Sehstörungen im Kindesalter: Auch ältere Kinder und Jugendliche mit Schwachsichtigkeit profitieren von einer Therapie

Die Ergebnisse einer Pilotstudie von Dr. Maria Fronius von der Universitäts-Augenklinik in Frankfurt/Main, präsentiert auf der 105. Jahrestagung der Augenärzte in Berlin, widerlegt das Verordnungsverhalten mancher Augenärzte: Bei einer Umfrage der Frankfurter Experten hatte jeder fünfte Ophthalmologe angegeben, keine Therapie mehr einzuleiten, wenn das betroffene Kind älter als sieben Jahre ist.

Schwachsichtigkeit ist die häufigste Augenerkrankung im Kindesalter. Wenn ein Kind beispielsweise schielt, ein Auge sehr stark weitsichtig, seine Hornhaut verkrümmt oder trübe ist, übernimmt das andere gesunde Auge die Führung. Eine Fehlentwicklung des Sehsystems ist dann die Folge. Mit dem sehschwachen Auge kann das Kind seine Umgebung nur noch undeutlich oder verschwommen wahrnehmen. Um das schwache Auge zu trainieren, lassen Augenärzte ihre kleinen Patienten mehrere Stunden am Tag eine Klappe tragen, die das gesunde Auge bedeckt.

Doch unklar ist, bis zu welchem Alter eine solche Therapie erfolgversprechend ist, wenn die Schwachsichtigkeit erst später, eventuell sogar erst im Jugendalter entdeckt wird.

Eine Umfrage von Dr. Maria Fronius von der Forschungseinheit „Sehstörungen des Kindesalters“ der Universitäts-Augenklinik Frankfurt/Main bei Augenärzten und Orthoptistinnen, Fachkräften für die Behandlung von Sehstörungen, zeigt, dass 20 Prozent der Augenärzte und 8,6 Prozent der Orthoptistinnen das Tragen einer Augenklappe nicht mehr verordnen würden, wenn das betroffene Kind zum Zeitpunkt der Diagnosestellung älter als sieben Jahre ist. Demgegenüber nennen US-amerikanische Leitlinien eine Obergrenze von zehn und deutsche Empfehlungen sogar eine Obergrenze von 18 Jahren.

Um die tatsächlichen Grenzen auszuloten, setzt das Team von Maria Fronius die Methode auch bei älteren Kindern im Rahmen einer durch einen Forschungspreis der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft geförderten Pilotstudie ein. In die Studie wurden bislang neun Kinder im Alter zwischen sieben und 15 Jahren eingeschlossen, bei denen die Sehschwäche erst so spät entdeckt wurde und bei denen andere Ärzte die Behandlung zumeist als nicht mehr sinnvoll abgelehnt hatten.

Um zu kontrollieren, ob sich die Patienten auch tatsächlich an die verordneten Tragezeiten (täglich fünf bis sieben Stunden) der Klappe halten, verwenden die Experten eine Augenklappe, die elektronisch so ausgestattet ist, dass sie die tatsächlichen Tragezeiten erfasst. Denn das Nicht-Befolgen der ärztlichen Anweisung, die Non-Compliance, ist bei dieser Therapie ein gravierendes Problem. Denn es ist für die Kinder sehr anstrengend, die Klappe zu tragen und sich nur mit ihrem schwachen Auge zu orientieren.

Wie die ersten Auswertungen zeigen, trugen die Kinder und Jugendlichen im ersten Monat ihre Augenklappe im Schnitt 4,6 Stunden und während der folgenden drei Monate noch 3,8 Stunden täglich. In dieser Zeit besserte sich bei mehreren Kindern auch deutlich die Sehfähigkeit des schwachen Auges. „Wir konnten dabei bisher weder einen Zusammenhang zwischen dem Alter der Kinder und deren Compliance noch dem Alter und der Besserung der Sehkraft feststellen“, sagt Maria Fronius. „Die Untersuchung größerer Patientenzahlen wird eine genauere Analyse der günstigen Voraussetzungen für eine erfolgversprechende Therapie sowie auch eventueller Risikofaktoren ermöglichen. Aber diese Erkenntnisse sind wichtig, weil wir nun Hinweise haben, dass man selbst dann noch etwas tun kann, wenn die Diagnose erst später gestellt wurde.“

Mehr zum Thema Augenerkrankungen im Kindesalter gibt es noch am Sonntag in der letzten Pressekonferenz dieser Tagung um 12.30 Uhr. Außerdem präsentieren Experten das neue Konzept für die Qualitätssicherung bei Laser-OPs (LASIK etc.) zur Behandlung von Fehlsichtigkeit.

Abschluss-Pressekonferenz
Sonntag, 23. September 2007, 12:30 – 13:30 Uhr
Raum 30241 / 2. OG, Estrel Convention Center Berlin
Pressekontakt: ProScience Communications GmbH Barbara Ritzert
während des Kongresses: Pressebüro im Raum 30212 · Fon: (0306831-30212)
ritzert@proscience-com.de
danach:
Andechser Weg 17
82343 Pöcking Fon 0 8157 9397-0 ritzert@proscience-com.de
Die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) ist die medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft für Augenheilkunde in Deutschland.

Ihr Ziel ist die Förderung der Ophthalmologie vor allem in den Bereichen Forschung und Wissenschaft. Zu diesem Zweck initiiert und unterstützt die Gesellschaft u.a. Forschungsvorhaben und wissenschaftliche Studien, veranstaltet und Symposien, gibt wissenschaftliche Fachzeitschriften heraus und gewährt Stipendien vornehmlich für junge Forscher. Mit über 5300 Mitgliedern zählt sie zu den bedeutenden medizinischen Fachgesellschaften in Deutschland. Gegründet wurde die DOG 1857 in Heidelberg. Sie ist damit die älteste medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft der Welt.

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