EU-Projekt misst Qualitätsparameter der postoperativen Schmerzbehandlung in Kliniken

Dabei sollen die teilnehmenden Kliniken nicht nur schnell eine Rückmeldung über den eigenen Leistungsstand in der Schmerzbehandlung erhalten, aus den anonymisiert erfassten Patientenfällen soll auch eine Datenbank entstehen, die den Ärzten im konkreten Fall unmittelbar Entscheidungshilfe leistet. Koordiniert wird das von der EU mit fast 3 Mio. Euro geförderte Projekt, an dem sich 16 Partner aus sieben Ländern beteiligen, von Anästhesisten des Universitätsklinikums Jena.

Über 40 Millionen Patienten unterziehen sich jährlich in Europa chirurgischen Eingriffen, und fast die Hälfte davon leidet danach an starken Schmerzen. Doch Schmerzen nach einer Operation sind nicht unausweichlich, und schlecht behandelter postoperativer Schmerz hat einen hohen Preis: Er belastet den Organismus, verzögert den Heilungsprozess und kann zum chronischen Schmerz werden. „Mittlerweile stehen wirkungsvolle Therapiemethoden zur Verfügung“, sagt PD Dr. Winfried Meißner, „doch es gibt große Unterschiede von Klinik zu Klinik bei den Behandlungserfolgen.“

Der Anästhesist vom Jenaer Universitätsklinikum möchte deshalb Parameter für Qualität und Erfolg der Behandlung von Schmerzen erfassen und vergleichen. „Unser wichtigster Schmerzspezialist dabei ist der Patient. Er kann die Stärke der Schmerzen und die Beeinträchtigung bei Bewegungen oder beim bloßen Atmen am besten einschätzen“, so Meißner. Auch klinische Patienten- und Behandlungsdaten sowie Informationen über das behandelnde Krankenhaus werden in Online-Formularen aufgenommen; die konkrete Festlegung dieser Kerndaten ist ein erster Teil des Projektes. Zusammen mit weiteren Fakten, wie Behandlungskosten, sollen diese Daten den Grundstock für ein Europäisches Schmerzregister bilden.

Das ständig aktualisierte, Internet-basierte Register ist das Herzstück von PAIN-OUT. Es wird das Auftreten postoperativer Schmerzen, die jeweilige Behandlung und deren Erfolg europaweit erfassen und so die Möglichkeit zum Vergleich bieten. Ähnlich wie die PISA-Tests auf dem Gebiet der Bildung, nur viel schneller, gibt dieser Vergleich den teilnehmenden Einrichtungen nicht nur Auskunft über die eigene Leistung, sondern soll auch den Erfahrungsaustausch und die Methodenevaluation fördern. Die erfolgreichsten Versorgungsstrategien werden in einem Forum vorgestellt und zur Nachahmung empfohlen. „Beim Aufbau des europäischen Schmerzregisters können wir auf unsere Erfahrungen mit dem deutschen Register zurückgreifen“, erklärt Winfried Meißner, der ein entsprechendes Projekt des Bundesministeriums für Gesundheit leitete, in dem inzwischen über 70 deutsche Krankenhäuser beteiligt sind und die Daten von 45.000 Patienten gesammelt wurden.

Die Daten aus dem europaweiten Schmerzregister sollen aber nicht nur zum Vergleich der Behandlungsqualität und zur Verbesserung der Versorgungsstrategien dienen, sie sollen dem behandelnden Kliniker auch im konkreten Fall am Krankenbett Entscheidungshilfe leisten: „Was haben Kollegen in anderen Krankenhäusern in ähnlichen Fällen gemacht und mit welchem Erfolg?“ Schließlich dient das Register als Frühwarnsystem für therapiebedingte Nebenwirkungen, die durch konventionelle Studien oft nicht sicher erfasst werden können.

Ergänzend dazu will PAIN-OUT eine Schmerzbibliothek aufbauen, die das spezielle Fachwissen zu postoperativen Situationen zusammenfasst und ständig um aktuelle Studienergebnisse und evidenzbasierte Behandlungsrichtlinien erweitert wird. Auch für die Betrachtung alters- und geschlechtsspezifischer Unterschiede in der Behandlung von Schmerzen soll das Register ausgerüstet werden.

Zu den Projektpartnern zählen einige der renommiertesten Schmerzexperten aus Europa und Kliniken in Deutschland, Frankreich, England, Italien, Spanien, Schweden, Rumänien, Israel und der Schweiz, ergänzt durch Medizinstatistiker, Informatiker und Softwareentwickler, die die Realisierung des ambitionierten Medizin-Informations-Systems in Angriff nehmen. Die Europäische Union unterstützt das Projekt in ihrem 7. Forschungsrahmenprogramm mit knapp drei Millionen Euro.

Die Auftaktveranstaltung des Projektes findet am 16. und 17. Januar 2009 in der Thüringer Landesvertretung in 10117 Berlin, Mohrenstraße 64 statt. Für weitere Informationen stehen Ihnen dort am 16. Januar zwischen 13 und 14 Uhr der Projektleiter Dr. Winfried Meißner sowie eine der international renommiertesten Schmerzexpertinnen und Partnerin des Projektes, Professor Margarita Puig aus Barcelona zur Verfügung. Bei Interesse wird um eine kurze Rückmeldung gebeten.

Kontakt:
PD Dr. Winfried Meißner
Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie
Erlanger Allee 101
07747 Jena
Tel.: 03641 / 9323353
E-Mail: winfried.meissner@med.uni-jena.de

Media Contact

Dr. Winfried Meißner Friedrich-Schiller-Universität J

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue Industrie-4.0-Lösung für niedrigschwelligen Zugang zu Datenräumen

»Energizing a Sustainable Industry« – das Motto der Hannover Messe 2024 zeigt klar, wie wichtig eine gleichermaßen leistungsstarke und nachhaltige Industrie für den Fertigungsstandort Deutschland ist. Auf der Weltleitmesse der…

Quantenpräzision: Eine neue Art von Widerstand

Physikforschende der Universität Würzburg haben eine Methode entwickelt, die die Leistung von Quantenwiderstands-Normalen verbessern kann. Sie basiert auf einem Quantenphänomen namens anomaler Quanten-Hall-Effekt. In der industriellen Produktion oder in der…

Sicherheitslücke in Browser-Schnittstelle erlaubt Rechnerzugriff über Grafikkarte

Forschende der TU Graz waren über die Browser-Schnittstelle WebGPU mit drei verschiedenen Seitenkanal-Angriffen auf Grafikkarten erfolgreich. Die Angriffe gingen schnell genug, um bei normalem Surfverhalten zu gelingen. Moderne Websites stellen…

Partner & Förderer