Fortschritte im Kampf gegen Muskelkrebs

An der Uni Würzburg arbeiten darum Wissenschaftler an neuen Behandlungsmethoden, die von der Wilhelm Sander-Stiftung finanziell gefördert wurden. Sie haben schon ermutigende Ergebnisse erzielt, aber auch noch einige Herausforderungen vor sich.

Die Krebsform, um die es geht, ist das Rhabdomyosarkom. Dieser Muskeltumor kann überall im Körper auftreten, meistens trifft er aber Kopf, Hals und Genitalbereich. Die Patienten haben Schmerzen und sind in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt. Behandelt wird die Krankheit je nach individuellem Fall mit Operationen, Chemo- und Strahlentherapie.

Allerdings erleidet etwa ein Viertel der Patienten nach der Behandlung einen Rückfall. Eine erneute Therapie ist dann nicht mehr sehr wirkungsvoll, denn nur fünf bis zehn Prozent der Betroffenen überleben die folgenden fünf Jahre. Neue Methoden seien darum dringend nötig, heißt es in einem Bericht, den das medizinische Konsortium European Intergroup Studies 2004 vorgelegt hat. In internationalen Studien waren in den Jahren zuvor die Behandlungserfolge bei Kindern mit Rhabdomyosarkomen überwacht worden.

An neuen Therapien arbeitet Professor Stefan Gattenlöhner vom Pathologischen Institut (Direktor: Professor Hans Konrad Müller-Hermelink) der Universität Würzburg. Mit seinem Kollegen Alexander Marx hat der Wissenschaftler herausgefunden, was das Besondere an den seltenen Tumoren ist: Die bösartigen Muskelzellen bilden massenhaft ein Protein, das eigentlich nicht da sein dürfte. Es handelt sich um den so genannten Fetalen Acetylcholin-Rezeptor, der normalerweise nur in Entwicklungsstadien vor der Geburt auftaucht, nicht aber bei Kindern oder Erwachsenen.

Genau hier sahen die Würzburger Forscher eine Chance: Da der Rezeptor nur auf der Oberfläche der Tumorzellen vorkommt und sonst nirgends im Körper der Kranken, ist er ein ideales Angriffsziel für Medikamente. Gattenlöhner und Marx verfolgten nun zwei Strategien. Zum einen verwendeten sie ein Stück Antikörper, das den fälschlicherweise auftauchenden Rezeptor zielgenau erkennt. Dann injizierten sie es in T-Zellen des Immunsystems, und die waren daraufhin in der Lage, in einer Zellkultur den Tumor abzutöten. Zum anderen koppelten die Pathologen das Antikörper-Bruchstück an einen bakteriellen Giftstoff. Auch dieser Ansatz brachte Erfolg: In Zellkulturen und im Tierexperiment mit Mäusen dockte der Antikörper an die Rezeptoren an, seine giftige Fracht drang in die Tumorzellen ein und tötete sie ab.

Bis diese Methoden möglicherweise erstmals an Menschen getestet werden können, sind noch mindestens zwei bis drei Jahre Arbeit nötig, wie Gattenlöhner sagt. Unter anderem gelte es, den im Experiment verwendeten Bakterien-Giftstoff durch eine körpereigene Substanz des Menschen zu ersetzen. Das sei nötig, um Unverträglichkeitsreaktionen zu verhindern. In Frage kommen dafür zum Beispiel Zellgifte wie Granzym, mit denen sonst das Immunsystem seine Feinde angreift.

„Manche Tumoren lassen sich heute exzellent behandeln, andere leider nicht“, so der Würzburger Pathologe. Darum seien zusätzlich zu den etablierten Therapien neuartige Verfahren nötig. „Daran muss die Wissenschaft intensiv arbeiten, besonders an der Therapie mit Antikörpern.“ Denn gerade mit dieser Methode könne man sehr gezielt und effizient an Tumoren herankommen.

Stefan Gattenlöhner wurde dafür außerdem mit dem Rudolf-Virchow-Preis 2006 ausgezeichnet, dem wichtigsten Preis der Deutschen Gesellschaft für Pathologie.

Kontakt:
Prof. Dr. Stefan Gattenlöhner, Würzburg
Tel. +49 (931) 201-47421,
e-mail: stefan.gattenloehner@mail.uni-wuerzburg.de
Die Wilhelm Sander-Stiftung förderte dieses Forschungsprojekt über 6 Jahre mit über 360.000 €. Stiftungszweck der Stiftung ist die medizinische Forschung, insbesondere Projekte im Rahmen der Krebsbekämpfung. Seit Gründung der Stiftung wurden dabei insgesamt über 160 Mio. Euro für die Forschungsförderung in Deutschland und der Schweiz bewilligt. Die Stiftung geht aus dem Nachlass des gleichnamigen Unternehmers hervor, der 1973 verstorben ist.

Media Contact

Bernhard Knappe idw

Weitere Informationen:

http://www.wilhelm-sander-stiftung.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Nanofasern befreien Wasser von gefährlichen Farbstoffen

Farbstoffe, wie sie zum Beispiel in der Textilindustrie verwendet werden, sind ein großes Umweltproblem. An der TU Wien entwickelte man nun effiziente Filter dafür – mit Hilfe von Zellulose-Abfällen. Abfall…

Entscheidender Durchbruch für die Batterieproduktion

Energie speichern und nutzen mit innovativen Schwefelkathoden. HU-Forschungsteam entwickelt Grundlagen für nachhaltige Batterietechnologie. Elektromobilität und portable elektronische Geräte wie Laptop und Handy sind ohne die Verwendung von Lithium-Ionen-Batterien undenkbar. Das…

Wenn Immunzellen den Körper bewegungsunfähig machen

Weltweit erste Therapie der systemischen Sklerose mit einer onkologischen Immuntherapie am LMU Klinikum München. Es ist ein durchaus spektakulärer Fall: Nach einem mehrwöchigen Behandlungszyklus mit einem immuntherapeutischen Krebsmedikament hat ein…

Partner & Förderer