Entdeckung eines neuen Moleküls für die Regeneration von Nervenzellen

Nach einer Schädigung des Zentralen Nervensystems (ZNS), zum Beispiel durch eine Verletzung des Gehirns, des Rückenmarks oder durch einen Schlaganfall, entsteht im Gehirn oder Rückenmark eine für Nervenzellen regenerationsfeindliche Umgebung unter anderem durch Narbenbildung. Außerdem fehlt den adulten ZNS-Nervenzellen – genetisch bedingt – die Fähigkeit nachzuwachsen. Eine neuronale Regeneration und funktionelle Wiederherstellung des ZNS ist somit ausgeschlossen. So bleiben beispielsweise Lähmungen in Folge einer Rückenmarksverletzung bestehen.

Dr. Perrine Gaub und Dr. Simone Di Giovanni vom Hertie-Institut für klinische Hirnforschung (HIH) im Universitätsklinikum Tübingen untersuchten das epigenetische Molekül p300. Es reguliert den Komplex aus DNA und Proteinen in der Nähe von Genen und beeinflusst die Umsetzung der genetischen Information in die Ausprägung der Nervenzellen (Genexpression). Nach einer Schädigung der Nervenfortsätze (Axone), beispielsweise durch Verletzungen des Gehirns, des Rückenmarks oder durch einen Schlaganfall, ist dieses Programm zur Genexpression inaktiv. Die Tübinger Wissenschaftler wiesen erstmals nach, dass ein epigenetisches Molekül wie p300 das nach einer Schädigung des Nervenfortsatzes inaktive Programm zur Genexpression in Nervenzellen wieder aktivieren kann. Sie entdeckten damit einen molekularen Mechanismus, der die Regenerationsfähigkeit verletzter Nervenzellen kontrolliert.

Die Autoren bedienten sich eines viralen Ansatzes in einem Mausmodell: Die virale Lieferung von p300 in den geschädigten Sehnerv des Mausmodells führte zu einer deutlichen Regeneration des Nervenfortsatzes. Die Verstärkung der Expression durch eine erhöhte Verabreichung von p300 könnte demnach ein neuer Ansatz für eine regenerative Behandlung bei Verletzungen des Rückenmarks oder Gehirns darstellen, so die Vermutung der Forscher.

„Für Vorhersagen zu einer klinischen Anwendung von p300 ist es noch zu früh. Aber ein verbessertes Wachstum der Nervenfortsätze könnte die neurologische Funktion nach Gehirn- oder Rückenmarksverletzungen verbessern,“ so Dr. Simone Di Giovanni.

Originaltitel der Publikation in Brain:
The histone acetyltransferase p300 promotes intrinsic axonal regeneration.
Autoren: Perrine Gaub, Yashashree Joshi, Ulrike Naumann, Sven Schnichels, Peter Heiduschka, Simone Di Giovanni.
Brain (2011) 134 (7): 2134-2148.
doi: 10.1093/brain/awr142
Kontakte:
Universitätsklinikum Tübingen, Zentrum für Neurologie
Hertie-Institut für klinische Hirnforschung (HIH)
Dr. Simone Di Giovanni
Tel: 07071-29-80449
Mail: simone.digiovanni@medizin.uni-tuebingen.de
Hertie-Institut für klinische Hirnforschung (HIH)
Externe Pressestelle:
Kirstin Ahrens
Tel.: 07073-500 724, Mobil: 0173 – 300 53 96
Mail : mail@kirstin-ahrens.de
Universitätsklinikum Tübingen
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Claudia Löwe
Telefon: 07071-2981020
Mail: Claudia.loewe@med.uni-tuebingen.de

Media Contact

Kirstin Ahrens idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Ideen für die Zukunft

TU Berlin präsentiert sich vom 22. bis 26. April 2024 mit neun Projekten auf der Hannover Messe 2024. Die HANNOVER MESSE gilt als die Weltleitmesse der Industrie. Ihr diesjähriger Schwerpunkt…

Peptide auf interstellarem Eis

Dass einfache Peptide auf kosmischen Staubkörnern entstehen können, wurde vom Forschungsteam um Dr. Serge Krasnokutski vom Astrophysikalischen Labor des Max-Planck-Instituts für Astronomie an der Universität Jena bereits gezeigt. Bisher ging…

Wasserstoff-Produktion in der heimischen Garage

Forschungsteam der Frankfurt UAS entwickelt Prototyp für Privathaushalte: Förderzusage vom Land Hessen für 2. Projektphase. Wasserstoff als Energieträger der Zukunft ist nicht frei verfügbar, sondern muss aufwendig hergestellt werden. Das…

Partner & Förderer