RNA-Interferenz gegen erbliche Netzhaut-Erkrankungen

Veränderungen in diesem Gen sind eine Ursache der Retinitis Pigmentosa, einer erblichen Netzhauterkrankung, die in den meisten Fällen zur Erblindung führt und für die es bislang noch keine Therapie gibt. Gleichzeitig wird ein intaktes Gen in die Zellen eingeschleußt, das gegen die Interferenz geschützt ist und so die Rhodopsin-Produktion sicherstellt. Die Forscher präsentierten ihre Ergebnisse jetzt beim 3. internationalen Pro Retina-Forschungskolloquium „Retinal Degeneration: Genes – Progression – Therapy“ in Potsdam.

Wissenschaftler können seit einigen Jahren die Aktivität von Genen mit Hilfe der sogenannten RNA-Interferenz gezielt hemmen. Wie viele Strategien der Molekularbiologen, ist auch dieses Verfahren der Natur entlehnt: Die RNA-Interferenz ist eine Abwehrstrategie aller Zellen gegen Viren. Das Prinzip: Die Forscher schleußen kleine RNA-Moleküle (siRNAs) in die Zellen ein, deren Nukleotidsequenz jener Boten-RNA (mRNA) komplementär ist, die inaktiviert werden soll. Die siRNAs verbinden sich mit speziellen Proteinen zu einem Komplex, der alle „passenden“ mRNAs in der Zelle zerschneidet. So wird die Übersetzung der genetischen Information in das entsprechende Protein unterbunden.

Bei schätzungsweise 30 Prozent der Patienten, die unter einer Retinitis Pigmentosa leiden, einer erblichen Netzhauterkrankung, ist die ursächliche Mutation dominant. Allerdings erschwert die enorme Heterogenität der Mutationen – mehr als 150 Mutationen im Rhodopsin-Gen und über 50 Mutationen im Peripherin-Gen – den Einsatz der RNA-Interferenz: Theoretisch müsste für die Blockade jeder einzelnen Mutation ein RNA-Molekül entwickelt werden.

Eine für alle.

Einen Ausweg bietet das Konzept, das eine Forschergruppe um Dr. Jane Farrar und Prof. Pete Humphries am Trinity College in Dublin entwickelt hat: Die Wissenschaftler haben eine Zielsequenz für die siRNA gewählt, die in allen Botenmolekülen des Rhodopsin-Gens enthalten ist. „Dies führt dazu, dass alle mRNAs dieses Gens abgeschaltet werden, egal ob und welche Mutationen diese enthalten“, sagt Dr. Marius Ader. Nur so lässt sich die Heterogenität der Mutationen unterlaufen. Damit die Zellen dennoch normales Rhodopsin produzieren, transferieren die Forscher gleichzeitig auch ein normales Gen. Dessen Basenabfolge ist im Bereich der Interferenz-Schnittstelle leicht modifiziert, ohne dass dies Konsequenzen für das Rhodopsin-Protein hat. Die Folge: Die entsprechende mRNA ist gegen die Interferenz geschützt und liefert funktionsfähiges Rhodopsin.

Wie Marius Ader bei dem Forschungskolloquium berichtete, konnte die Forschergruppe mit dieser Technik in Retina-Explantaten in der Zellkultur die Expression sowohl des Rhodopsin- als auch des Peripherin-Gens gezielt blockieren. Gleichzeitig wurde das ebenfalls eingeschleußte modifizierte normale Gen von den Zellen in Protein „übersetzt“.

Naomi Chadderton von der Dubliner Forschergruppe hat diese Methode weiterentwickelt. Die Forscherin nutzt sogenannte Adeno-assoziierte Viren (AAV), um die siRNA-Moleküle in Retinazellen einzuschleußen. Chadderton transferierte die Gen-Fähren sowohl in vitro als auch bei Mäusen mit einer Mutation in Rhodopsin-Gen durch eine subretinale Injektion. Auch mit diesem Ansatz gelang es den Wissenschaftlern, die mutierten Gene gezielt auszuschalten, während das normale Gen exprimiert wurde.

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