LMU-Mediziner arbeiten an früher Diagnose einer schweren Lungenerkrankung bei Babys

Erhöhte Mengen des Proteins SIGLEC-14 im Lungengewebe eines BPD-Patienten Helmholtz Zentrum München

Ein Team um Dr. Anne Hilgendorff, die zudem Gruppenleiterin am Comprehensive Pneumology Center und am Institut für Lungenbiologie (ILBD) des Helmholtz Zentrums München ist, und den Neonatologen Dr. Kai Martin Förster vom Perinatalzentrum am LMU-Klinikum hat jetzt ein Verfahren gefunden, „mit dem erstmals eine frühe und sichere Diagnose der BPD möglich erscheint.“

Die Lunge zählt beim heranwachsenden Baby zu den am spä-testen entwickelten Organen. Das bedeutet, dass sie bei Frühgeburten noch nicht vollständig ausgereift und anfällig für Komplikationen wie das Atemnotsyndrom und später einer chronischen Lungenerkrankung wie der BPD ist.

Den kleinen Patienten mangelt es bei Geburt an voll ausgebildeten Lungenbläschen und den entsprechenden Blutgefäßen, die den Sauerstoff aus den Lungenbläschen aufnehmen. Das führt zu einem erhöhten Sauerstoffbedarf und einer klinisch auffällig großen Atemanstrengung.

Zwar sichert die künstliche Beatmung ähnlich wie die Langzeitbehandlung mit Sauerstoff das Überleben der Kinder, weil sie die akute Atemnot der Kinder bekämpft. Trotzdem ist sie ein zweischneidiges Schwert. „Die künstliche Beatmung und Sauerstoffzufuhr tragen signifikant zur Entwicklung der chronischen Komplikation, der BPD bei“, erklärt Anne Hilgendorff.

Bisher können Ärzte die BPD nicht sicher und nicht rechtzeitig genug erkennen, um bereits nach der Geburt wichtigen The-rapien einzuleiten – die Kinder werden bisher nur gemäß ihres möglichen Risikos aufmerksam begleitet. Vor kurzem aber hat ein Forscherteam um Dr. Hilgendorff in der ersten Lebenswoche gewonnene Blutplasmaproben von 35 Frühgeborenen analysiert.

In den Proben haben sie mit einer innovativen HighTech-Methode nach Veränderungen aller detektierbaren Proteine gefahndet und die Untersuchung am 28. Lebenstag wiederholt. Zur Analyse der Daten haben die Wissenschaftler ein statistisches Model entwickelt, mit dem sich bestimmen lässt, welche Proteine wie ein Orakel bereits direkt nach der Geburt eine drohende BPD verraten.

Resultat: Genau drei Eiweiße sind in der Analyse auffällig geworden, „und zwar tatsächlich Proteine, die im Verdacht stehen, zur Krankheitsentstehung beizutragen“, erklärt Anne Hilgendorff. Sie gehören zu den Systemen, die den Umbau der Lungenbläschen, den Stand der Gefäßentwicklung und die Entzündungsreaktion anzeigen. Die Forscher wollen jetzt in einer weiteren Studie die ersten Ergebnisse bestätigen. Sollten die Resultate abermals positiv sein, müsste ein simpler Test entwickelt werden, der ausschließlich die drei „Marker-Proteine“ analysiert und nicht, wie im aufwändigen Procedere, alle 1129 Eiweiße.

Falls das Verfahren alle Hürden nähme, würde die Frühdiagnose die Therapie der kleinen Patienten erheblich erleichtern und den Erfolg möglicher Behandlung begünstigen. Als Therapieoptionen zur Verfügung stehen Kortison, das jetzt womöglich effektiver eingesetzt werden kann, Vitamin A sowie unterstützende Maßnahmen wie die Optimierung der Flüssigkeitszufuhr und der Beatmungssituation. Aber auch Studien zu neuen Behandlungen werden möglich, falls die Proteine eine Risikozuordnung direkt nach der Geburt ermöglichen.

Originalpublikation:

Early Identification of Bronchopulmonary Dysplasia Using Novel Biomarkers by Proteomic Screening.
Förster K, Sass S, Ehrhardt H, Mous DS, Rottier RJ, Oak P, Schulze A, Flemmer AW, Gronbach J, Hübener C, Desai T, Eick-elberg O, Theis FJ, Hilgendorff A.
Am J Respir Crit Care Med. 2017 Oct 20.
doi: 10.1164/rccm.201706-1218LE. [Epub ahead of print]. PMID: 29053024

In Zusammenarbeit mit:

Leadership Team des Institute for Lung Biology and Disease (ILBD)
Helmholtz Zentrum München

Ansprechpartner:

PD Dr. Anne Hilgendorff
Leiterin des Zentrums für Comprehensive Developmental Care
Dr. von Haunersches Kinderspital
Klinikum der Universität München (LMU)
Campus Großhadern
Tel: +49 (0)89 4400 72807
E-Mail: A.Hilgendorff@med.uni-muenchen.de

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Philipp Kressirer idw - Informationsdienst Wissenschaft

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