EPO: positive Effekte bei Entzündungserkrankungen, negative Wirkung bei Infektionen

Zu Beginn dieses Jahres sorgte ein Innsbrucker Forscherteam aus der Univ.-Klinik für Innere Medizin I für Aufsehen in der internationalen Wissenschaftsgemeinde. In ihrer im renommierten Journal „Immunity“ veröffentlichten Forschungsarbeit schreiben Univ.-Prof. Günter Weiss und Dr. Manfred Nairz dem Bluthormon Erythropoietin (EPO) eine neue duale Rolle in der Regulation der Immunantwort zu. Die neuen Erkenntnise gingen durch die Fach- und Weltpresse.

Erythropoeitin (EPO) beeinflußt die Immunitätslage und hemmt die Aktivität der Immunantwort. Diese neuen und weitreichenden Erkenntnisse des Teams um Prof. Weiss und Dr. Nairz aus dem Laborbereich für Molekulare Infektiologie und Immunologie wurden im renommierten Immunity – einer weltweit führenden Zeitschrift auf dem Gebiet der Immunologie – veröffentlicht. „Neben der Aufklärung des molekularen Mechanismus konnten wir nachweisen, dass die immunregulierende Wirkung von Erythropoeitin sich positiv auf den Verlauf von Autoimmunerkrankungen (wie etwa bei der chronisch entzündlichen Darmerkrankung Kolitis) auswirkt, jedoch negative Effekte auf den Verlauf von Infektionen hat“, erklärt Prof. Weiss.

EPO: Konträre Effekte in der Immunantwort
Einer breiten Öffentlichkeit ist das in der Niere produzierte Hormon Erythropoietin im Zusammenhang mit dessen Missbrauch als Blutdoping-Mittel bekannt. Neben seiner blutbildenden Wirkung spielt Erythropoietin bei zahlreichen biologischen Vorgängen eine wichtige Rolle. So sind EPO-Rezeptoren nicht nur auf der Oberfläche von blutbildenden, sondern auch von Immun- und Krebszellen präsent.

Die bislang unerforschte Funktionsweise dieser Rezeptoren konnten Prof. Weiss und Dr. Nairz nun anhand von Untersuchungen in Immunzellen (Makrophagen) und an zwei Mausmodellen erhellen: Mäuse mit systemischer Infektion durch Salmonellen-Bakterien und solche mit chemisch induzierter Kolitis, einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung, wurden mit EPO behandelt. Die Salmonellen-infizierten Mäuse zeigten nach der EPO-Medikation reduzierte Überlebensraten und eine eingeschränkte Fähigkeit, die Bakterien zu bekämpfen.

Die Neutralisierung der körpereigenen EPO-Produktion begünstigte hingegen die Eliminierung des Salmonellen-Bakteriums. Im Gegensatz zur bakteriellen Infektion hatte die Gabe von EPO im Rahmen der nicht-infektiösen, entzündlichen Darmerkrankung jedoch positive Effekte auf den Krankheitsverlauf, indem die Produktion von krankheitsverschlechternden Entzündungsfaktoren gehemmt wird. Mechanistisch konnten diese Effekte auf eine direkte Wirkung von EPO auf das Immunsystem zurückgeführt werden. EPO hemmt die Aktivität des Proteins Nuklear-Faktor kappa B (NF-kB) und damit die Bildung von Immunbotenstoffen und -mediatoren wie Tumornekrosefaktor-alpha oder Stickstoffmonoxid (NO).

Entwicklung gezielter Behandlungsstrategien
„Unsere Untersuchungen belegen erstmals, dass sich diese EPO-vermittelte Wirkung positiv auf den Verlauf von Autoimmunerkrankungen und negativ bei Infektionen durchschlägt“, kommentiert Erstautor Manfred Nairz die Ergebnisse, die unter Mitarbeit des gesamten Teams um Prof. Weiss in Kooperation mit Dr.in Nicole Taub und Prof. Lukas Huber (Biozentrum), Dr. Alexander Moschen und Prof. Herbert Tilg (Christian-Doppler-Forschungslabor) sowie Prof.in Patrizia Moser (Institut für Pathologie) erzielt werden konnten. Moderne EPO-Derivate könnten sich also als brauchbare Strategien in der Behandlung krankhafter Entzündungen erweisen.

