Warum die Schilddrüse zu stark wächst

Einen neuen Mechanismus zur Entstehung einer Schilddrüsenvergrößerung, des so genannten Kropfs, haben Wissenschaftler des Pharmakologischen Instituts der Universität Heidelberg sowie des Deutschen Krebsforschungszentrums entdeckt.

Damit wurde möglicherweise ein neuer Ansatzpunkt für die Vorbeugung des übermäßigen Schilddrüsenwachstums durch ein Arzneimittel gefunden. Das Heidelberger Wissenschaftlerteam unter Leitung von Professor Dr. Stefan Offermanns, Direktor des Pharmakologischen Instituts, hat seine Ergebnisse jetzt in der renommierten Fachzeitschrift „Journal of Clinical Investigation“ (JCI) veröffentlicht.

Die gutartige Vergrößerung der Schilddrüse ist eine der häufigsten Hormon-Erkrankungen in Deutschland. In Regionen mit Jodmangel sind 10 bis 50 Prozent der Bevölkerung betroffen. (Ausreichend Jod ist Voraussetzung für die Produktion der Schilddrüsenhormone; fehlt Jod, wird das Wachstum der Drüse stimuliert, um den Mangel auszugleichen.) Bei einem Kropf kann es sich in seltenen Fällen auch um die Folgen einer Entzündung oder um einen Tumor der Schilddrüse handeln.

Die Hormonproduktion der Schilddrüse unterliegt einem komplexen Regelmechanismus. Eine Schlüsselrolle spielt dabei das „Thyroid Stimulating Hormone“ (TSH), das von der Hirnanhangsdrüse ausgeschüttet wird. In der Schilddrüse aktiviert es ein bestimmtes Rezeptor-Protein (TSH-Rezeptor), das wiederum die Produktion der Schilddrüsenhormone und das Wachstum der Schilddrüse in Gang setzen kann.

Bedeutung der Reaktionskaskade bei Mäusen nachgewiesen

Die Heidelberger Wissenschaftler haben einen Mechanismus entschlüsselt, der erklärt, wie das überschießende Wachstum durch TSH in der Schilddrüse in einer komplexen Reaktionskaskade ausgelöst wird. Die Wissenschaftler erbrachten durch eine Blockade der verantwortlichen Gene den Beweis, dass dieser Signalübertragungsweg entscheidend für die Entwicklung eines Kropfs ist.

Der Mechanismus ist ein komplizierter Ablauf molekularbiologischer Reaktionen in der Zelle: Die so genannten G-Proteine G q und G 11 koppeln den TSH-Rezeptor an ein Enzym, die Phospholipase C beta, das daraufhin vermehrt Inositol-1,4,5-Trisphosphat sowie Diacylglycerol produziert. Diese führen ihrerseits zu einem Anstieg der intrazellulären freien Calcium-Konzentration sowie zu einer Aktivierung der Proteinkinase C.

„Diese überraschenden Forschungsergebnisse identifizieren einen neuen zellulären Mechanismus, dessen Hemmung zur Behandlung einer Überfunktion der Schilddrüse sowie zur Prävention einer Schilddrüsenvergrößerung genutzt werden kann“, erklärt Professor Offermanns. Möglicherweise kann darauf die Entwicklung eines Wirkstoffes aufbauen, der diese weit verbreiteten Schilddrüsenerkrankungen verhindert.

Literatur :

Kero, J., Ahmed, K., Wettschureck, N., Tunaru, S., Wintermantel, T., Greiner, E., Schütz, G., Offermanns, S. (2007) Thyrocyte-specific G_q/G_11 -deficiency impairs thyroid function and prevents goiter development. /J. Clin. Invest./ 117 Aug 9; [Epub ahead of print]

(Der Originalartikel kann bei der Pressestelle des Universitätsklinikums
Heidelberg unter contact@med.uni-heidelberg.de angefordert werden)
Ansprechpartner:
Professor Dr. Stefan Offermanns
Direktor des Pharmakologischen Instituts der Universität Heidelberg
Tel.: 06221 / 54 – 8246/8247
E-Mail: stefan.offermanns@urz.uni-heidelberg.de
Bei Rückfragen von Journalisten:
Dr. Annette Tuffs
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Universitätsklinikums Heidelberg
und der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 672
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