Weniger Versuchstiere bei gleicher Sicherheit für den Verbraucher!

Am 1. Juli 2007 tritt die neue europäische Chemikaliengesetzgebung REACH in Kraft. Ziel des Gesetzes ist es, die großen Wissenslücken bei der gesundheitlichen Bewertung von rund 30.000 so genannten chemischen Altstoffen zu schließen. Brisant dabei: Die Umsetzung von REACH wird zu einem Anstieg der Tierversuche führen.

Darauf hat das BfR bereits 2004 erfolgreich hingewiesen und gleichzeitig Vorschläge unterbreitet, wie Tierversuche durch alternative Prüfmethoden ersetzt werden könnten (BfR Presseinformation 09/2004): In der neuen REACH-Verordnung ist nun ausdrücklich vorgeschrieben, Tierversuche wo immer möglich durch moderne tierversuchsfreie Prüfmethoden zu ersetzen. Wo dies nicht möglich ist, muss die Zahl der Versuchstiere auf ein Mindestmaß reduziert werden. Auf einen ähnlichen Erfolg hofft das BfR im Bereich der Reproduktionstoxikologie. Um im Rahmen von REACH die Giftigkeit von Stoffen auf die Fortpflanzung zu prüfen, müssen derzeit für jeden Test noch rund 3000 Tiere eingesetzt werden.

Das könnte sich bald ändern und das Leben von Millionen von Tieren retten: Das BfR hat gemeinsam mit anderen Institutionen auf internationaler Ebene die Initiative zur Änderung einer OECD-Richtlinie ergriffen, durch die sich die Zahl der eingesetzten Tiere reduzieren und die wissenschaftliche Aussage verbessern ließe. „Mit dieser Maßnahme könnte die Umsetzung von REACH ohne einen Verlust an Sicherheit für den Verbraucher vereinfacht und überdies ein großer Beitrag zum Schutz der Versuchstiere geleistet werden“, sagt der Präsident des BfR, Professor Dr. Dr. Andreas Hensel.

Nach Schätzungen der EU-Kommission werden rund 70 Prozent aller Versuchstiere bei der Testung von Chemikalien auf reproduktionstoxische Wirkungen eingesetzt. Hier fallen auch rund 70 Prozent der Kosten an – insbesondere für die Prüfung von Stoffen auf Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit bzw. Fortpflanzungsfähigkeit. Der Grund: REACH schreibt für Chemikalien, die in Mengen von über 1000 Tonnen produziert werden, als Standardanforderung einen 2-Generationentest an der Ratte vor (OECD-Prüfrichtlinie 416). Für einen solchen Test werden derzeit pro geprüfter Substanz rund 3.000 Tiere benötigt.

Das BfR setzt sich für ein abgestuftes Vorgehen mit geringerer Tierzahl ein. Nach Meinung des BfR und anderer international führender Institutionen könnte der Basistest auf eine Generation beschränkt werden. Es zeichnet sich nämlich ab, dass die Untersuchung von nur einer Generation kaum zu einem Verlust an bewertungsrelevanten Informationen führt. Um aber einen 1-Generationentest (OECD-Richtlinie 415) im Rahmen von REACH einsetzen zu können, müssen zunächst die entsprechenden OECD-Prüfrichtlinien aktualisiert werden. Vorarbeiten für den Einsatz eines solchen Tests in einem Stufenprogramm für die Prüfung von Pflanzenschutzmitteln wurden durch das International Life Science Institute/Health and Environmental Sciences Institute, USA, geleistet.

Das BfR hatte einen Vorschlag für einen verbesserten 1-Generationen-test bei der OECD eingereicht. Dieser Vorschlag wird auch von der amerikanischen Umweltbehörde EPA (Environmental Protection Agency) unterstützt. Ist die Arbeit erfolgreich, könnte der aktualisierte Basistest bereits im Jahre 2009 im Rahmen von REACH eingesetzt werden. Je geprüfter Substanz ließen sich damit rund 1400 Versuchstiere einsparen. Bei geschätzten 2000 Stoffen, die innerhalb der nächsten drei Jahre bei der Chemikalienbewertung geprüft werden, würde sich die Zahl der eingesetzten Versuchstiere damit um 2,8 Millionen reduzieren.

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Dr. Irene Lukassowitz idw

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