Infektionen an Zahnimplantaten vermeiden

Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme einer gut angewachsenen Zelle auf einem Zahnimplantat. © Fraunhofer IFAM

Infektionen an Zahnimplantaten sind gefürchtet. Das Risiko ist groß, dass sich dadurch der Kieferknochen zurückbildet. Verursacher der Komplikation sind Bakterien. Beim Einsetzen der künstlichen Zahnwurzel kommt es zu einem Wettlauf zwischen körpereigenen Zellen und Krankheitserregern. Siegen die Bakterien, bilden sie einen Biofilm auf dem Titan, der sie vor Antibiotika schützt. Die Besiedelung des Implantats mit Keimen führt zu einer Entzündungsreaktion, die Knochenschwund zur Folge haben kann.

Um das Risiko von Infektionen zu senken und den Langzeiterfolg der Zahnimplantate zu verbessern, haben Forscher des Fraunhofer-Instituts für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM in Bremen gemeinsam mit Industriepartnern eine neuartige Implantatbeschichtung entwickelt: Die DentaPlas-Beschichtung hemmt das Wachstum von Bakterien. Das Implantat kann richtig einwachsen und sich schneller und dauerhaft im Kiefer verankern. Der Trick: Die Forscher kombinieren physikalisch und chemisch wirkende Oberflächen. »Wir haben die DentaPlas-Schicht mit einer rauhen Struktur ausgestattet, auf der Zellen gut anwachsen können, und mit einer hydrophilen, Wasser anziehenden Plasmapolymerbeschichtung kombiniert«, berichtet Dr. Ingo Grunwald, Projektleiter am IFAM. In die bis 100 Nanometer dünne Plasmapolymerschicht integrierten die Forscher Silbernanopartikel. Diese lösen sich innerhalb von mehreren Wochen auf. Dabei setzen sie kontinuierlich geringe Mengen antimikrobiell wirkende Silberionen frei, die Bakterien zerstören.

Schutz durch drei Schichten

»Das DentaPlas-System besteht aus drei Schichten: Zwei Plasmapolymerschichten umschließen eine mittlere Silberschicht. Darin bildet sich ein Biozid-Reservoir: Die obere Schicht setzt die Ionen frei. Dies ist ein Vorteil, da der direkte Kontakt des Gewebes mit den Silberpartikeln vermieden wird, die toxisch wirken könnten, wenn sie frei liegen«, so Entwickler Dr. Dirk Salz. Die Forscher können sowohl die Silberkonzentration individuell einstellen und anpassen als auch die Schichtdicke und Porosität. Somit durchdringen die Silberionen die oberste Plasmapolymerschicht über einen festgelegten Zeitraum, der erforderlich ist, um das Implantat zu integrieren. Ist das Silberreservoir erschöpft, werden keine Ionen mehr freigesetzt. Toxische Langzeitwirkungen durch die Silberionen werden dadurch vermieden.

In Tests mit fertigen Implantaten und Titan-Probekörpern konnten die Forscher am IFAM belegen, dass die DentaPlas-Schicht sowohl antimikrobiell wirkt als auch völlig biokompatibel sowie sterilisierbar ist. Eine Plasmapolymerisationsanlage am Bremer Institut beschichtet die Proben. Die mechanische Stabilität und Belastbarkeit von DentaPlas konnten die Forscher in Versuchen mit Unterkieferknochen von Schweinen aus der Metzgerei nachweisen. Hierzu drehten sie beschichtete Implantate mit den gleichen Instrumenten ein, wie sie in Zahnarztpraxen verwendet werden – die DentaPlas-Schicht hielt dieser Belastung hervorragend stand. Die Beschichtung der Probekörper und der Titanschrauben konnte erfolgreich durch die Bio-Gate AG, Projektpartner und Fraunhofer-Ausgründung, auf deren Produktionsanlagen übertragen werden. Das Medizintechnik-Unternehmen stellt auch das Dreifachschichtsystem DentaPlas her.

Derzeit liegt die Plasmapolymerbeschichtung als Demonstrator vor. Vom 16. bis 19. November präsentieren die Forscher ein Zahnimplantat mit DentaPlas-Schicht auf der Messe MEDICA in Düsseldorf am Fraunhofer-Gemeinschaftsstand (Halle 10, Stand G05).

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Dipl.-Biol. Martina Ohle Fraunhofer Forschung Kompakt

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