Immuntherapie gegen Hautkrebs und Pankreaskarzinom

Damit solche vielversprechenden Behandlungsansätze funktionieren können, muss das Immunsystem Merkmale des Tumors, sogenannte Antigene, sehen und angreifen können. Unsere Arbeitsgruppen am Georg-Speyer-Haus in Frankfurt (Dr. Martin Zörnig) und am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg (Prof. Dirk Jäger) suchen in einem von der Wilhelm Sander-Stiftung geförderten Ansatz nach neuen Werkzeugen, um das eigene Immunsystem gegen Melanome und Pankreaskarzinome zu aktivieren.

Bisher waren Immuntherapieansätze nur in Einzelfällen wirksam. Nicht selten haben Tumorzellen die Zielantigene für das Immunsystem verloren und können sich so einer Immunerkennung entziehen. Für die Durchführung einer Immuntherapie werden Antigene, bzw. Bruchstücke dieser Antigene (sogenannte Peptide) zusammen mit einer Immun-stimulierenden Substanz den Patienten wiederholt gespritzt. Nach einigen Wochen bildet der Patient in der Regel eine Immunantwort gegen das betreffende Antigen aus. Idealerweise sollte sich diese Immunantwort dann auch gegen Antigen-tragende Tumorzellen richten und diese abtöten.

Für viele verschiedene Tumorarten gibt es bekannte Antigene, die vom Immunsystem erkannt und die für eine Immuntherapie eingesetzt werden können. In den meisten Fällen ist allerdings die normale Funktion dieser Antigene in der Tumorzelle nicht bekannt. Mit Hilfe eines besonderen Suchverfahrens (Screening), das wir in unserem Frankfurter Labor mit Tumormaterial in Hefezellen durchführen, identifizieren wir Tumormoleküle, die die sogenannte Apoptose in den Tumorzellen verhindern.

Apoptose ist ein genetisches Programm, das nach seiner Anschaltung zum Selbstmord der Zelle führt. Dieser Zellsuizid spielt unter normalen Umständen in einem gesunden Organismus eine wichtige Rolle z.B. bei der Embryonalentwicklung, der Gleichgewichtserhaltung und zellulären Erneuerung von Organen (Homeostase) und für die Beseitigung gefährlicher (z. B. infizierter oder transformierter) Zellen im Organismus.

Zusätzlich zu der Fähigkeit, sich unbegrenzt teilen zu können, sind Tumorzellen im Unterschied zu normalen Zellen auch resistent gegen Signale geworden, die Apoptose auslösen. Damit sind sie zum Beispiel widerstandsfähiger gegen Sauerstoff- und Nährstoffmangel. Die erhöhte Apoptoseresistenz in Tumorzellen ist häufig auf die unnatürlich hohe Menge apoptosehemmender Moleküle zurückzuführen.

Unsere Arbeitsgruppe am NCT in Heidelberg wird die im Hefe-Screening gefundenen anti-apoptotischen Tumormoleküle daraufhin überprüfen, ob das Immunsystem von Melanom- und Pankreaskarzinompatienten diese Moleküle erkennen und über eine solche Erkennung die Tumorzellen eliminieren kann. Wenn dies der Fall ist, können diese Moleküle für eine Impfung von Krebspatienten eingesetzt werden.

Ein weiterer Vorteil unseres Screeningverfahrens in der Hefe ist die Tatsache, dass die gefundenen Apoptose-hemmenden Moleküle von den Tumorzellen unbedingt gebraucht werden. Sie bieten sich deshalb auch als direktes Ziel für eine Hemmung im Rahmen einer molekularen Therapie an. Wenn die Funktion dieser Moleküle über einen geeigneten Wirkstoff in den Tumorzellen beeinträchtigt wird, stirbt die Tumorzelle besonders schnell und effektiv, wenn in Kombination mit dem Wirkstoff ein zytotoxisches Chemotherapeutikum gegeben wird.

Über den immuntherapeutischen Ansatz hinaus werden wir daher unsere gefundenen neuen apoptosehemmenden Moleküle gezielt durch den Einsatz sogenannter „siRNAs“ in Tumorzellen inaktivieren und untersuchen, ob sich damit das Tumorwachstum in einem Mausmodell verlangsamen oder sogar verhindern lässt. Sollte dies der Fall sein, werden wir in weiteren Experimenten untersuchen, ob sich die entsprechenden Gene tatsächlich als „Target“ für therapeutische Ansätze in der klinischen Anwendung eignen.

Kontakt:
Dr. Martin Zörnig, Chemotherapeutisches Forschungsinstitut, Georg-Speyer-Haus
Telefon: +49/69-6339515 / E-Mail: zoernig@em.uni-frankfurt.de
Prof. Dr. Dirk Jäger, Medizinische Onkologie, Nationales Centrum für Tumorerkrankungen, Universitätsklinikum Heidelberg

Telefon: +49/6221-56 7229 / E-Mail: dirk.jaeger@nct-heidelberg.de

Die Wilhelm Sander-Stiftung fördert dieses Forschungsprojekt mit über 200.000 €. Stiftungszweck der Stiftung ist die medizinische Forschung, insbesondere Projekte im Rahmen der Krebsbekämpfung. Seit Gründung der Stiftung wurden dabei insgesamt über 160 Mio. Euro für die Forschungsförderung in Deutschland und der Schweiz bewilligt. Die Stiftung geht aus dem Nachlass des gleichnamigen Unternehmers hervor, der 1973 verstorben ist.

Media Contact

Bernhard Knappe idw

Weitere Informationen:

http://www.sanst.de

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