Kann der Körper Knorpeldefekte bei Arthrose selbst reparieren?

Arthrose z.B. der Hüfte oder im Knie entsteht, wenn Knorpel in den Gelenken schwindet. Doch offenbar hat unser Körper für diesen Fall sogar Reparaturvorgänge in der Hinterhand.

Forscher aus der Universitätsmedizin Göttingen haben jetzt einen solchen möglichen Reparatur-Weg entdeckt: Im Knorpelgewebe von Patienten mit späten Stadien der Kniegelenks-Arthrose fanden sie eine bisher unbekannte Population von stammzellartigen Vorläuferzellen.

„Diese Stammzellen bieten neue Ansatzpunkte, um das Heilungsvermögen von Knorpelgewebe zu beinflussen. Da diese Zellen knorpelähnliches Ersatzgewebe produzieren, könnten sie der Grundstein für eine neue zellbiologische Be-handlungsform der Arthrose sein“, sagt Professor Dr. Nicolai Miosge, Leiter der Arbeitsgruppe „Orale Biologie und Geweberegeneration“ in der Abteilung Prothetik der Universitätsmedizin Göttingen. Die Forschungsergebnisse der Arbeitsgruppe sind in der April-Ausgabe des renommierten Journals „Cell Stem Cell“ erschienen. Die Forschungen wurden von der Deutschen Arthrose Stiftung und mit internen Mitteln der Medizinischen Fakultät Göttingen gefördert.

Originalveröffentlichung: Koelling S, Kruegel J, Irmer M, Path J R, Sadowski B, Miro X, Miosge N (2009) Migratory chondrogenic progenitor cells from repair tissue during the later stages of human osteoarthritis. Cell Stem Cell, 4: 324-335.

„Knorpelartige Vorläuferzellen“ nennen die Göttinger Wissenschaftler die Zellen, die sie im Knorpelgewebe von Patienten mit späten Stadien der Arthrose entdeckt haben. Die Zellen sind reifen Knorpelzellen schon sehr ähnlich. Im Engli-schen werden sie als „chondrogenic progenitor cells (CPC)“ bezeichnet. Die Zellen produzieren knorpelartiges Gewebe und sind befähigt zu wandern. Im gesunden Knorpel kommen diese Zellen nicht vor. „Die genaue Herkunft dieser Zellen ist noch unklar. Aber es ist durchaus möglich, dass sie aus dem Knochenmark in das erkrankte Knorpelgewebe eingewandert sind“, sagt Prof. Miosge.

Vorherige Untersuchungen legten nahe, dass erkrankter Knorpel Zellen enthält, die Reparaturvorgänge im Gewebe bewirken können. Professor Miosge: „Es besteht die Möglichkeit, dass stammzellartige Zellen aus dem Knochenmark angelockt werden.“ Dieser Idee sind Miosge und sein Forscherteam auf den Grund gegangen. Sie haben untersucht, ob es Zellen im erkrankten Knorpelgewebe gibt, die Stammzellcharakter haben und so mobil sind, dass sie ins Knorpelgewebe einwandert sein können.

Gefunden und beschrieben haben die Göttinger Grundlagenforscher eine bisher unbekannte Vorläuferzellpopulation, die es offenbar nur im erkrankten Knorpelgewebe gibt. Diese Entdeckung könnte der Ausgangspunkt für eine mögliche zellerneuernde Therapie bei Arthrose sein. Miosge: „Wir hoffen, dass diese knorpelartigen Vorläuferzellen so verändert werden können, dass sie wieder gesundes Knorpelgewebe herstellen.“ Doch der Weg zu einer möglichen Zelltherapie der Arthrose ist noch lang.

Arthrose oder Osteoarthrits ist eine chronisch degenerative Erkrankung be-sonders der großen Gelenke. Sie ist durch den fortschreitenden Untergang von Knorpelzellen und der Zersetzung des die Zellen umgebenden Geflechtes von großen Biomolekülen, insbesondere von Kollagenen, gekennzeichnet. Dadurch verschlechtert sich die Fähigkeit des Knorpelgewebes dem Druck, der auf ihm durch das Körpergewicht lastet, standzuhalten. Dies führt nach einigen Jahren zu einer vollständigen Zerstörung des Gelenkes. Osteoarthritis ist die häufigste Erkrankung des Skelettsystems von älteren Patienten. Die Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass Arthrose im Jahr 2020 die viert häufigste Ursache für eine Arbeitsunfähigkeit sein wird.

WEITERE INFORMATIONEN
Universitätsmedizin Göttingen, Georg-August-Universität
Abteilung Prothetik (Direktor: Prof. Dr. Dr. Alfons Hüls)
AG „Orale Biologie und Geweberegeneration“
Prof. Dr. Nicolai Miosge, Telefon 0551 / 39-3927 (Büro), 0551 / 39-9768 (Labor)
Robert-Koch-Str.40, 37075 Göttingen
Fax 0551 / 39-8621
nmiosge@gwdg.de

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Stefan Weller idw

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