Lungenveränderungen bei Mukoviszidose: schonende und zuverlässige Frühdiagnose jetzt möglich

Bei Säuglingen und Kleinkindern mit Mukoviszidose (Zystische Fibrose) lassen sich mit Hilfe des strahlenfreien Bildgebungsverfahrens Magnetresonanztomographie (MRT) frühe Veränderungen in der Lunge zuverlässig und schonend diagnostizieren, lange bevor die ersten Symptome auftreten.

Ärzte können so frühzeitig mit der Behandlung beginnen sowie Krankheitsverlauf und Therapieerfolge regelmäßig kontrollieren. Bislang standen dafür nur die Computertomographie, die mit einer hohen Strahlenbelastung verbunden ist, und die Lungenspiegelung unter Vollnarkose zur Verfügung. An der Heidelberger Studie nahmen 50 Mukoviszidose-Patienten im Alter von wenigen Monaten bis zu sechs Jahren teil.

„Das ist ein Durchbruch für die Frühdiagnose und Therapie dieser angeborenen Lungenerkrankung“, sagt Professor Dr. Marcus Mall, Ärztlicher Direktor der Abteilung Translationale Pneumologie am Zentrum für Translationale Lungenforschung (TLRC) und Leiter des Mukoviszidose-Zentrums am Universitätsklinikum Heidelberg. Die Ergebnisse der Wissenschaftler um Professor Mall in Kooperation mit der Abteilung Diagnostische und Interventionelle Radiologie (Ärztlicher Direktor: Professor Dr. Hans-Ulrich Kauczor), der Abteilung Radiologie der Thoraxklinik und des Deutschen Krebsforschungszentrums sind jetzt im renommierten „American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine“ veröffentlicht worden. Die Studie im Rahmen des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL) wurde von Mukoviszidose e.V. gefördert.

Frühe Lungenveränderungen sind noch reversibel

Die angeborene Multiorganerkrankung Mukoviszidose, mit der jährlich rund 300 bis 400 Kinder in Deutschland zur Welt kommen, ist nicht heilbar. Fehler an einer bestimmten Stelle im Erbgut lassen die Sekrete in Lunge und Verdauungstrakt austrocknen und führen zu schweren Funktionsstörungen von Lunge, Bauchspeicheldrüse Leber und Darm. Zäher Schleim verstopft die Atemwege, begünstigt eine chronische Infektion und Entzündung und führt so zu chronischen Lungenschäden. Je früher jedoch die Diagnose gestellt wird und die Behandlung beginnt, desto länger lassen sich Lungenschäden und Komplikationen hinauszögern. Dank effektiver Therapien erhöht sich die Lebenserwartung der Patienten stetig und liegt in Deutschland derzeit bereits bei über 40 Jahren.

Um betroffene Kinder so früh wie möglich zu identifizieren, bietet das Universitätsklinikum Heidelberg seit 2008 ein Neugeborenen-Screening für Mukoviszidose an, wie es in den USA und einigen europäischen Ländern schon flächendeckend eingeführt ist. Das Screening gibt allerdings keine Auskunft darüber, wann die Erkrankung in der Lunge einsetzt. „Unsere Untersuchungen zeigen, dass die Lungenerkrankung bei einigen Patienten bereits im ersten Lebensjahr mit der Entstehung von Schleimpfropfen und Durchblutungsstörungen der Lunge beginnt und dass diese Veränderungen noch reversibel sind, während bei älteren Kindern bereits irreversible Veränderungen der Atemwege sichtbar werden“, erklärt Dr. Mark Wielpütz, Leiter der Nachwuchsgruppe Strukturelle und Funktionelle Lungenbildgebung in der Abteilung Diagnostische und Interventionelle Radiologie.

