Geschärfter Blick ins Gehirn – Freiburger Forschungsteam kartiert erstmals Grenze zwischen zwei wichtigen Hirnbereichen

Die Grenze zwischen den wichtigen Gehirnstrukturen Hippocampus und Amygdala ist in hochaufgelösten Kernspintomografie-Bildern als feiner heller Streifen erkennbar („Amygdalo-hippocampal border“, AHB). Foto: AG Ball, Universität Freiburg

Wegen ihrer geringen Größe waren bislang diese Hirnbereiche beim lebenden Menschen schwer auseinanderzuhalten – die Amygdala ist gerade einmal so groß wie ein Mandelkern. Besonders die Grenze zwischen ihnen konnte mit bildgebenden Verfahren nicht dargestellt werden, weil die räumliche Auflösung nicht ausreichte, um die Grenzregion zwischen beiden darzustellen.

Dank des Einsatzes eines Hochleistungs-Kernspintomografen konnten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Freiburg und Magdeburg nun erstmals die Grenze zwischen Amygdala und Hippocampus kartieren. Dies berichtet das Team um Dr. Tonio Ball vom Bernstein Center Freiburg und dem Exzellenzcluster BrainLinks-BrainTools der Universität Freiburg in der aktuellen Ausgabe des Fachjournals „Human Brain Mapping“.

Das Team untersuchte sechs gesunde Probandinnen und Probanden in einem 7-Tesla-Magnetresonanztomografen der Universität Magdeburg. Diese Geräte erzeugen ein vielfach stärkeres magnetisches Feld als die in Kliniken üblicherweise eingesetzten Scanner und liefern hierdurch ein deutlich exakteres Bild der Strukturen im menschlichen Körper. In ganz Deutschland sind nur wenige solcher Geräte im Einsatz.

Bei der Untersuchung der Probanden machten die Wissenschaftler eine überraschende Entdeckung: Die Grenze zwischen Amygdala und Hippocampus verlief bei jeder Person deutlich anders und unterschied sich sogar zwischen linker und rechter Hirnhälfte. Da an dieser Grenze die Hirnbereiche im Austausch miteinander stehen, wenn es um Gefühle und Erinnerungen geht, könnten diese Variationen auch für Unterschiede in der Persönlichkeit verantwortlich sein.

In Zukunft, schreiben die Forscher, müssten diese Hirnstrukturen genau vermessen werden, wenn Menschen wegen psychiatrischer Erkrankungen wie Angststörungen untersucht würden. Die Studie zeige zudem, dass es keine standardisierten Karten des Gehirns im Bereich von Amygdala und Hippocampus geben könne. Für jede Patientin und jeden Patienten müsse dieser Bereich individuell vermessen werden, um Fehldiagnosen durch eine falsche Zuordnung zu vermeiden.

Originalpublikation:
Derix, J., Yang, S., Lüsebrink, F., Fiederer, L. D. J., Schulze-Bonhage, A., Aertsen, A., Speck, O. and Ball, T. (2014), Visualization of the amygdalo–hippocampal border and its structural variability by 7T and 3T magnetic resonance imaging. Hum. Brain Mapp.. doi: 10.1002/hbm.22477

Kontakt:
Dr. Gunnar Grah
Wissenschaftskommunikator Exzellenzcluster BrainLinks-BrainTools
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-67722
Fax: 0761/203-8059
E-Mail: grah@blbt.uni-freiburg.de

Media Contact

Melanie Hübner Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Nanofasern befreien Wasser von gefährlichen Farbstoffen

Farbstoffe, wie sie zum Beispiel in der Textilindustrie verwendet werden, sind ein großes Umweltproblem. An der TU Wien entwickelte man nun effiziente Filter dafür – mit Hilfe von Zellulose-Abfällen. Abfall…

Entscheidender Durchbruch für die Batterieproduktion

Energie speichern und nutzen mit innovativen Schwefelkathoden. HU-Forschungsteam entwickelt Grundlagen für nachhaltige Batterietechnologie. Elektromobilität und portable elektronische Geräte wie Laptop und Handy sind ohne die Verwendung von Lithium-Ionen-Batterien undenkbar. Das…

Wenn Immunzellen den Körper bewegungsunfähig machen

Weltweit erste Therapie der systemischen Sklerose mit einer onkologischen Immuntherapie am LMU Klinikum München. Es ist ein durchaus spektakulärer Fall: Nach einem mehrwöchigen Behandlungszyklus mit einem immuntherapeutischen Krebsmedikament hat ein…

Partner & Förderer