Genetische Ursache für Herzklappendefekte

Im Menschen gibt es ein sehr ähnliches Creld1-Gen. Die Forscher konnten nachweisen, dass es im gleichen Signalweg funktioniert wie in der Maus. Diese Entdeckung ist wichtig für das molekulare Verständnis der Entstehung von Herzklappendefekten. Die Ergebnisse werden nun im Fachjournal „Developmental Cell“ veröffentlicht.

Beim Atrioventrikulären Septumdefekt (AVSD) handelt es sich um einen angeborenen Herzfehler, bei dem die Herzklappen und die Herzscheidewand fehlgebildet sind. Vor allem Kinder mit einem Down-Syndrom sind davon betroffen. Ohne chirurgische Eingriffe ist die Sterblichkeit in den ersten Lebensmonaten hoch.

„Auch bei Erwachsenen treten nicht erkannte Klappendefekte bei rund sechs Prozent der Herzerkrankungen auf“, sagt Prof. Dr. Michael Hoch, Geschäftsführender Direktor des Life & Medical Sciences (LIMES) Instituts der Universität Bonn.

Seit Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Veränderungen im sogenannten Creld1-Gen (Cysteine-Rich with EGF-Like Domains 1) das Erkrankungsrisiko für AVSD erhöhen. Der genaue molekulare Zusammenhang zwischen dem Gen und der Krankheit war bislang jedoch unbekannt.

Ein Forscherteam des LIMES-Instituts und des Bonner Forschungszentrums caesar hat nun im Mausmodell gezeigt, dass Creld1 bei der Herzentwicklung eine entscheidende Rolle spielt. Die Forscher der Universität Bonn schalteten in den Mäusen das Creld1-Gen aus. „Wir fanden heraus, dass sich daraufhin die Vorläuferzellen der Herzklappen und die Herzscheidewand nicht korrekt ausbilden konnten“, berichtet Dr. Elvira Mass vom LIMES-Institut. Das war ein wichtiger Hinweis darauf, dass Creld1 in einem sehr frühen Stadium für die Heranreifung des Herzens notwendig ist.

In der Embryonalentwicklung bildet sich das Herz als erstes Organ

Kooperationspartnerin am Forschungszentrum caesar war Dr. Dagmar Wachten, die dort die Minerva-Forschergruppe „Molekulare Physiologie“ leitet und sich ebenfalls mit Herzentwicklung beschäftigt. „Im Embryonalstadium bildet sich das Herz als allererstes Organ. Es pumpt Blut durch das Blutgefäßsystem und ist für die Versorgung der anderen Organe des Körpers mit Sauerstoff und Nährstoffen essentiell“, berichtet sie. Gemeinsam konnten die beiden Wissenschaftlerinnen nachweisen, dass das Creld1-Gen über den so genannten Calcineurin-NFAT-Signalweg die Entwicklung der Herzklappen steuert. Die Herzklappendefekte der Mäuse ohne Creld1-Gen führen letztlich zu einer mangelnden Sauerstoffversorgung des Körpers, weshalb der Mäuseembryo ungefähr am elften Tag seine Entwicklung einstellt.

Potenzieller Ansatzpunkt für die Verbesserung der Diagnostik

Nach Einschätzung des Forscherteams lassen sich die Ergebnisse auch auf Patienten übertragen. Maus und Mensch sind bezüglich der Herzentwicklung sehr ähnlich und das Creld1-Gen und der Calcineurin/NFAT Signalweg funktionieren ebenfalls in beiden Spezies analog. „Unsere Resultate tragen dazu bei, die molekularen Grundlagen der Herzentwicklung besser zu verstehen und mittelfristig auch die Diagnose von unerkannten Erkrankungen der Herzklappen zu verbessern“, erklärt Prof. Hoch. Interessanterweise ist der Calcineurin/NFAT Signalweg nicht nur im Herzen, sondern auch in Immunzellen aktiv. In der Transplantationsmedizin muss er durch Medikamente wie Cyclosporin A dauerhaft unterdrückt werden, damit transplantierte Organe nicht abgestoßen werden. „Im Rahmen des Exzellenzclusters ImmunoSensation untersuchen wir derzeit den Wirkmechanismus von Creld1 in Immunzellen“, sagt Prof. Hoch und ist überzeugt, dass das zukünftig auch für die Transplantationsmedizin von Bedeutung sein wird.

Publikation: Murine Creld1 controls cardiac development through activation of calcineurin/NFATc1 signaling, Developmental Cell, DOI: 10.1016/j.devcel.2014.02.012

Kontakt:

Prof. Dr. Michael Hoch
Life & Medical Sciences (LIMES) Institut
der Universität Bonn
Tel. 0228/7362737
E-Mail: m.hoch@uni-bonn.de
Web: www.limes-institut-bonn.de

Dr. Elvira Mass
Life & Medical Sciences (LIMES) Institut
der Universität Bonn
Tel. 0228/7362767
E-Mail: emass@uni-bonn.de

Dr. Dagmar Wachten
Forschungszentrum caesar Bonn
Minerva-Forschungsgruppenleiterin
Tel. 0228/9656311
E-Mail: dagmar.wachten@caesar.de

http://www.youtube.com/watch?v=QiAR-peJijs&feature=youtu.be

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