Ebenso aussagekräftig wie die bisherigen Untersuchungsverfahren – die Computertomographie und die Lungenspiegelung – dabei aber deutlich schonender und daher besser geeignet ist die MRT, wie die Heidelberger Studie ergab. Sie zeigt u.a. Schleimpfropfen, frühe Gewebeschäden und Veränderungen in der Durchblutung der Lunge an. Auch ansonsten schwer zu diagnostizierende Lungenentzündungen sowie der Heilungsprozess nach der Therapie sind gut zu erkennen. Die strahlenfreie Untersuchung dauert rund 20 Minuten. Damit das Bild nicht verwackelt, erhalten die kleinen Patienten ein Schlafmittel; eine Narkose ist nicht nötig.

Studie zu präventiver Inhalationstherapie bei Säuglingen

Die Heidelberger Ergebnisse legen nahe, dass sich die MRT-Untersuchung auch eignet, um die Wirksamkeit neuer und vorbeugender Therapien in klinischen Studien zu überprüfen. So läuft im DZL unter Heidelberger Federführung derzeit die weltweit erste Studie zur Wirksamkeit einer präventiven Inhalationstherapie mit hypertoner Kochsalzlösung bei Säuglingen mit Mukoviszidose, bei welcher die MRT zu Beurteilung der Therapieeffekte herangezogen wird. Inhalieren Erwachsene mit Mukoviszidose eine hypertone Kochsalzlösung, verbessert sich die Befeuchtung des Schleims, dieser kann leichter abgehustet werden und es kommt zu einer Besserung der Lungenfunktion. „Bei frühem Therapiebeginn im Säuglingsalter hoffen wir auf einen vorbeugenden Effekt“, erklärt Professor Mall. Im Zuge dieser Studie wurde bei allen teilnehmenden Zentren die MRT zur Lungendiagnostik bei Kindern etabliert.

Das Zentrum für Translationale Lungenforschung Heidelberg (TLRC) ist ein Standort im Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL) und verfolgt das Ziel, die Entstehung von Lungenerkrankungen aufzuklären und die Diagnostik und Therapie zu verbessern.

Literatur:
Wielputz MO, Puderbach M, Kopp-Schneider A, Stahl M, Fritzsching E, Sommerburg O, Ley S, Sumkauskaite M, Biederer J, Kauczor HU, Eichinger M, Mall MA. Magnetic Resonance Imaging Detects Changes in Structure and Perfusion, and Response to Therapy in Early Cystic Fibrosis Lung Disease. Am J Respir Crit Care Med 2014 Feb 24. [Epub ahead of print]
PMID: 24564281

Weitere Informationen im Internet:
Pädiatrische Pneumologie, Allergologie und Mukoviszidose Zentrum: http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/Sektion-Paediatrische-Pneumologie-Allergol…
Diagnostische und Interventionelle Radiologie:
http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/Willkommen.574.0.html (Diagnostische und Interventionelle Radiologie)
Deutsches Zentrum für Lungenforschung: http://www.dzl.de/

Ansprechpartner:
Dr. Mark Wielpütz
Leiter Nachwuchsgruppe Strukturelle und Funktionelle Lungenbildgebung
Abteilung Diagnostische und Interventionelle Radiologie und
Zentrum für Translationale Lungenforschung Heidelberg
Tel.: 06221 / 56 6410
E-Mail: Mark.Wielpütz@med.uni-heidelberg.de

Prof. Dr. Marcus Mall
Ärztlicher Direktor Abteilung Translationale Pneumologie
Zentrum für Translationale Lungenforschung Heidelberg und
Leiter Sektion Pädiatrische Pneumologie & Allergologie und Mukoviszidose-Zentrum
Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin
Tel.: 06221 / 56 4502
E-Mail: Marcus.Mall@med.uni-heidelberg.de

Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg
Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang

Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der bedeutendsten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international renommierten biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung innovativer Diagnostik und Therapien sowie ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 11.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und engagieren sich in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 klinischen Fachabteilungen mit ca. 2.200 Betten werden jährlich rund 118.000 Patienten voll- bzw. teilstationär und rund 1.000.000 mal Patienten ambulant behandelt. Das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. Derzeit studieren ca. 3.500 angehende Ärztinnen und Ärzte in Heidelberg.

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