Internetabhängigkeit als Suchtkrankheit anerkennen
„Wer dauernd am Tropf des Internet hängt und Computerspiele spielt ist suchtgefährdet. Wer darüber hinaus sogar das Gefühl entwickelt, nicht mehr ohne das Internet leben zu können und Entzugserscheinungen bei Abstinenz zeigt, ist der Sucht verfallen und benötigt konkret Hilfe“, sagt PD Dr. med. Bert te Wildt von LWL-Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum.
Unter seinem Vorsitz hat nun der Fachverband Mediensucht e.V. „Empfehlungen für die Behandlung von Medienabhängigkeit im deutschen Sozial- und Gesundheitssystem“ veröffentlicht.
Diese werden auf der gamescom in Köln am Freitag, 17.8. vorgestellt. Die gamescom ist die nach eigenen Angaben das „weltweit größte Messe- und Event-Highlight für interaktive Spiele und Unterhaltung“.
Empfehlungen im Internet
Die kompletten Empfehlungen können hier als PDF heruntergeladen werden:
http://www.fv-medienabhaengigkeit.de/fileadmin/images/Dateien/Empfehlungen-Fachverbandmedienabh%C3%A4ngigkeit.pdf
Primäre und sekundäre Suchtkriterien
Die Online-Computerspielabhängigkeit ist die weitaus häufigste Form der Internetabhängigkeit. Weitere Arten sind die Abhängigkeit von Cybersex und von virtuellen Sozialen Netzwerken. Allein aufgrund der im Internet verbrachten Zeit lässt sich eine Diagnose nicht stellen. Vielmehr greifen auch hier die Kriterien für andere Suchterkrankungen. Primäre Suchtkriterien beziehen sich auf ein exzessives Internetnutzungsverhalten, das von den zumeist jungen, männlichen Betroffenen nicht mehr kontrolliert werden kann; die Betroffenen haben dann das Gefühl, nicht mehr ohne das Internet leben zu können und entwickeln Entzugserscheinungen bei Abstinenz. Um eine Internetabhängigkeit diagnostizieren zu können, müssen aber auch sekundäre Kriterien erfüllt sein. Dazu gehören negative Auswirkungen auf den eigenen Körper, auf persönliche Beziehungen oder schulische und berufliche Leistungen.
Behandlung im Suchthilfesystem
Durch die wissenschaftlich nachgewiesene Nähe zu stoffgebundenen Suchterkrankungen empfiehlt der Fachverband eine Behandlung in Einrichtungen der etablierten Suchthilfe, die ihre Kompetenz in Deutschland für Medienabhängige schon lange als erster und häufigster Ansprechpartner zur Verfügung stellt. In diesem Sinne argumentiert der Fachverband Medienabhängigkeit in seinen gerade veröffentlichten „Empfehlungen“ für eine Anerkennung von Medienabhängigkeit im Sinne eines eigenständigen Krankheitsbildes als Suchterkrankung. Dies ist eine Voraussetzung dafür, dass die Beratungsstellen und Ambulanzen im Suchtbereich eine finanzielle und juristische Grundlage für ihre Arbeit haben. Darüber hinaus plädiert der Verband grundsätzlich für eine zentrale Verortung der Behandlung von Medienabhängigen im Suchthilfesystem.
Weitere Information
PD Dr. med. Bert te Wildt, Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, LWL-Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum, Tel. 0234/50773176, E-Mail: berttewildt@me.com
Redaktion: Dr. Josef König
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Weitere Informationen:
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