Neue Wirkstoffkombination zur Behandlung von Lungenkrebs

Die Entwicklung von Kinase-Hemmstoffen leitet eine neue Ära der der Krebsmedizin ein. Grundlage ist die Kenntnis der molekularen Struktur spezifischer Kinasen innerhalb einer großen Familie von zellulären Signalmolekülen.

In den meisten menschlichen Krebstypen wurden Fehlfunktionen solcher Kinasen entdeckt, die eine wesentliche Rolle für Krebswachstum und Metastasierung spielen. Inzwischen wurden die ersten Medikamente zugelassen, die Proteinkinasen hemmen. Davon profitieren auch Patienten, die an fortgeschrittenem nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom (NSCLC) leiden. Der Wirkstoff Erlotinib blockiert einen wichtigen Signalweg, den Epidermal-Growth-Factor Receptor (EGF-R).

Im Rahmen einer klinischen Studie (Phase II) wird jetzt an acht Zentren in Deutschland und Österreich sowie an weiteren Zentren in Spanien, geprüft, ob die Kombination aus dem Zytostatikum Pemetrexed und dem KinaseHemmstoff Erlotinib Vorteile bietet gegenüber Pemetrexed allein. „Beide Medikamente greifen an genau definierten Zielstrukturen in komplexe Signalwege der Zellteilung ein und können dadurch das Wachstum von Lungentumoren hemmen“, erklärt der Prüfarzt Privatdozent Dr. med. Klaus Mross, Geschäftsführender Oberarzt an der Klinik für Tumorbiologie in Freiburg.

Die Standardbehandlung von fortgeschrittenen/metastasierten Lungenkrebspatienten besteht in der Regel aus einer Chemotherapie. Diese vermag zwar bei einem Teil der Patienten den Krankheitsverlauf in einem gewissen Ausmaß verzögern, der Therapieerfolg ist jedoch noch nicht immer zufriedenstellend. In der Regel beginnt die Behandlung mit Kombinationstherapien aus zwei Chemotherapeutika. Wenn diese das Tumorwachstum nicht aufhalten können, schließen sich Therapieversuche mit weiteren Medikamenten als Monotherapie an. Der Kinase-Hemmer Erlotinib greift ganz gezielt in die Signalwege ein, die das Zellwachstum steuern, das Zytostatikum Pemetrexed greift ebenfalls in genau definierte Stoffwechselwege ein, die insbesondere bei Tumorwachstum eine Rolle spielen.

150 Patienten mit Lungenkrebs werden im Rahmen einer randomisierten Phase II Studie behandelt werden. „Die dabei erfolgten Beobachtungen werden es erlauben, zu entscheiden, ob weitere klinische Studien sinnvoll sind, um diese Kombinationsbehandlung bis zu einer Zulassung zu entwickeln. Voraussetzung ist, dass die Patienten Vorteile davon haben und die Erkrankung nicht weiter fortschreitet“, so Mross.

Stichwort: CESAR
Die Studie wird an mehreren Behandlungszentren im Rahmen des europäischen Netzwerks CESAR (Central European Anticancer Drug Research) durchgeführt (siehe unter www.cesar.or.at). Die Klinik für Tumorbiologie ist eines dieser CESAR Zentren.
Stichwort: Kinase-Hemmstoffe
Derzeit sind mehr als 500 Kinasen bekannt. Kinasen leiten Zellsignale weiter und beeinflussen zahlreiche biologische Prozesse im Körper. Eine Reihe von Kinasen steht im Verdacht, bei Krebs, Entzündungsprozessen oder kardiovaskulären Erkrankungen eine zentrale Rolle zu spielen. Die Kinasen bilden ein komplexes Netzwerk, das bei diesen Erkrankungen gestört ist. Durch Medikamente, die einzelne Kinasen hemmen, kann inzwischen das Tumorwachstum therapeutisch beeinflusst werden. Der Durchbruch für diese neue Generation von Medikamenten gelang mit einem Wirkstoff, der 2001 gegen Chronisch Myeloische Leukämie und 2002 gegen Gastrointestinale Stromatumore zugelassen wurde (Proteinkinase-Inhibitor: Imatinib). Inzwischen sind bereits zwei weitere Kinase-Inhibitoren für die Behandlung von Krebserkrankungen (Nierenzellkrebs) zugelassen worden (Sunnitinib und Sorafenib). Zwischen 50 und 100 Kinase-Inhibitoren befinden sich in klinischer Entwicklung. Das heißt sie sind derzeit nur im Rahmen von klinischen Studien verfügbar.
Kontakt:
Barbara Riess M.A.
Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Klinik für Tumorbiologie
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79106 Freiburg
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riess@tumorbio.uni-freiburg.de
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Fax: 0761 206 1814
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