Feuerwerk in Zeitlupe

Es geschieht in wenigen Millisekunden und war bislang nicht im Bild festzuhalten: Zellen schütten den Botenstoff Calcium aus Speichern im Inneren der Zelle aus und übermitteln damit lebenswichtige Signale an funktionelle Proteine innerhalb der Zelle, z.B. für Bewegung im Muskel.

Durch die Kombination modernster Laser-Mikroskopie mit einer Hochgeschwindigkeitskamera haben Wissenschaftler des Instituts für Physiologie und Pathophysiologie an der Universität Heidelberg erstmals die extrem kurzlebige Calcium-Ausschüttung, einen so genannten „Calcium-Funken“, in ihrem zeitlichen Verlauf und räumlicher Ausdehnung sichtbar gemacht. Dank neuer Technik konnten die Forscher die Calcium-Freisetzung aus den Zellen jetzt 60 Mal schneller vermessen als mit herkömmlichen Verfahren.

Die neuen Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung beleuchten einen elementaren Vorgang des Lebens, nämlich wie der Zeitverlauf und die räumliche Ausdehnung von Kommunikation molekularer Ebenen innerhalb der Zelle aussehen. Die Arbeit wurde im Journal „IEEE – Transaction of Medical Imaging“ veröffentlicht.

Calcium ist an der Regulation fast aller wichtigen Zellfunktionen maßgeblich beteiligt: Es aktiviert Muskelzellen, reguliert die Zellteilung, die Bildung und Funktion von Eiweißen. Dafür wird es innerhalb der Zelle gesondert gespeichert und kann über Kanäle sehr schnell freigesetzt werden. Anschließend transportieren Pumpen das Calcium wieder zurück in die Zellspeicher. Die stoßartige Freisetzung wurde am Heidelberger Institut für Physiologie und Pathophysiologie 2001 erstmals im Säugermuskel beschrieben. Zuvor ging man davon aus, dass es diese Ereignisse bei Säugetieren nicht gäbe.

Herkömmliche Laser-Mikroskope sind zu langsam / Statt einem Laserstrahl 64 Unterstrahlen nutzen

„Die Calcium-Freisetzung aus den Zellen gleicht einem „Calcium-Funken“ im Bereich von Tausendstel Millimetern und kann mittels moderner Laser-Mikroskopie sichtbar gemacht werden“, erklärt Privatdozent Dr. Oliver Friedrich, Abteilung Systemphysiologie im Institut für Physiologie und Pathophysiologie der Universität Heidelberg. Für diese Form der Mikroskopie wird Zellen ein Calcium-Farbstoff zugegeben. Unter dem Mikroskop bringt ein Laserstrahl das markierte Calcium zum Leuchten (Konfokal-Mikroskopie) – aber nur in dem winzigen Ausschnitt, den der Laserstrahl gerade abtastet.

„Die herkömmliche Konfokalmikroskopie ist einfach zu langsam für die schnellen Calcium-Funken“, so Dr. Friedrich. Um diese Ereignisse in ihrer räumlichen Ausdehnung vollständig verfolgen zu können, testeten er und sein Heidelberger Kollege Dr. Frederic Wegner eine neue Technik der Firma LaVision Biotec in Göttingen an isolierten Muskelzellen.

Die beiden Heidelberger Physiologen nutzten eine neue Form der Laser-Mikroskopie in Kombination mit einer Hochgeschwindigkeitskamera: Bei dem Verfahren tastet nicht wie bisher ein einzelner Laserstrahl die Probe ab, sondern wird in 64 Unterstrahlen aufgespalten, die gleichzeitig ein größeres Areal mit hoher Geschwindigkeit ablesen können (Multifokal-Mikroskopie).

Literatur:
Frederic Von Wegner , Martin Both , Rainer H A Fink , Oliver Friedrich:
Fast XYT imaging of elementary calcium release events in muscle with multifocal multiphoton microscopy and wavelet denoising and detection. IEEE Trans Med Imaging. 2007 Jul ;26 (7):925-34 17649906

(Der Originalartikel kann bei der Pressestelle des Universitätsklinikums Heidelberg unter contact@med.uni-heidelberg.de angefordert werden)

Kontakt:
Privatdozent Dr. Dr. Oliver Friedrich
Facharzt für Physiologie, Privatdozent für Physiologie und Biophysik
Institut für Physiologie und Pathophysiologie
Im Neuenheimer Feld 326
69120 Heidelberg
Tel.: 06221 / 54 4143
E-mail: oliver.friedrich@physiologie.uni-heidelberg.de
Bei Rückfragen von Journalisten:
Dr. Annette Tuffs
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Universitätsklinikums Heidelberg
und der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 672
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