Internationales Forscherteam untersucht, warum wir frieren

Schnitt durch die menschliche Oberhaut. Blau markiert: Zellkerne, gelb markiert: Kaltsensoren in den Verästelungen einer Nervenfaser.<br>Abbildung: Dr. Jochen Lennerz<br>

Diese lokalen Reaktionen werden durch Kältesensoren ausgelöst. Eine internationale Forschergruppe um den Harvard-Professor David Clapham hat jetzt unter Beteiligung von Wissenschaftlern der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) einen neuen, bislang noch nicht bekannten Kältesensor in der menschlichen Haut entdeckt. Von diesem Sensor glauben die Forscher, dass er zu den lokalen Anpassungsreaktionen auf Kälte beiträgt.

Ihre Erkenntnisse haben sie vor kurzem in dem renommierten Wissenschaftsjournal PNAS veröffentlicht (http://www.pnas.org/content/early/2011/10/18/1115387108.abstract).

„Wenn es kalt wird, registrieren wir zum einen bewusst die Kälte und ziehen uns warm an“, sagt Dr. Katharina Zimmermann vom Institut für Physiologie und Pathophysiologie der FAU, die an der Entdeckung und Charakterisierung des neuen Sensors beteiligt war. „Gleichzeitig laufen im Körper aber auch verschiedene lokale Anpassungsreaktionen ab, die dazu dienen die Körpertemperatur bei ca. 37 Grad Celsius zu halten. Zum Beispiel werden unsere Gefäße verengt.“ Auch der von den Forschern entdeckte Kältesensor könnte eine solche Reaktion auslösen, vermuten die Wissenschaftler.

Die Temperaturempfindlichkeit des Messfühlers namens TRPC5 entdeckten sie bei Versuchen an Zellen in der Kulturschale. Das Molekül reagiert bei Temperaturen zwischen 25 und 37 Grad Celsius hoch empfindlich – also Temperaturen, die unter der normalen Körpertemperatur von 37 Grad liegen. „Wir haben mehrere Versuche sowohl bei noch niedrigeren als auch bei höheren Temperaturen unternommen. Am stärksten aktiv war das Molekül jedoch in dieser Temperaturspanne“, sagt Dr. Alexander Hein von der FAU.

Dr. Jochen Lennerz, dem dritten Wissenschaftler der FAU, der inzwischen an der Universität Ulm forscht, gelang es schließlich, das Molekül in den feinsten Verästelungen menschlicher Nerven nachzuweisen. „Die hochsensiblen Fäserchen liegen in den untersten Schichten der Oberhaut und sind hauchdünn. Man bräuchte mehr als 50 davon um nur die Dicke eines Haars zu füllen“ erläutert er.

Genau von diesen feinsten Fäserchen konnte Dr. Katharina Zimmermann elektrische Impulse registrieren. Die Elektrophysiologin nutzte dazu die so genannte Einzelfaserableitung, ihr Spezialgebiet. Mit dieser Technik ist es möglich, die Funktion des Sensors im Gewebe zu untersuchen. „Ich habe normale Mäuse mit Mäusen verglichen, denen das Molekül TRCP5 fehlte“, erklärt die Wissenschaftlerin. „Das Ergebnis war interessant: Es zeigte sich, dass andere, schon bekannte Kaltsensoren den Ausfall des von uns entdeckten Kaltsensors kompensieren können. Die Mäuse zeigten denn auch keine Änderung ihres Kälte-Empfindens.“ Die Forscher ziehen deswegen den Schluss, dass eine ganze Reihe von Faktoren für die körperlichen Reaktionen bei Kälte verantwortlich sind.

Das internationale Forscherteam arbeitet derzeit daran, das TRPC5-Molekül näheren Analysen zu unterziehen, insbesondere um seine Funktionsweise noch besser zu verstehen. Ihre Erkenntnisse könnten später zum Beispiel bei der Entwicklung neuer Schmerzmittel genutzt werden. „Auf unseren Forschungserfolg trinken wir jetzt aber erst einmal einen warmen Glühwein “, sagt Zimmermann.

Die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), gegründet 1743, ist mit mehr als 33.000 Studierenden, rund 630 Professorinnen und Professoren sowie 2000 wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte Universität in Nordbayern. Schwerpunkte in Forschung und Lehre liegen an den Schnittstellen von Naturwissenschaften, Technik und Medizin in engem Dialog mit Jura und Theologie sowie den Geistes-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Seit Mai 2008 trägt die Universität das Siegel „familiengerechte Hochschule“.

Mehr Informationen:
PD Dr. Katharina Zimmermann
Tel.: 09131/85-22491
zimmermann@physiologie1.uni-erlangen.de

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Dr. Pascale Anja Dannenberg

Weitere Informationen:

http://www.uni-erlangen.de

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