Entstehung gefährlicher Mikropartikel in Blutgefäßen aufgeklärt

ie Gotthard-Schettler Gesellschaft für Herz- und Kreislaufforschung e.V. hat dem Münchner Wissenschaftler Privatdozent Dr. med. Armin J. Reininger den Gotthard-Schettler-Preis 2007 für seine 2006 in der Fachzeitschrift „Blood“ erschienene Veröffentlichung zuerkannt. Die Arbeit wurde von einem Gutachtergremium der Universität Heidelberg aus einer sehr großen Zahl wissenschaftlich bedeutender Arbeiten ausgewählt. Der Preis ist mit 10 000 Euro dotiert und wird mit einem zweiten Preisträger geteilt.

Der Gotthard-Schettler-Preis für Herz- und Kreislaufforschung wird anlässlich der 14. Dreiländertagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Angiologie vom 09. — 12. September 2007 in München verliehen. Ausgezeichnet wird eine wissenschaftlich hochwertige Arbeit aus der Herz-, Kreislauf- und Arterioskleroseforschung. Die Entscheidung trifft der wissenschaftliche Beirat im Benehmen mit dem Vorstand der Gotthard-Schettler-Gesellschaft.

Privatdozent Dr. med. Armin J. Reininger arbeitet in der Abteilung Transfusionsmedizin (Leiter Prof. Dr. med. Dr. h.c. Wolfgang Schramm) der Klinik für Anaesthesiologie (Leiter Prof. Dr. med. Dr. h.c. K. Peter) des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Univeristät München. Die Publikation entstand in Zusammenarbeit mit Prof. Z.M. Ruggeri, Department of Molecular and Experimental Medicine, The Scripps Research Institute, La Jolla, CA, USA, und Dr. H.F.G. Heijnen, Department of Hematology, Division of Thrombosis and Hemostasis, University Medical Center Utrecht, Niederlande.

In der preisgekrönten Arbeit wurde der Mechanismus aufgeklärt, wie sich Blutplättchen aus dem schnell strömenden Blut an der Gefäßwand anlagern können. Dieser erste Schritt ist wesentlich für die Blutstillung bei einer Gefäßverletzung, aber ebenso für die Entstehung einer Thrombose in einem atherosklerotisch erkrankten Blutgefäß. Mit mikroskopischen Spezialverfahren wurde unter direkter Beobachtung in strömendem Blut gezeigt, dass Blutplättchen in Sekundenbruchteilen mit winzigen Regionen ihrer Außenhülle (Membran) und einem aus dem Blutplasma an den Verletzungsstellen abgelagerten Bluteiweiß (von Willebrand Faktor) anhaften. Bisher war man davon ausgegangen, dass die diskusförmigen Blutplättchen mit ihrer gesamten Unterseite diesen Kontakt herstellen. In der prämierten Arbeit wurde aber gezeigt, dass im Blutfluss nur winzige Kontaktflächen die Blutplättchen festhalten. Da die Strömung die Blutplättchen weiterbewegt, während die Bindung an der Kontaktstelle noch besteht, zieht es dünne Membranschläuche passiv aus den Blutplättchen heraus – ähnlich wie eine Ankerleine die Verbindung zwischen Anker und Boot aufrecht erhält. Je nach Strömung können diese Membranverbindungen eine Länge von mehr als dem Zehnfachen des Plättchendurchmessers erreichen.

Herrscht eine sehr schnelle Strömung, reißen die Membran-Verbindungen zu den Blutplättchen ab und es entstehen Membranschläuche unterschiedlicher Länge. Bei extremen Flussbedingungen, wie sie in stark eingeengten Arterien auftreten, entstehen sehr kurze Membranstücke, die eine kugelige Form annehmen – Mikropartikel. Seit ihrer Erstbeschreibung 1967 als „Plasma-Staub“ hat man intensiv versucht, Membran-Mikropartikel aus Blutplättchen und anderen Zellen zu charakterisieren und ihren Entstehungsmechanismus zu verstehen. Bisherige Verfahren beschränkten sich dabei auf die biochemische Stimulation der Blutplättchen, die zu einem Abschnüren solcher Mikropartikel führte. In der Arbeit von Reininger und seinen Koautoren wurde nun zum ersten Mal ein Mechanismus der Mikropartikelentstehung beschrieben, der allein durch krankhaft gesteigerte Blutflussgeschwindigkeiten ausgelöst werden kann, wie sie in atherosklerotisch eingeengten Gefäßen auftreten. Derart entstandene Mikropartikel beschleunigen zusätzlich die Blutgerinnung und spielen somit möglicherweise eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Thromben an atherosklerotischen Gefäßveränderungen.

Die Preisverleihung findet statt am
Sonntag, 9. September 2008, 19 bis 20.30 Uhr
Große Aula, Universität München, Geschwister-Scholl-Platz
Die mit dem Preis ausgezeichnete Veröffentlichung lautet:
Armin J. Reininger, Harry F. G. Heijnen, Hannah Schumann, Hanno M. Specht, Wolfgang Schramm, and Zaverio M. Ruggeri. Mechanism of platelet adhesion to vonWillebrand factor and microparticle formation under high shear stress. Blood. 2006;107:3537-3545.
Nähere Informationen
Priv.Doz. Dr. med. Armin J. Reininger
Klinikum der Universität München
Klinik für Anaesthesiologie
Abt. für Transfusionsmedizin und Hämostaseologie
Labor für Immungenetik
Max-Lebsche-Platz 32
81377 München
Tel: +49 (0)89 7095-7413
Fax.:+49 (0)89 7095-7411
Email: Armin.Reininger@med.uni-muenchen.de
mobil: +49(0) 174 3191 088
Klinikum der Universität München
Im Klinikum der Universität München (LMU) werden an den Standorten Großhadern und Innenstadt jährlich rund 83.000 Patienten stationär und 371.000 Patienten ambulant behandelt. Die 44 Fachkliniken, Institute und Abteilungen verfügen über 2.400 Betten. Von insgesamt 9000 Beschäftigten sind rund 1800 Mediziner. Forschung und Lehre ermöglichen eine Patientenversorgung auf höchstem medizinischem Niveau. Das Klinikum der Universität München zählt zu den größten Gesundheitseinrichtungen in Deutschland und hat im Jahr 2005 mehr als 55 Millionen Euro an Drittmitteln eingeworben. Das Klinikum der Universität München ist seit Juni 2006 Anstalt des öffentlichen Rechts.

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Philipp Kressirer idw

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http://www.klinikum.uni-muenchen.de

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