Ernährung macht mobil – macht sie auch gescheit? Ernährung 2012 in Nürnberg

Im Alter beginnt für viele Menschen ein Teufelskreis: Sie können nicht mehr so aktiv wie früher sein, leiden an Appetitlosigkeit, haben Probleme beim Einkauf und der Essenszubereitung, essen dadurch weniger, werden körperlich schwächer und die Abläufe und Erfordernisse des normalen Alltags bereiten noch mehr Probleme. Aus diesen Komponenten entsteht schnell eine Mangelernährung, es fehlen also die notwendigen Nährstoffe für eine ausgewogene und dem Alter entsprechende Ernährung.

Daraus ergibt sich dann ein ständiger Gewichtsverlust, bis hin zur Sarkopenie (fortschreitender Muskelabbau und damit einhergehende Funktionseinschränkungen). „Es ist nicht nur der Verlust von Gewicht, sondern ganz speziell auch der Abbau der Muskelmasse, der beim älteren Menschen dann für ein höheres Risiko zum Beispiel für Stürze sorgt,“ sagt Prof. Dr. Cornel Sieber, Lehrstuhl für Innere Medizin – Geriatrie, Institut für Biomedizin des Alters, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, anlässlich der DGEM Tagung „Ernährung 2012“ in Nürnberg. Die sogenannte Frailty gehe auch mit einem erhöhten Risiko für Behinderungen und Begleiterkrankungen einher. Sie beeinträchtige den Verlauf chronischer Erkrankungen, wie zum Beispiel der Koronaren Herzerkrankung, Schlaganfall, Demenz oder Morbus Parkinson. Die richtige Ernährung im Alter ist daher ein wichtiger Faktor, um bestmöglich Erkrankungen vorzubeugen. Speziell auch für Demenzkranke gelte es, genügend Nährstoffe über die Nahrung zu erhalten.
Kognitive Funktionen und Ernährung
Demenzkranke verlieren oft bereits vor der Diagnose schon an Gewicht und entwickeln im weiteren Verlauf der Erkrankung vielfältige Ernährungsprobleme, die die Situation weiter verschlechtern. Anfangs stehen Schwierigkeiten beim Einkaufen und bei der Lebensmittelauswahl im Vordergrund, Kochen und Zubereiten von Speisen wird verlernt, bei den Mahlzeiten lassen Aufmerksamkeit und Konzentration nach. Besonders das Trinken wird aufgrund des mangelnden Durstgefühls häufig vergessen. Im weiteren Verlauf der Erkrankung können Verhaltensstörungen auftreten, die das Essen erschweren, und psychomotorische Unruhe und ein verstärkter Bewegungsdrang können den Energiebedarf erhöhen. In der Spätphase sind Demenzkranke völlig auf fremde Hilfe beim Essen angewiesen, darüber hinaus können Schluckstörungen die Essmenge limitieren und dazu beitragen, dass Menschen mit Demenz bis zu viermal mehr an Körpergewicht verlieren als gleichaltrige Menschen ohne Demenz und folglich häufig mangelernährt sind.

Ernährungsempfehlungen im Alter
Um auch im Alter – und speziell bei schwindenden Kräften und nachlassender Kognition – ausreichend mit Nährstoffen versorgt zu sein, muss an erster Stelle für eine ausreichende Essmenge gesorgt werden. Daneben ist es auch im Alter ganz wichtig, möglichst vielseitig und abwechslungsreich zu essen. Für den Erhalt der Muskulatur und Leistungsfähigkeit ist eine ausreichende Eiweißzufuhr elementar. Eine tägliche Zufuhr von 0,8 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht, wie für gesunde Erwachsene empfohlen, ist für gebrechliche Menschen vermutlich nicht ausreichend. Sie sollten täglich mindestens ein Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht zu sich nehmen. Wichtige Proteinquellen sind Milchprodukte, Fleisch, Fisch, Eier, Hülsenfrüchte, Kartoffeln, Soja- und Getreideprodukte. Regelmäßiger Fischverzehr kann außerdem die Vitamin-D-Versorgung verbessern, hierzu ist jedoch weiterhin ein regelmäßiger Aufenthalt im Freien erforderlich, um durch Sonnenlicht die Vitamin D-Produktion in der Haut anzuregen. Pflanzliche Öle sollten ebenfalls regelmäßig verwendet werden, sie liefern genauso wie fetter Seefisch (Hering, Makrele und Lachs) Omega3-Fettsäuren.

Aktuelle Studie zu Ernährung bei Demenz im häuslichen Umfeld
Eine der zentralen Aufgaben in der täglichen Betreuung von Menschen, die von einer Demenz betroffen sind, ist eine angemessene Ernährung in den verschiedenen Krankheitsstadien zu gewährleisten. Doch demenzkranke Personen beim Essen zu unterstützen, ist eine anspruchsvolle Aufgabe und braucht viel Zeit. Speziell im häuslichen Bereich gibt es dazu bislang noch keine grundlegenden Untersuchungen.
Das Forschungsprojekt „Ernährungssituation bei Demenz im häuslichen Umfeld“ hat deshalb zum Ziel, erstmals in Deutschland aus pflegerischer Sicht, die Ernährungssituation und die Spezifika von Ernährungsproblemen bei zu Hause lebenden Demenzkranken zu erheben. „Mit den Daten sollen sowohl für die zu Hause gepflegten Demenzkranken als auch für die pflegenden Angehörigen Informations- und Schulungsmodule zum Thema „Ernährung zu Hause“ konzipiert werden, um ein möglichst langes Verbleiben im häuslichen Umfeld zu unterstützen“, sagt Prof. Dr. Dorothee Volkert, Institut für Biomedizin des Alterns, Friedrich-Alexander-Universität Nürnberg, die die Studie begleitet. 60 demenzkranke Personen, die zu Hause leben, sowie die jeweiligen pflegenden Angehörigen wurden in die Studie eingeschlossen. Bei allen Teilnehmerpaaren wurden Ernährungs- und Lebenssituation mittels umfangreicher Befragungen und Untersuchungen erfasst. Die pflegenden Angehörigen hatten zudem die Möglichkeit zu erzählen, welche Erfahrungen sie im Zusammenhang mit Essen und Trinken bei der demenzkranken Person machen und wie sie damit umgehen. Mit Ergebnissen – aktuell erfolgt die Auswertung der Daten – ist voraussichtlich im Frühjahr nächsten Jahres zu rechnen. Die Arbeit erfolgt in Zusammenarbeit mit der Universität Heidelberg (Netzwerk AlternsfoRschung – NAR) und mit Unterstützung der Robert Bosch Stiftung.

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Cornel Sieber
Lehrstuhl für Innere Medizin – Geriatrie
Institut für Biomedizin des Alterns
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Heimerichstraße 58
90419 Nürnberg
cornel.sieber@iba.fau.de
Prof. Dr. Dorothee Volkert
Institut für Biomedizin des Alterns
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Heimerichstraße 58
90419 Nürnberg
dorothee.volkert@iba.fau.de

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Rita Wilp idw

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