"Sniffin’ Sticks" als Mittel zur Parkinson-Diagnose

Wenn auffällige Anzeichen wie heftiges Zittern oder Muskelstarre sich bemerkbar machen, ist die Parkinsonsche Krankheit oft schon in eine fortgeschrittene Phase eingetreten. Riechstörungen dagegen treten frühzeitig auf und sind eines der häufigsten Symptome für das Parkinsonsyndrom. Bisher fehlte aber ein praktikables Testverfahren für den Schwund des Geruchssinns. Am Institut für Pharmakologie der Universität Erlangen-Nürnberg hat Prof. Dr. Gerd Kobal ein solches Verfahren entwickelt: den Erlanger Riechtest (ERT). Duftnoten auf“Sniffin’ Sticks“ oder Riechstäbchen können einer Studie zufolge, die in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Christoph Lang von der Neurologischen Universitätsklinik durchgeführt wurde, von Parkinson-Patienten deutlich schlechter wahrgenommen werden als von gesunden Personen.

Auf dem Erlanger Riechtest könnte künftig eine einfache, preiswerte, standardisierte und zuverlässige Methode der Diagnose von Morbus Parkinson basieren, die den Verdacht beizeiten in die richtige Richtung lenkt. Tremor und Rigor, die beiden typischen Erkennungszeichen, leiten keineswegs in allen Fällen die Erkrankung ein. Das Zittern in Ruhestellung befällt im Frühstadium etwa die Hälfte der Patienten; das Erstarren der Muskeln kommt nur bei 17 Prozent in einer frühen Phase vor. Dass die Fehlerrate der klinischen Diagnostik derzeit bei 30 Prozent liegt, ist unter diesen Umständen nicht verwunderlich; beispielsweise werden die Patienten dann zunächst orthopädisch behandelt.

Störungen der Geruchswahrnehmung, auch wenn sie den Erkrankten oftmals nicht zu Bewusstsein kommen, könnten deshalb als früher Indikator äußerst hilfreich sein. Sie sind unabhängig von einer medikamentösen Behandlung und kommen bei Erkrankungen, die sonst nur schwer von der Parkinsonschen Krankheit abgrenzbar sind, überhaupt nicht oder nur in sehr geringem Ausmaß vor.

Klare Unterschiede in drei Teststufen

In einer Studie verglichen die Erlanger Wissenschaftler die Riechfähigkeit von 40 Parkinsonpatienten mit der von 40 gesunden Kontrollpersonen. Unter anderen testeten Mitglieder von Parkinson-Selbsthilfegruppen in Nürnberg und Erlangen die „Sniffin’ Sticks“, mit Duftstoffen gefüllte Röhrchen, die den Testpersonen im Abstand von einem Zentimeter unter die Nase gehalten werden. Andere mögliche Beeinträchtigungen des Geruchssinns wurden vorab ausgeschlossen; auch das Alter wurde berücksichtigt, da im 7. bis 8. Lebensjahrzehnt die Riechfähigkeit generell abnimmt. Die Ergebnisse fielen eindeutig aus: Beim Schwellenwert – der geringsten Konzentration eines Duftstoffs, die eben noch wahrnehmbar ist – ebenso wie bei der Unterscheidung ähnlicher Geruchsrichtungen oder der Benennung von Düften schnitt die Kontrollgruppe signifikant besser ab.

In seiner derzeitigen dreiteiligen Form ist der Text noch relativ zeitaufwendig und anspruchsvoll. Einer der Untertests – die Identifikation von 16 verschiedenen Duftstoffen wie Apfel, Kaffee, Schuhleder oder Benzin – könnte für die klinische Diagnostik ausreichen. Dieser Test dauert höchstens eine Viertelstunde und kostet nicht mehr als eine Mark pro Person. Da die Parkinsonsche Krankheit bisher nicht heilbar ist, kann eine richtige Diagnose im Frühstadium keinen Beitrag in dieser Richtung liefern; eine gezieltere Behandlung mit Medikamenten, die zumindest den Verlauf verlangsamen, ist jedoch möglich.

* Kontakt:
Prof. Dr. Gerd Kobal
Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie
Krankenhausstraße 9, 91054 Erlangen, Tel.: 09131/85 -22277, Fax: 09131/85 -26898
E-Mail: gerd.kobal@physpharm.uni-erlangen.de

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Gertraud Pickel idw

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