Feinstaubbelastung erhöht Risiko für Insulinresistenz im Kindesalter

Schadstoffe in der Luft werden mit der Entstehung chronischer Erkrankungen, wie beispielsweise Herz-Kreislauf-Erkrankungen, in Verbindung gebracht. Für Diabetes allerdings liegen hierzu bislang keine gesicherten Daten vor.

Das Ziel der Studie von Elisabeth Thiering und Dr. Joachim Heinrich, vom Institut für Epidemiologie I am Helmholtz Zentrum München, war, mögliche Assoziationen von Luftverschmutzung und einer Resistenz gegenüber Insulin bei Kindern zu identifizieren. Dazu werteten die Wissenschaftler Daten und Blutproben von 397 10-jährigen Kindern innerhalb einer prospektiven Kohortenstudie in Deutschland aus.

Für die Erhebung der Feinstaubbelastung wurden Analysen der Verkehrsemissionen und der Bevölkerungsdichte in Wohnortnähe herangezogen. Zudem wurden die Modelle für die Einbeziehung weitere Daten angepasst, darunter sozioökonomischer Status der Familie, Exposition gegenüber Passiv-Rauchen sowie Geburtsgewicht, Entwicklungsstatus und BMI (Body-Mass-Index) der Kinder.

Die Untersuchungen ergaben, dass eine höhere Insulinresistenz bei jenen Kindern vorlag, die vermehrt Feinstäuben ausgesetzt waren. Pro 10,6 µg/m³ zusätzlichem Luftgehalt an Stickstoffdioxid (NO2) stieg die Häufigkeit der Insulinresistenz um 17 Prozent. Für Feinstaubin der Luft (bis zu einem Durchmesser von 10 µm) kam es zu einem Anstieg der Insulinresistenz um 19 Prozent pro 6 µg/m³. Auch die Entfernung der Wohnung zu einer stark befahrenen Straße spielte eine Rolle: in ihrer Nähe stieg die Insulinresistenz um 7 Prozent pro 500 Meter.

„Die Toxizität von Luftschadstoffen ist unterschiedlich, allerdings sind sie alle potentielle Oxidantien. Das heißt, sie können direkt Lipide oder Proteine oxidieren oder auch indirekt oxidierende Signalwege in den Zellen aktivieren“, erklärt Thiering, Erstautorin der Studie. „Dieser oxidative Stress durch Feinstäube kann eine Erklärung für die Entwicklung einer Insulinresistenz sein. Zudem haben frühere Studien gezeigt, dass eine Vermehrung von kleinsten Luftpartikeln sowie NO2 zu einer Erhöhung entzündlicher Biomarker führen, was ebenfalls ein möglicher Trigger für eine Insulinresistenz sein kann.“

Die Studie beschreibt erstmalig die Beziehung einer langfristigen Feinstaubbelastung zu dem Vorliegen einer Insulinresistenz bei Kindern. „Wir konnten beobachten, dass eine erhöhte Luftverschmutzung mit einem erhöhten Risiko für die Insulinresistenz einhergeht und diese Beobachtung ist unabhängig von Begleitfaktoren wie sozioökonomischem Status, Passiv-Rauchen oder dem BMI.“
Die Nachbeobachtung der Kohorten erfolgt über insgesamt 15 Jahre. Aktuell untersuchen die Wissenschaftler, inwiefern sich ihre Beobachtung bei den älteren Kindern, während und nach der Pubertät, wiederspiegeln und ob beispielsweise ein Wohnortwechsel, aus dem sich eine Änderung der Feinstaubbelastung ergibt, Aufschluss bietet über die Bedeutung der frühkindlichen bzw. späteren Exposition. „Wir können momentan die klinische Relevanz des erhöhten Risikos für die Insulinresistenz durch Feinstaubbelastung nicht abschätzen. Die Resultate unterstützen aber die These, dass die Entwicklung eines Diabetes im Erwachsenenalter mit Umweltfaktoren früherer Lebensabschnitte zusammenhängt“, resümiert Heinrich, Letztautor der Studie

Als deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt liegt der Schwerpunkt des Helmholtz Zentrums München auf den großen Volkskrankheiten, wie Diabetes und Lungenerkrankungen. Ziel ist es, neue Ansätze für Diagnostik, Therapie und Prävention zu entwickeln.

Weitere Informationen

Original-Publikation:
Thiering, E. et al. (2013): Long-term exposure to traffic-related air pollution and insulin resistance in children. Results from the GINIplus and LISAplus birth cohorts. doi: 10.1007/s00125-013-2925-x

Link zur Fachpublikation: http://www.diabetologia-journal.org/

Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.100 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 34.000 Beschäftigten angehören. Das Helmholtz Zentrum München ist Partner im Deutschen Zentrum für Diabetesforschung e.V. www.helmholtz-muenchen.de
Das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung e.V. bündelt Experten auf dem Gebiet der Diabetesforschung und verzahnt Grundlagenforschung, Epidemiologie und klinische Anwendung. Mitglieder des Verbunds sind das Deutsche Diabetes-Zentrum DDZ in Düsseldorf, das Deutsche Institut für Ernährungsforschung DIfE in Potsdam-Rehbrücke, das Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, die Paul Langerhans Institute des Carl Gustav Carus Universitätsklinikums Dresden und der Eberhard-Karls-Universität Tübingen sowie die Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz e.V. und die Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren. Ziel des DZD ist es, über einen neuartigen, integrativen Forschungsansatz Antworten auf offene Fragen in der Diabetesforschung zu finden und einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung von Prävention, Diagnose und Therapie des Diabetes mellitus zu leisten. www.dzd-ev.de

Das Institut für Epidemiologie I (EPI I) erforscht die Bedeutung von Umwelt- und Lebensstilfaktoren, genetischer Konstitution und Stoffwechsel bei Entstehung und Progression von Atemwegs-, Stoffwechsel- und allergischen Erkrankungen, sowie ausgewählten Krebserkrankungen. Dazu dienen Daten und biologische Proben aus den bevölkerungsbasierten Kohortenstudien GINI, LISA und MONICA/KORA. Das Institut ist federführend an Planung und Aufbau der Nationalen Kohorte beteiligt.
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