Diese Entdeckungen bringen nicht nur neue Erkenntnisse hinsichtlich der Behandlung von Infektionen und Autoimmunerkrankungen mit sich, sondern auch für die Therapie von Anämien (Blutarmut), die sich im Rahmen von Tumorerkrankungen, Infektionen und Autoimmunerkrankungen manifestieren (sog. Anämie chronischer Erkrankungen), deren Pathogenese und Therapie schon bisher im Fokus der Forschungsarbeiten des Labors von Prof. Weiss stand.

Angesehene Innsbrucker Forschung
Diese neue Rolle des vielschichtig wirkenden Hormons, der „Immunity“ zudem ihr Editorial widmete, fand auch in weiteren hochkarätigen Wissenschaftsmagazinen ihren Niederschlag: So gab es in „Cell“ zu dieser Arbeit einen Podcast, „Science Signals“ würdigte das Thema mit einem Editor’s Choice; außerdem wurde die Arbeit in die Faculty of 1000 (die weltweit besten 1000 Arbeiten eines Jahres) gewählt. Eine entsprechende Presseaussendung von Cell Press wurde u.a. von der New York Times, der Washington Post und der Neuen Zürcher Zeitung übernommen.

Die Arbeitsgruppe um Univ.-Prof. Günter Weiss, Professor für „Klinische Infektiologie und Immunologie“ an der Medizinischen Universität Innsbruck, konnte sich in den vergangenen Jahren mit zahlreichen Forschungsbeiträgen zu den immunologischen Mechanismen der Infektionsabwehr und dem Eisenstoffwechsel, besonders im Hinblick auf genetische Störungen der Eisenaufnahme (Hämochromatose), der Anämie chronischer Erkrankungen (Infektions- und Tumoranämie) und der Bedeutung von Eisen für die Immunabwehr und den Verlauf von Infektionen, erfolgreich profilieren.

Weiterführende Links:
Forschungsarbeit in Immunity
http://dx.doi.org/10.1016/j.immuni.2011.01.002
Univ.-Klinik für Innere Medizin I, Laborbereich Infektiologie und Immunologie
http://www3.i-med.ac.at/innere1/forschung/infektiologie.html
Details zur Medizinischen Universität Innsbruck
Die Medizinische Universität Innsbruck mit ihren rund 1.800 MitarbeiterInnen und ca. 2.800 Studierenden ist gemeinsam mit der Universität Innsbruck die größte Bildungs- und Forschungseinrichtung in Westösterreich und versteht sich als Landesuniversität für Tirol, Vorarlberg, Südtirol und Liechtenstein. An der Medizinischen Universität Innsbruck werden drei Studienrichtungen angeboten: Humanmedizin und Zahnmedizin als Grundlage einer akademischen medizinischen Ausbildung und das PhD-Studium (Doktorat) als postgraduale Vertiefung des wissenschaftlichen Arbeitens. Neu im Studienplan ab Herbst 2011 ist das Bachelor-Studium der Molekularen Medizin.

Die Medizinische Universität Innsbruck ist in zahlreiche internationale Bildungs- und Forschungsprogramme sowie Netzwerke eingebunden. In der Forschung liegen die Schwerpunkte im Bereich der Molekularen Biowissenschaften (u.a. bei dem Spezialforschungsbereich „Zellproliferation und Zelltod in Tumoren“, Proteomik-Plattform), der Neurowissenschaften, der Krebsforschung sowie der molekularen und funktionellen Bildgebung. Darüber hinaus ist die wissenschaftliche Forschung an der Medizinischen Universität Innsbruck in der hochkompetitiven Forschungsförderung sowohl national auch international sehr erfolgreich.

Für medizinische Rückfragen:
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