Dresdner Forschern gelingt mit künstlichem Pankreas Durchbruch in der Diabetestherapie

Dazu implantierten sie einem Patienten einen Bio-Reaktor mit menschlichen Inselzellen, die dort rund ein Jahr zuverlässig Insulin produzierten. Das von Professor Dr. Stefan R. Bornstein, Direktor der Medizinischen Klinik III des Dresdner Uniklinikums, geleitete Forscherteam publiziert die Ergebnisse der erfolgreichen Therapie nun in der renommierten wissenschaftlichen Zeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS 2013; doi:10.1073/pnas.1317561110).

Die neuartige Therapie und das Pankreassystem könnten die bei Transplantationen notwendige Immunsuppression überflüssig machen. Allerdings bedarf es weiterer Studien, bevor eine größere Zahl an Patienten von dieser innovativen Therapie profitieren kann.

Zum ersten Mal weltweit wurde am Dresdner Universitätsklinikum einem Patienten mit Typ-1-Diabetes ein künstliches Pankreassystem eingepflanzt, in dem Inselzellen wie in der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) das lebenswichtige Insulin produzieren. Rund ein Jahr blieb der kleine Bio-Reaktor in Form einer flachen Dose im Körper des Patienten. Seine Besonderheit: Das künstliche Pankreassystem ― entwickelt von einem israelischen Unternehmen ― macht anders als bei sonstigen Organ- und Gewebetransplantationen die Immunsuppression überflüssig.

Denn es schützt die Spenderzellen vor Angriffen des Immunsystems, lässt jedoch umgekehrt das Insulin in den Körper gelangen. Prof. Bornstein, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik III am Dresdner Uniklinikum: „Das ‚Ei des Kolumbus‘ ist dabei die kontrollierte Sauerstoffversorgung der Zellen, die dadurch aktiv bleiben.“ Prof. Bornstein ist überzeugt, dass das neue System die Diabetestherapie zukünftig revolutionieren kann.

Damit könnten zukünftig sogar insulinproduzierende Zellen vom Schwein eingesetzt werden, ohne vom menschlichen Organismus abgestoßen zu werden. „Müssen die Empfänger von Spenderzellen nicht mehr lebenslang Immunsuppressiva nehmen und könnte man das Problem der fehlenden Spenderorgane umgehen, könnten viel mehr Menschen mit Diabetes als bisher von einer Inselzelltransplantation profitieren“, so der Dresdner Diabetes-Experte.

„Der weltweit erste Einsatz eines Bio-Reaktors bei einem Diabetespatienten ist ein weiterer Beleg für die erfolgreiche Verknüpfung von Spitzenmedizin und Wissenschaft in Dresden. Sie ist Frucht einer Strategie, deren Fundament mit der Gründung der Dresdner Hochschulmedizin vor nunmehr genau 20 Jahren gelegt wurde“, sagt Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus. „Diese beeindruckenden Ergebnisse verdeutlichen unseren Anspruch, Grundlagenforschung zu Gunsten von Patienten umzusetzen ― eines der Hauptziele der Medizinischen Fakultät in Dresden“, so Prof. Dr. Heinz Reichmann, Dekan der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden.

Für den Medizin-Nobelpreisträger Prof. Andrew V. Schally von der Miller School of Medicine der University of Miami, der im Forschungsverbund mit den Dresdnern steht, hat dieser Erfolg „historische Bedeutung“. Denn für Menschen mit Typ-1-Diabetes, die trotz medikamentöser Therapie an lebensbedrohlichen Schwankungen ihres Zuckerhaushalts leiden, stellen die Pankreas-Organ- sowie die Inselzell-Transplantation derzeit die einzigen Möglichkeiten dar, um die insulinproduzierenden Beta-Zellen zu ersetzen. Beide Optionen bringen eine deutlich verbesserte Diabetes-Kontrolle und Lebensqualität für die Betroffenen. Doch die dauerhafte Einnahme von Immunsuppressiva macht anfällig für Infektionen oder andere mögliche Nebenwirkungen wie ein erhöhtes Krebsrisiko. Darum kam die Behandlung bislang nur für Menschen in Betracht, die ganz spezielle medizinische Kriterien erfüllen.

Dr. Barbara Ludwig hat 2008 das Inselprogramm an der Medizinischen Klinik und Poliklinik III am Dresdner Universitätsklinikum aufgebaut, das seitdem deutschlandweit das einzige aktive Zentrum für die Inseltransplantation ist. Im Zentrum von Dr. Ludwigs Forschungsarbeit steht die Verbesserung der Qualität der Inselzellen. Das künstliche Pankreassystem hat sie zunächst umfassend zusammen mit israelischen Kollegen an Tiermodellen erprobt, bevor es erstmals klinische Anwendung fand. Die Ergebnisse dieser Forschungsarbeit wurden gerade in der hochrangig eingestuften Fachzeitschrift PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences) publiziert: PNAS 2013; doi:10.1073/pnas.1317561110. Bevor jedoch mehr Menschen vom Dresdner Forschungserfolg profitieren können, sind weitere Studien und Entwicklungen notwendig. „Wir schätzen, dass das System in fünf Jahren eine Therapieoption in der Behandlung des Diabetes sein wird“, so Professor Bornstein.

Kontakt:
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Technische Universität Dresden
Medizinische Klinik und Poliklinik III
Prof. Dr. med. Stefan R. Bornstein
Tel.: +49 0351 458 5955
Fax: +49 0351 458 6398
E-Mail: stefan.bornstein@uniklinkum-dresden.de

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