinhold E. Schmidt, Telefon (0511) 532-6657,
immunologie@mh-hannover.de
Professor Dr. Wolf-Georg Forssmann, VIRO Pharmaceuticals GmbH & Co. KG,
Telefon (0511) 5466-421, wg.forssmann@pharis.de
Professor Dr. Frank Kirchhoff, Telefon (0731) 5006-151,
frank.kirchhoff@uni-ulm.de

Media Contact

Stefan Zorn idw

Weitere Informationen:

http://www.mh-hannover.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Nanofasern befreien Wasser von gefährlichen Farbstoffen

Farbstoffe, wie sie zum Beispiel in der Textilindustrie verwendet werden, sind ein großes Umweltproblem. An der TU Wien entwickelte man nun effiziente Filter dafür – mit Hilfe von Zellulose-Abfällen. Abfall…

Entscheidender Durchbruch für die Batterieproduktion

Energie speichern und nutzen mit innovativen Schwefelkathoden. HU-Forschungsteam entwickelt Grundlagen für nachhaltige Batterietechnologie. Elektromobilität und portable elektronische Geräte wie Laptop und Handy sind ohne die Verwendung von Lithium-Ionen-Batterien undenkbar. Das…

Wenn Immunzellen den Körper bewegungsunfähig machen

Weltweit erste Therapie der systemischen Sklerose mit einer onkologischen Immuntherapie am LMU Klinikum München. Es ist ein durchaus spektakulärer Fall: Nach einem mehrwöchigen Behandlungszyklus mit einem immuntherapeutischen Krebsmedikament hat ein…

Partner & Förderer